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Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Titel: Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
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hinabblickte, tat ich es mit einem Gefühl der Taubheit. Zuvor, als ich darauf gewartet hatte, dass die Dunkelheit sich herabsenkte, hatte in mir die Wut gekocht, gebrodelt, der Gedanke an Digweeds Verrat hatte das Feuer unter meinem Zorn geschürt und die Vorstellung, dass Betty mit ihm konspirierte, hatte Öl in dieses Feuer gegossen.
    Ich hatte mir gewünscht, dass sie unschuldig war. Vor allem hatte ich mir gewünscht, dass sie mit einem anderen Angehörigen des Personals getändelt haben mochte. Aber wenn es Digweed gewesen war, dann wollte ich wenigstens, dass sie nichts von seinem Verrat gewusst hatte. Ich wollte, dass sie unschuldig war, denn wenn sie schuldig war, dann musste ich sie töten. Hätte sie etwas tun können, um das Blutbad in jener Nacht zu verhindern, und hatte nicht gehandelt, dann musste sie sterben. Das war … das war Gerechtigkeit . Ursache und Wirkung. Quid pro quo. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und daran glaube ich. Das ist mein Credo. Mein Weg durchs Leben, der einen Sinn ergibt, auch wenn es das Leben selbst nur selten tut. Eine Möglichkeit, Ordnung im Chaos zu schaffen.
    Sie allerdings tatsächlich zu töten, war das Letzte, was ich wollte.
    „Wo ist er jetzt?“, fragte ich leise.
    „Ich weiß es nicht, Master Haytham.“ Ihre Stimme zitterte vor Angst. „Ich hörte zum letzten Mal von ihm an jenem Morgen, als er verschwand.“
    „Wer wusste sonst noch, dass Ihr und er ein Liebespaar wart?“
    „Niemand“, erwiderte sie. „Wir waren stets vorsichtig.“
    „Davon abgesehen, dass er seine Stiefel nicht versteckt hat.“
    „Er hatte sie schnell ausgezogen.“ Ihr Blick wurde hart. „Und die meisten Leute haben nicht die Angewohnheit, durchs Schlüsselloch zu schauen.“
    Wir schwiegen kurz. „Was geschieht nun, Master Haytham?“, fragte sie schließlich mit stockender Stimme.
    „Ich sollte Euch töten, Betty“, sagte ich schlicht, und in ihren Augen las ich die heraufdämmernde Erkenntnis, dass ich das tun könnte, wenn ich wollte – dass ich fähig wäre, es zu tun.
    Sie wimmerte.
    Ich erhob mich. „Aber ich werde es nicht tun. Jene Nacht hat in ihrer Folge schon zu vielen den Tod gebracht. Wir werden uns nicht wiedersehen. Für die Jahre Eurer Dienste und Fürsorge schenke ich Euch das Leben und zur Strafe lasse ich Euch mit Eurer Scham zurück. Adieu.“

14. Juli 1747
    I
    Nachdem ich mein Tagebuch fast zwei Wochen lang vernachlässigt habe, gibt es nun viel zu erzählen, und ich sollte die Ereignisse nachtragen, beginnend in jener Nacht, als ich Betty einen Besuch abstattete.
    Im Anschluss kehrte ich in meine Unterkunft zurück, gönnte mir ein paar Stunden unruhigen Schlafes, dann stand ich auf, zog mich an und fuhr mit einer Kutsche zurück zu ihrem Haus. Dort bat ich den Kutscher in einiger Entfernung zu warten, nah genug, um das Haus im Blick zu haben, aber nicht so nah, dass es Misstrauen erregt hätte. Und während er, dankbar für die Pause, schnarchend ruhte, saß ich in der Kutsche, schaute zum Fenster hinaus und wartete.
    Worauf? Das wusste ich nicht genau. Einmal mehr folgte ich meinem Instinkt.
    Und einmal mehr erwies sich mein Gefühl als richtig, denn nicht lange nach Tagesanbruch erschien Betty.
    Ich schickte den Kutscher weg und folgte ihr zu Fuß. Ihr Ziel war das Hauptpostamt in der Lombard Street. Sie ging hinein, kam ein paar Minuten später wieder heraus, und dann ging sie wieder die Straße entlang, bis sie in der Menge verschwand.
    Ich sah ihr nach und empfand nichts, kein Verlangen, ihr zu folgen und ihr für ihren Verrat den Hals durchzuschneiden, nicht einmal einen Rest der Zuneigung, die wir einst füreinander hegten. Einfach nur … nichts.
    Stattdessen bezog ich in einem Hauseingang Posten und schaute dem Treiben auf der Straße zu, verscheuchte Bettler und Straßenverkäufer mit meinem Stock, während ich etwa eine Stunde wartete, bis …
    Ja, da war er – der Briefträger mit seiner Glocke und einer Kiste voller Post. Ich trat aus dem Hauseingang und folgte ihm, näherte mich ihm immer weiter, bis er in eine Seitenstraße abbog, wo weniger Fußgänger unterwegs waren und ich meine Chance witterte …
    Nur Augenblicke später kniete ich in einer Gasse neben seinem blutenden, bewusstlosen Körper und durchwühlte den Inhalt seiner Postkiste, bis ich fündig wurde – und da war er, ein Umschlag, adressiert an „Jack Digweed“. Ich las den Brief – darin stand, dass sie ihn liebte und dass ich hinter ihre Beziehung gekommen sei, alles

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