Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
wie er von der Dunkelheit verschluckt wurde, und betete, dass er unten nicht mein Pferd träfe. Ich hörte kein Aufprallgeräusch, nichts. Dann fiel mein Blick auf das Seil, das plötzlich straff gespannt war und vibrierte, und ich reckte den Hals und spähte angestrengt ins Dunkel, und tatsächlich erkannte ich Miko, der sich ein Stück tiefer quicklebendig am Seil festhielt und zu mir heraufzuklettern begann.
Ich drehte seine Klinge in der Hand und hielt sie ans Seil.
„Falls Ihr noch höher klettert, wird Euch der Sturz umbringen, wenn ich das Seil durchschneide“, rief ich zu ihm hinunter. Er war schon so nah, dass ich ihm in die Augen blicken konnte, als er zu mir empor starrte, und ich sah die Unentschlossenheit darin. „Einen solchen Tod solltet Ihr nicht erleiden, mein Freund“, fügte ich hinzu. „Steigt nach unten, und Ihr seid gerettet.“
Ich fing langsam an, am Seil zu sägen, und er hielt inne, schaute in die Dunkelheit hinunter, wo der Boden der Schlucht nicht auszumachen war.
„Ihr habt meine Klinge“, stellte er fest.
Ich zuckte die Schultern. „Die Beute gehört dem Sieger.“
„Vielleicht begegnen wir uns wieder“, meinte er, „und dann hole ich sie mir zurück.“
„Ich habe das Gefühl, dass eine zweite Begegnung nur einer von uns überleben wird“, erwiderte ich.
Er nickte. „Mag sein.“ Und kurz darauf war er in der Dunkelheit verschwunden.
Dass ich nun wieder nach oben klettern musste und gezwungen gewesen war, mein Pferd aufzugeben, behagte mir nicht. Aber es war immer noch besser, als dem Assassinen noch einmal gegenüberzutreten.
Und nun rasten wir. Das heißt, ich raste – der arme Lucio ist immer noch bewusstlos. Später werde ich ihn an Reginalds Verbündete übergeben, die ihn in einem Planwagen abtransportieren und übers Mittelmeer nach Südfrankreich und schließlich ins Château schaffen werden, wo er seine Mutter wiedersehen wird.
Dann werde ich ein Schiff nach Italien mieten und dafür sorgen, dass man mich dabei sieht und ein, zwei Mal meinen „jungen Begleiter“ erwähnen. Falls die Assassinen dann nach Lucio suchen, werden sie sich auf diese Richtung konzentrieren.
Reginald sagt, dass ich danach nicht mehr gebraucht werde. Ich soll in Italien untertauchen und keinen Hinweis auf meinen Verbleib, keine Spur, der man folgen könnte, hinterlassen.
12. August 1753
I
Ich begann den Tag in Frankreich niederzuschreiben, nachdem ich aus Italien zurückgekehrt war. Kein leichtes Unterfangen – hinterher liest es sich, als sei es eine Kleinigkeit, aber man kehrt nicht einfach so aus Italien nach Frankreich zurück. Ich war in Italien gewesen, um die Assassinen in die Irre zu führen, sollten sie nach Lucio suchen. Mit meiner Rückkehr nach Frankreich und dorthin, wo wir Lucio und seine Mutter festhielten, brachte ich also nicht nur meine unlängst mit Erfolg beendete Mission in Gefahr, sondern alles, wofür Reginald in den vergangenen Jahren gearbeitet hatte. Es war riskant. So riskant sogar, dass es mir, dächte ich darüber nach, den Atem rauben würde. Diese Überlegung führte mich zu der Frage, ob ich dumm war? Welcher Narr würde ein solches Risiko eingehen?
Und die Antwort lautete: ein Narr mit Zweifeln im Herzen.
II
Etwa hundert Meter vom Tor entfernt traf ich auf eine Streife, einen einzelnen Wächter, der wie ein Bauer gekleidet war, eine Muskete auf dem Rücken trug und verschlafen dreinschaute, tatsächlich aber hellwach und auf der Hut war. Als wir uns ihm näherten, begegneten sich unsere Blicke für einen Moment. Der seine flackerte kurz, als er mich erkannte, und er machte eine kaum wahrnehmbare Kopfbewegung zum Zeichen, dass ich passieren konnte. Ich wusste, dass auf der anderen Seite des Châteaus eine weitere Wache stehen würde. Wir verließen den Wald und folgten der hohen Außenmauer, bis wir ein großes, hölzernes Bogentor erreichten, in das eine kleinere Pforte eingelassen war, vor der ebenfalls eine Wache stand, ein Mann, den ich noch aus der Zeit kannte, die ich im Château verbracht hatte.
„Sieh einer an“, sagte er, „wenn das nicht Master Haytham ist. Groß seid Ihr geworden.“ Er grinste und nahm die Zügel meines Pferdes, als ich absaß, dann öffnete er die Pforte. Ich trat hindurch und blinzelte nach dem vergleichsweise dunklen Wald ins Sonnenlicht.
Vor mir erstreckte sich der Schlossgarten, und als ich über den Rasen ging, verspürte ich ein seltsames Kribbeln im Bauch, weil ich von Nostalgie erfüllt an die
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