Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
tut.“
Seine Arme waren gefesselt, und so wies er mit dem Kinn in dem Verhörraum um sich. „Ihr werdet mich auch umbringen, wenn ich es Euch sage.“
Ich lächelte. „Vor vielen Jahren lernte ich einen Mann namens Cutter kennen, ein Experte im Foltern, der seine Opfer tagelang am Leben erhalten konnte, allerdings unter entsetzlichen Schmerzen …“ Ich löste den Klingenmechanismus aus, und sie zuckte hervor und glänzte kalt im flackernden Fackellicht.
Der Mann blickte sie an. „Ihr versprecht mir einen schnellen Tod, wenn ich Euch alles verrate.“
„Darauf habt Ihr mein Wort.“
Und so starb er, und ich hielt mein Wort. Als es vorbei war, trat ich auf den Gang hinaus, wo ich Connors fragenden Blick überging und mir den zweiten Gefangenen holte. In der Zelle band ich auch ihn am Stuhl fest und beobachtete ihn, als sein Blick zur Leiche des ersten Mannes wanderte.
„Euer Freund weigerte sich, mir zu erzählen, was ich wissen wollte“, erklärte ich, „deshalb habe ich ihm die Kehle durchgeschnitten. Seid Ihr bereit, mir zu verraten, was ich wissen will?“
Er schluckte mit großen Augen. „Was es auch ist, ich kann es Euch nicht verraten – weil ich es gar nicht weiß. Vielleicht kann Euch der Kommandant …“
„Ach, Ihr seid gar nicht der Mann, der das Sagen hat?“, fragte ich wie beiläufig und ließ meine Klinge hervorschnellen.
„Nun wartet doch …“, platzte er heraus, als ich hinter ihn trat. „Es gibt schon etwas, das ich weiß …“
Ich hielt inne. „Fahrt fort …“
Er redete, und als er fertig war, dankte ich ihm und zog ihm die Klinge über den Hals. Während er starb, stellte ich fest, dass ich keineswegs das rechtschaffene Feuer eines Mannes in mir brennen spürte, der im Namen eines höheren Ziels schreckliche Taten beging, sondern ein Gefühl abgestumpfter Unumgänglichkeit. Vor vielen Jahren hatte mein Vater mir beigebracht, was Gnade und Milde waren. Jetzt schlachtete ich Gefangene ab wie Vieh. So verderbt war ich.
„Was geht da drinnen vor?“, fragte Connor argwöhnisch, als ich auf den Gang zurückkehrte, wo er den letzten Gefangenen bewachte.
„Der da ist der Kommandant. Bring ihn rein.“
Nur wenig später schlug die Tür zum Verhörraum hinter uns zu, und einen Moment lang war das Tropfen von Blut das einzige Geräusch. Der Anblick der Leichen, die ich in einer Ecke abgelegt hatte, ließ den Kommandanten zusammenzucken, aber ich schob ihn mit einer Hand zum Stuhl, der jetzt glitschig von Blut war, und fesselte ihn, dann stellte ich mich vor ihn und bewegte den Finger, der meine versteckte Klinge zum Vorschein brachte. Ein leises Klicken war dabei zu hören.
Die Augen des Offiziers richteten sich erst auf die Klinge, dann auf mich. Er versuchte, eine tapfere Miene aufzusetzen, aber das Beben seiner Unterlippe konnte er nicht verbergen.
„Was haben die Engländer vor?“, fragte ich.
Connor hatte seinen Blick auf mich geheftet. Und auch der Gefangene hielt die Augen auf mich gerichtet. Als er schwieg, hob ich die Klinge ein wenig an, sodass sie den flackernden Fackelschein reflektierte. Wieder wanderte sein Blick zur Klinge, und dann brach sein Widerstand zusammen …
„Sie … sie wollen aus Philadelphia abziehen. Diese Stadt ist erledigt. New York ist der Schlüssel. Sie werden unsere Zahl verdoppeln, die Rebellen zurückdrängen.“
„Wann wollen sie damit anfangen?“, bohrte ich weiter.
„In zwei Tagen.“
„Am 18. Juni also“, sagte Connor neben mir. „Ich muss Washington warnen.“
„Na, seht Ihr?“, wandte ich mich an den Kommandanten. „Das war doch gar nicht so schwer, oder?“
„Ich habe Euch alles gesagt. Jetzt lasst mich gehen“, verlangte er, aber ich hatte abermals keine Lust, Milde walten zu lassen. Ich trat hinter ihn und schnitt ihm vor Connors Augen die Kehle durch. Auf den entsetzten Blick des Jungen hin sagte ich: „Und die anderen beiden haben dasselbe erzählt. Es muss also wahr sein.“
Als Connor mich ansah, tat er es mit Ekel. „Ihr habt ihn umgebracht … Ihr habt sie alle umgebracht. Warum?“
„Sie hätten die Loyalisten gewarnt“, antwortete ich schlicht.
„Ihr hättet sie gefangen halten können, bis der Kampf vorbei ist.“
„Nicht weit von hier ist die Wallabout Bay“, sagte ich, „wo das Gefängnisschiff HMS Jersey festgemacht ist, ein vor sich hinrottender Kahn, auf dem gefangene Patrioten zu Tausenden sterben und am Ufer in flachen Gräbern verscharrt oder einfach über Bord geworfen
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