Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
von beiden darf ein Leid geschehen.“
„Haytham, es gefällt mir nicht, dass Ihr mir Anweisungen geben wollt …“
„Dann betrachtet sie nicht als Anweisungen“, zischte ich, „sondern als Drohung. Wenn es sein muss, behaltet die beiden hier, wenn ihre Arbeit erledigt ist, aber wenn ihnen etwas zustößt, werdet Ihr Euch mir gegenüber zu verantworten haben.“
Er schaute mich lange und fest an. Ich spürte, wie mein Herz hämmerte, und hoffte bei Gott, dass es mir nicht irgendwie anzusehen war. Hatte ich mich ihm jemals so widersetzt? Mit solcher Gewalt? Wohl kaum.
„Na gut“, sagte er schließlich, „ihnen wird nichts geschehen.“
Wir aßen fast schweigend zu Abend, und nur widerstrebend wurde mir ein Bett für die Nacht angeboten. Am Morgen breche ich auf. Reginald verspricht mir, mich über Neuigkeiten das Tagebuch betreffend auf dem Laufenden zu halten. Doch die Wärme zwischen uns ist verschwunden. Er sieht Ungehorsam in mir – ich in ihm dagegen Lügen.
18. April 1754
I
Heute Abend begab ich mich ins Royal Opera House, wo ich neben Reginald Platz nahm, der es sich mit offenkundiger Vorfreude zu einer Aufführung von The Beggar’s Opera bequem machte. Bei unserer letzten Begegnung hatte ich ihm gedroht, das hatte ich keineswegs vergessen, er hingegen schon. So schien es jedenfalls. Vergessen oder vergeben, eins von beidem. Wie auch immer, es war, als hätte die Konfrontation nie stattgefunden, als hätten wir reinen Tisch gemacht. Es mochte entweder an dem bevorstehenden abendlichen Vergnügen liegen oder daran, dass er das Amulett zum Greifen nah wähnte.
Es befand sich nämlich im Opernhaus, um den Hals eines Assassinen, dessen Name in Vedomirs Tagebuch genannt wurde und der dann von Beauftragten der Templer aufgespürt worden war.
Ein Assassine. Er war meine nächste Zielperson. Mein erster Auftrag seit Lucios Rettung in Korsika und der erste, bei dem meine neue Waffe zum Einsatz kommen sollte: meine versteckte Klinge. Als ich das Opernglas nahm und den Mann – mein Ziel – auf der anderen Seite des Saales musterte, erkannte ich die Ironie des Ganzen.
Mein Ziel war Miko.
Ich ließ Reginald auf seinem Platz zurück und ging durch die Korridore des Opernhauses, hinter den Sitzreihen und den Opernbesuchern vorbei, bis ich die Logen erreichte. Ich stahl mich lautlos in jene, in der Miko saß, dann tippte ich ihm auf die Schulter.
Ich war gewappnet, sollte er versuchen, sich zu wehren oder mich anzugreifen, aber obwohl sein Körper sich anspannte und ich ihn scharf die Luft einziehen hörte, unternahm er nichts. Es war fast so, als hätte er damit gerechnet, als ich zugriff und ihm das Amulett vom Hals nahm. Und ging da nicht ein wahrnehmbares Gefühl der … Erleichterung von ihm aus? Als wäre er dankbar, die Verantwortung los zu sein, froh darüber, nicht länger der Hüter des Amuletts zu sein?
„Ihr hättet zu mir kommen sollen“, seufzte er. „Wir hätten einen anderen Weg gefunden …“
„Ja. Aber dann hättet Ihr ja Bescheid gewusst“, erwiderte ich.
Es klickte, als ich die Klinge ausfuhr, und ich sah ihn lächeln. Er wusste, dass es sich um jene handelte, die ich ihm auf Korsika abgenommen hatte.
„Ich kann Euch jedoch versichern, dass es mir leidtut“, sagte ich.
„Mir auch“, gab er zurück, und dann tötete ich ihn.
II
Ein paar Stunden später wohnte ich der Zusammenkunft in dem Haus nah der Kreuzung Fleet und Bridge Street bei, wo ich mit anderen um einen Tisch herumstand, das Augenmerk auf Reginald gerichtet sowie auf das Buch, das vor uns auf dem Tisch lag. Es war offen, und ich sah das Symbol der Assassinen auf der aufgeschlagenen Seite.
„Gentlemen“, sagte Reginald. Seine Augen glänzten, als sei er den Tränen nah. „Ich halte hier einen Schlüssel in meiner Hand. Und wenn wir diesem Buch glauben dürfen, wird er die Tore eines Lagerhauses öffnen, das von jenen, die vorher kamen, erbaut wurde.“
„Ah“, machte ich. „Unsere lieben Freunde, die die Welt beherrschten und zerstörten und dann verschwanden. Wisst Ihr auch, was wir in diesem Lagerhaus finden werden?“
Wenn Reginald meinen Sarkasmus zur Kenntnis nahm, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Stattdessen griff er nach dem Amulett, hielt es hoch und sonnte sich im ehrfürchtigen Schweigen der Versammelten, als das Stück in seiner Hand zu leuchten begann. Es war beeindruckend, das musste selbst ich zugeben, und Reginald sah zu mir herüber.
„Es könnte Wissen enthalten“,
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