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Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Titel: Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
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auch.
    Ein Blick auf den Zaun reichte, um mir zu verraten, dass er tief in den Boden eingelassen war, damit sich des Nachts keine Raubtiere darunter hindurchgraben konnten. In der Umfriedung befand sich der Ort, wo man die Eunuchen bis zum Hals im Sand vergrub und zehn Tage beließ. Man wollte nicht, dass die Hyänen den Männern in dieser Zeit die Gesichter wegfraßen. Ganz bestimmt nicht. Nein, wenn diese Männer starben, dann sollten sie langsam durch die Sonne sterben oder an den Wunden, die man ihnen im Zuge der Kastration zugefügt hatte.
    Als der Wächter hinter mir endlich tot war, schlich ich mich auf das umzäunte Areal. Es war dunkel, ich hatte nur das Licht des Mondes, aber ich konnte sehen, dass der Sand ringsum von Blut befleckt war. Ich fragte mich, wie viele Männer hier gelitten haben mochten, Männer, die man erst verstümmelt und dann bis zum Hals eingegraben hatte? Ganz aus der Nähe drang ein leises Stöhnen zu mir. Ich kniff die Augen zusammen und machte in der Mitte des eingezäunten Bereichs einen unregelmäßigen Umriss aus. Ich wusste sofort, dass es sich dabei um Private James Holden handelte.
    „Holden“, flüsterte ich, und in der nächsten Sekunde ging ich schon neben seinem Kopf, der aus dem Sand ragte, in die Hocke. Was ich sah, ließ mich aufkeuchen. Die Nacht war kühl, aber die Tage waren heiß, quälend heiß, und die Sonne hatte ihn so schlimm verbrannt, als hätte man ihm das blanke Fleisch vom Gesicht gesengt. Seine Lippen und Augenlider waren verkrustet und blutig, seine Haut rot und aufgesprungen. Ich hatte eine lederne Feldflasche dabei, die ich entkorkte und ihm an den Mund hielt.
    „Holden?“, wiederholte ich.
    Er regte sich. Seine Augen öffneten sich flatternd und konzentrierten sich auf mich, trüb und voller Schmerz, aber er erkannte mich, und ganz langsam erschien die Ahnung eines Lächelns auf seinen aufgeplatzten, starren Lippen.
    Aber genauso schnell verschwand es auch wieder, und er verkrampfte und zuckte. Ich weiß nicht, ob er versuchte, sich aus dem Sand zu befreien, oder ob er einen Anfall erlitt, aber sein Kopf ruckte hin und her, sein Mund klaffte auf, und ich beugte mich vor und nahm sein Gesicht in beide Hände, um zu verhindern, dass er sich noch mehr wehtat.
    „Holden“, sagte ich mit gedämpfter Stimme. „Holden, hört auf, bitte …“
    „Holt mich hier raus, Sir“, brachte er heiser hervor. Seine Augen glänzten feucht im Mondlicht. „Holt mich raus.“
    „Holden …“
    „Holt mich hier raus“, flehte er. „Holt mich hier raus, Sir, bitte, Sir, schnell, Sir …“
    Abermals begann sein Kopf voller Schmerz nach links und rechts zu rucken. Abermals griff ich zu, um ihn zu beruhigen und dafür zu sorgen, dass er nicht hysterisch wurde. Wie lange blieb mir noch bis zur Wachablösung? Ich hielt ihm die Flasche an die Lippen und ließ ihn noch etwas Wasser trinken, dann nahm ich die Schaufel, die ich mitgebracht hatte, von meinem Rücken und machte mich daran, den blutgetränkten Sand rund um seinen Kopf wegzuschaufeln. Dabei redete ich beruhigend auf ihn ein, während ich allmählich seine nackten Schultern und seine Brust freilegte.
    „Es tut mir leid, Holden, es tut mir so schrecklich leid. Ich hätte Euch nie zurücklassen dürfen.“
    „Ich hatte Euch doch darum gebeten, Sir“, brachte er mühsam hervor. „Ich habe Euch einen Stoß versetzt, wisst Ihr nicht mehr …?“
    Je tiefer ich grub, desto dunkler von Blut war der Sand. „Oh Gott, was haben die bloß mit Euch gemacht?“
    Natürlich wusste ich das bereits, trotzdem erschütterte es mich bis ins Mark, als ich den Beweis erhielt – ich erreichte seine Hüfte und fand sie in Verbände gewickelt vor, die ebenfalls dick und schwarz mit Blut verkrustet waren.
    „Seid bitte vorsichtig da unten, Sir“, sagte er, ganz, ganz leise, und ich sah, wie er zusammenzuckte und sich den Schmerz verbiss, der sich dann doch als zu groß erwies – er verlor das Bewusstsein. Ein Segen, der es mir erlaubte, ihn vollends auszugraben und von diesem verfluchten Ort fortzubringen, zu unseren beiden Pferden, die am Fuß des Hügels an einem Baum angeleint waren.
    II
    Ich machte es Holden so bequem wie möglich, dann richtete ich mich auf und schaute den Hügel hinauf zum Kloster. Ich überprüfte den Mechanismus meiner Klinge, schnallte mein Schwert um die Hüfte, lud zwei Pistolen und schob sie in meinen Gürtel, dann lud ich zwei Musketen. Als Nächstes entzündete ich eine Kerze und eine Fackel,

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