Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen

Titel: Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
Vom Netzwerk:
uns abzusuchen, Quadrat um Quadrat, Zoll um Zoll – bis ich ihn sah. Da war er, ein winziger Fleck, der den gegenüberliegenden Hügel hinaufritt und in einer Baumgruppe verschwand.
    Wo waren wir? Ich wusste nicht, ob wir die Grenze zu den Vereinigten Niederlanden bereits überschritten hatten oder nicht. Ich hatte seit zwei Tagen keine Menschenseele gesehen, hatte nichts gehört außer den Geräuschen, die Scratch verursachte, und meinem eigenen Atem.
    Das sollte sich bald ändern. Ich spornte Scratch an und erreichte zwanzig Minuten darauf jenes Wäldchen, in dem ich Spitzohr verschwinden sah. Das Erste, was ich nun erblickte, war ein verlassener Karren. Unweit davon lag der Kadaver eines Pferdes, über dessen glanzlose Augen Fliegen krabbelten. Der Anblick erschreckte Scratch und ließ sie ein wenig scheuen. Wie ich hatte auch sie sich schon an die Einsamkeit gewöhnt – nur wir, die Bäume und die Vögel. Und hier nun plötzlich eine hässliche Erinnerung daran, dass in Europa der nächste Konflikt, der nächste Krieg nie weit ist.
    Wir ritten nun langsamer weiter, sahen uns wachsam zwischen den Bäumen um und hielten Ausschau nach möglichen Hindernissen. Je weiter wir vordrangen, desto zerrupfter war das Laubwerk, und das Unterholz war in zunehmendem Maße niedergetrampelt. Dort hatte sich etwas abgespielt, das stand fest: Ich sah die ersten Toten, die Glieder von sich gestreckt, die toten Augen blicklos ins Leere starrend. Dunkles Blut und Schlamm verliehen den Leichen etwas Anonymes. Nur die durchschimmernden Farben ihrer Uniformen unterschieden sie voneinander: das Weiß der französischen Armee, das Blau der niederländischen. Ich sah kaputte Musketen, abgebrochene Bajonette und Schwerter. Alles Nützliche war bereits aufgesammelt worden. Als wir den Wald verließen, fanden wir uns auf einem Feld wieder, dem Schlachtfeld, wo noch mehr Leichen lagen. Offenbar war es, legte man die Maßstäbe des Krieges an, nur ein Scharmützel gewesen, trotzdem hatte ich das Gefühl, der Tod sei allgegenwärtig.
    Wie lange es her war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen – zumindest genug Zeit für die Plünderer, um das Schlachtfeld abzugrasen. Gestern, schätzte ich, dem Zustand der Leichen nach zu urteilen und angesichts des Rauchs, der noch über der Wiese hing, ein Schleier wie Frühnebel, nur eben durchwoben mit dem scharfen Geruch von Schießpulver.
    Dort war der Schlamm dicker, aufgewühlt von Hufen und Füßen, und als Scratch Mühe hatte vorwärtszukommen, lenkte ich sie zur Seite, um am Rand entlang um das Feld herumzureiten. Und dann, gerade als sie im Schlamm ins Stolpern geriet und ich fast über ihren Hals aus dem Sattel gefallen wäre, machte ich Spitzohr vor uns aus. Die Länge des Schlachtfelds trennte ihn von uns, eine halbe Meile etwa, eine verschwommene, kaum wahrnehmbare Gestalt, die ebenfalls ihre Mühe mit dem klebrigen Boden hatte. Sein Pferd musste genauso erschöpft sein wie meines, denn er war abgestiegen und versuchte, es am Zügel hinter sich herzuzerren. Seine Flüche drangen schwach über das Feld bis zu uns.
    Ich zückte mein Fernglas, um ihn besser sehen zu können. Aus der Nähe hatte ich ihn zuletzt vor zwölf Jahren gesehen, und damals hatte er eine Maske getragen, und ich fragte mich, nein, ich hoffte es sogar, dass mein erster richtiger Blick auf ihn mir irgendetwas offenbarte. Würde ich ihn erkennen?
    Nein. Er war einfach nur ein Mann, verwittert und grauhaarig, wie sein Komplize es gewesen war, schmutzig und erschöpft von seinem Ritt. Es überfiel mich jedoch, als ich ihn nun sah, keine plötzliche Erkenntnis. Es fügte sich nichts zusammen. Er war ein Mann, weiter nichts. Ein britischer Soldat wie jener, den ich im Schwarzwald getötet hatte.
    Ich sah, wie er den Hals reckte, als er durch den Dunst hindurch in meine Richtung blickte. Er holte sein eigenes Fernglas unter dem Mantel hervor, und einen Augenblick lang musterten wir uns gegenseitig. Dann drehte er sich um und zog wieder heftig am Zügel, während er unentwegt Blicke über das Schlachtfeld hinweg in meine Richtung warf.
    Er erkannte mich. Gut. Scratch hatte wieder Tritt gefasst, und ich lenkte sie auf etwas festeren Boden. Endlich kamen wir voran. Spitzohr war immer besser auszumachen, und ich konnte sein vor Anstrengung verzerrtes Gesicht erkennen, während er sein Pferd aus dem Schlamm zu ziehen versuchte. Schließlich sah er ein, dass das Tier feststeckte. Ich würde ihn jeden Moment erreicht haben.
    Und er tat

Weitere Kostenlose Bücher