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Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Titel: Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
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den Kutschrädern auswich, die Matsch und Pferdedung hochspritzen ließen, und mich zwischen den Menschen hindurchschlängelte, die die Straßen bevölkerten: Handwerker und Händler in schmutzigen Schürzen, Huren und Waschfrauen. Doch mein Weg war nicht zufällig gewählt. Ganz und gar nicht.
    Einer Frau galt mein besonderes Augenmerk. Wie ich lief sie durch die Menge, allein und wahrscheinlich in Gedanken versunken. Ich hatte sie natürlich bei der Trauerfeier gesehen. Sie hatte bei den anderen Angehörigen des Personals – Emily und zwei oder drei weiteren, die ich nicht kannte – auf der anderen Seite der Kapelle gesessen und sich ein Taschentuch an die Nase gedrückt. Sie hatte aufgeschaut und mich gesehen – sie musste mich gesehen haben –, aber sie hatte sich nichts anmerken lassen. Ich fragte mich, ob mich Betty, mein ehemaliges Kindermädchen, überhaupt erkannte?
    Und nun folgte ich ihr, in diskretem Abstand, damit sie mich nicht entdeckte, sollte sie einen Blick nach hinten werfen. Es wurde bereits dunkel, als sie zu Hause beziehungsweise bei dem Haus anlangte, in dem sie jetzt arbeitete, eine große Villa, die in den holzkohlenfarbenen Himmel aufragte, ganz ähnlich der am Queen Anne’s Square. Ob sie überhaupt noch als Kindermädchen arbeitete? Oder war sie aufgestiegen? Trug sie unter ihrem Mantel die Uniform einer Gouvernante? Die Straße war nun weniger belebt als zuvor. Ich hielt mich verborgen und sah, wie sie die steinernen Stufen ins Untergeschoss hinabging, die Tür aufschloss und eintrat.
    Als sie nicht mehr zu sehen war, überquerte ich die Straße und schlenderte auf das Haus zu. Ich musste einen unverdächtigen Eindruck machen für den Fall, dass mich aus einem der Fenster ein Blick traf. Früher einmal war ich ein kleiner Junge gewesen, der aus den Fenstern des Hauses am Queen Anne’s Square geschaut, die Passanten beobachtet und sich gefragt hatte, was sie beschäftigen mochte. Gab es auch in diesem Haushalt einen kleinen Jungen, der mich beobachtete und sich fragte, wer dieser Mann war? Wo er herkam? Wo er hinging?
    Also spazierte ich am Zaun vor der Villa entlang und blickte am Haus hinauf und hinunter, wo ich die erhellten Fenster der, wie ich vermutete, Unterkünfte der Dienerschaft sah, und dann machte ich auch schon Bettys unverkennbare Silhouette aus, als sie ans Fenster trat und einen Vorhang zuzog. Ich hatte die Information, wegen der ich gekommen war.
    Nach Mitternacht kehrte ich zurück. Die Vorhänge an den Fenstern der Villa waren geschlossen, die Straße war dunkel, und das einzige Licht kam von den Lampen der Kutschen, die gelegentlich vorbeifuhren.
    Abermals trat ich vor das Haus, blickte rasch nach links und rechts, kletterte dann über den Zaun und sprang auf der anderen Seite lautlos hinab. Ich folgte dem tiefer liegenden Weg dort, bis ich Bettys Fenster fand, wo ich stehen blieb und ganz vorsichtig mein Ohr ans Glas legte. Ich lauschte für eine Weile, bis ich zuversichtlich war, dass sich dahinter nichts rührte.
    Dann presste ich mit unendlicher Geduld und Vorsicht meine Fingerspitzen gegen den unteren Rahmen des Schiebefensters und drückte es nach oben, während ich betete, dass es nicht quietschen möge, und nachdem meine Gebete erhört wurden, stieg ich hindurch und schloss das Fenster hinter mir.
    Betty bewegte sich leicht im Bett, vielleicht aufgrund eines Luftzugs vom Fenster her, vielleicht nahm sie aber auch unbewusst meine Anwesenheit wahr. Ich stand reglos wie eine Statue da und wartete, bis sie wieder tief und gleichmäßig atmete und ich spürte, wie sich die Luft ringsum beruhigte, wie der Raum mein Eindringen gleichsam absorbierte und ich schließlich förmlich ein Teil davon zu sein schien – als sei ich schon immer ein Teil davon gewesen, wie ein Geist.
    Und dann zog ich mein Schwert.
    Es passte irgendwie – und vielleicht ironischerweise –, dass es das Schwert war, das mein Vater mir gegeben hatte. Heute trage ich es fast immer bei mir. Vor Jahren hatte Reginald mich gefragt, wann ich es zum ersten Mal Blut schmecken lassen würde, und inzwischen habe ich das natürlich viele Male getan. Und wenn ich in Bezug auf Betty recht hatte, dann würde es nun wieder Blut zu schmecken bekommen.
    Ich setzte mich aufs Bett und brachte die Schwertklinge dicht an ihren Hals, dann drückte ich ihr die andere Hand auf den Mund.
    Sie wachte auf. Sofort weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen. Ihr Mund bewegte sich, und meine Handfläche kribbelte und

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