Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
der Mönch ihn hören konnte: „Bruder, bereitet es Euch gar keinen Kummer, die Sünden eines so verwerflichen Mannes wie Shalim zu erdulden?“
Der Mönch blieb stehen. Schaute nach links, dann nach rechts. Dann zu Altaïr hin. „Oh doch“, flüsterte er, „aber sich ihm zu widersetzen, würde den Tod bedeuten. Für die Templer steht hier zu viel auf dem Spiel.“
„Ihr sprecht von dem Archiv?“, fragte Altaïr. „Könnt Ihr mir sagen, wo es zu finden ist?“
Altaïr hatte schon von diesem Archiv gehört. Vielleicht enthielt es den Schlüssel zum Tun der Templer. Doch der Mönch schüttelte den Kopf und ging davon, als plötzlich ein kleiner Tumult ausbrach. Shalim war der Urheber, wie Altaïr erschrocken feststellte. Der Mann stieg auf ein Rednerpodium. Die Hure hatte er nicht mehr bei sich, und er schien auch nicht mehr so betrunken zu sein wie vorhin.
„Männer und Frauen von Zypern“, rief er, während sich sein Publikum um ihn scharte, „Armand Bouchart schickt euch seinen Segen, allerdings unter dem Vorbehalt, dass jeder, der das Chaos schürt, indem er den Widerstand unterstützt, gefangen genommen und bestraft werden wird. Wer aber nach Ordnung und Harmonie strebt und den Herrn mit guten Taten ehrt, der wird in den Genuss von Boucharts Güte kommen. Und nun lasst uns als Brüder zusammenwirken und wieder aufbauen, was Hass und Wut eingerissen haben.“
Das war ja höchst merkwürdig, fand Altaïr. Shalim wirkte ausgeruht und erfrischt, ganz anders als Altaïr es nach seinen jüngsten Beobachtungen von Shalims Umtrieben erwartet hätte. Jener Shalim hatte den Eindruck erweckt, als habe er vor, den Rest des Tages mit Saufen und Herumhuren zu verbringen. Aber der hier? Der kam ihm vor wie ein anderer Mensch – nicht nur dem Aussehen, sondern auch seinem Auftreten und Verhalten und seinen Worten, seiner ganzen Philosophie nach. Außerdem hatte dieser Shalim keine Leibwächter bei sich. Diesen Shalim hätte Altaïr leicht überwältigen können, vielleicht in einer der Gassen abseits der Hauptstraßen von Kyrenia.
Als Shalim vom Podium herunterstieg, die Kathedrale hinter sich ließ und durch die Straßen seiner Wege ging, nahm Altaïr die Verfolgung auf.
Er wusste nicht genau, wie lange sie unterwegs waren, als unvermittelt die riesige Burg St. Hilarion vor ihnen aufragte. Darauf hielt Shalim zu. Als er das gewaltige Tor erreichte, betrat er die Festung durch eine Seitenpforte und war Altaïrs Blicken entschwunden. Er fluchte, weil er seine Zielperson verloren hatte. Aber in der Burg ging es geschäftig wie in einem Bienenstock zu, und justament öffnete sich das Tor, beide Flügel schwangen auf, sodass Platz wurde für einen Palankin, der von vier Männern getragen wurde. Die Sänfte war offenbar leer, denn die Männer trabten damit voran, und Altaïr folgte ihnen zum in der Sonne liegenden Hafen, wo sie den Palankin abstellten und mit verschränkten Armen und vorgerecktem Kinn warteten.
Altaïr wartete ebenfalls. Er setzte sich auf eine niedrige Mauer, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und beobachtete den Palankin und die wartenden Diener, die Händler und Fischer, die schönen Schiffe, die in der Dünung schaukelten und deren Rümpfe schabend gegen die Hafenmauer schlugen. Eine Gruppe von Fischern, die sich mit einem großen Netz abmühten, hielt plötzlich inne. Die Männer schauten zu einem der Schiffe hinüber und grinsten. Altaïr folgte ihren Blicken und sah eine Anzahl von Frauen, die nach Art der Kurtisanen ganz in Seide und Chiffon gekleidet waren, mit selbstbewussten, aber doch gezierten Schritten über die Planke laufen und den Kai betreten. Das Grinsen der Fischer wurde anzüglicher, ein paar Waschfrauen äußerten missbilligende Worte, als die Kurtisanen hoch erhobenen Hauptes über das Dock gingen und sich der Wirkung ihres Auftritts sehr wohl bewusst waren.
Altaïr besah sie sich genauer.
Maria befand sich unter ihnen.
Auch sie war wie eine Kurtisane gekleidet. Sein Herz machte einen Sprung ob ihres Anblicks. Aber was tat sie dort? War sie Shalims Klauen nur entwischt, um sich gleich wieder in Gefahr zu begeben? So sah es jedenfalls aus. Sie und die anderen Frauen stiegen in die Sänfte. Die Diener warteten, bis sie Platz genommen hatten, dann hoben sie den Palankin an, machten damit kehrt und trugen ihn, deutlich langsamer als zuvor und unter der Last gebeugt, aus dem Hafen und, wenn Altaïr sich nicht irrte, zur Burg St. Hilarion. Dort rieb sich Shalim zweifellos
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