Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
wagst es, mir mit solcher Respektlosigkeit zu begegnen?“, brüllte Tamir.
„Habt Gnade, Tamir, ich bitte Euch“, wimmerte der alte Mann. „Ich wollte Euch nicht kränken.“
„Dann hättest du den Mund halten sollen“, knurrte Tamir.
Altaïr erkannte die Blutgier in seinen Augen. Er wusste genau, was geschehen würde, und so kam es auch – Tamir zog dem Händler die Dolchspitze über die Brust, in seiner Tunika klaffte ein Schnitt auf, der sich augenblicklich rot färbte. Der Händler fiel mit einem schrillen Aufschrei, der auf dem ganzen Marktplatz zu hören war, rücklings zu Boden.
„Nein. Hört auf“, quiekte er.
„Aufhören?“, höhnte Tamir. „Ich fange doch gerade erst an.“
Er trat vor, bohrte dem Mann den Dolch tief in den Bauch und stieß fest zu. Der Händler schrie wie ein Tier, als Tamir abermals zustach.
„Du bist in meinen Suk gekommen“, rief er.
Noch ein Stich.
„Hast dich vor meine Männer gestellt.“
Er stach wieder zu. Dabei entstand ein Geräusch, als würde Fleisch weich geklopft. Der alte Mann schrie immer noch.
„Und hast es gewagt, mich zu beleidigen.“
Er begleitete jedes Wort mit einem Dolchstoß.
„Ich werde dich lehren, wie ich solche Respektlosigkeit vergelte.“
Inzwischen hatte der Händler aufgehört zu schreien. Der Mann war nur noch ein blutiger Leichnam, der mit ausgestreckten Gliedern auf dem Hof lag, den Kopf unnatürlich abgewinkelt. Einer von Tamirs Leibwächtern trat vor, um den Toten wegzubringen.
„Nein“, hielt Tamir ihn schnaufend auf. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Bart. „Lass ihn liegen.“
Er wandte sich an die Menge. „Lasst euch das eine Lehre sein. Denkt gut nach, bevor ihr mir sagt, dass etwas nicht zu schaffen sei. Und jetzt geht wieder an die Arbeit.“
Die Leiche des alten Mannes blieb, wo sie war; ein Hund schnüffelte bereits daran herum. Die Schaulustigen gingen wieder ihrem Tagewerk nach, das Treiben im Suk nahm allmählich wieder zu, und kurz darauf war es, als wäre nichts passiert. Als hätte es den alten Mann nie gegeben.
Für Altaïr galt das jedoch nicht. Er öffnete die Fäuste, stieß langsam den Atem aus und brachte seine Wut unter Kontrolle. Dann neigte er den Kopf leicht, verbarg die Augen unter der Kapuze und schlich durch die Menge hinter Tamir her, der, gefolgt von seinen Leibwächtern, über den Markt ging. Altaïr hörte, wie er mit den Händlern sprach, die ihn mit großen, entsetzten Augen ansahen, aber eifrig allem zustimmten, was er ihnen auftrug.
„Das kann ich nicht verkaufen“, schnauzte Tamir. „Schmelz es ein und mach’s noch mal. Und wenn wieder nichts daraus wird, wirst du als Nächstes eingeschmolzen.“
Große Augen. Nicken.
„Ich verstehe gar nicht, was du den ganzen Tag lang machst. Dein Stand ist mit Waren gefüllt. Aber es sollte dein Geldbeutel sein, der gefüllt ist. Warum kannst du das Zeug nicht verkaufen? Das ist doch nicht so schwierig. Vielleicht strengst du dich nicht genug an. Soll ich dich motivieren?“
Der Händler nickte, bevor ihm bewusst wurde, was Tamir ihm da antrug, und verfiel hastig in ein ebenso hastiges Kopfschütteln. Tamir ging weiter. Um ihn her wimmelte es von Leuten. Und seine zwei Leibwächter … hm, war das eine Gelegenheit? Da sich der ganze Markt vor Tamir fürchtete, hatten seine Leibwächter in ihrer Aufmerksamkeit etwas nachgelassen. Die beiden waren an einem anderen Stand stehen geblieben, wo sie die Herausgabe von Waren verlangten, die sie ihren Frauen schenken wollten. Tamir hatte unterdessen neue Opfer gefunden, die er terrorisieren konnte.
Altaïr stahl sich zwischen ihn und seine beiden Leibwächter. Er spannte sich und spürte den Widerstand des Klingenmechanismus an seinem kleinen Finger. Tamir stand mit dem Rücken zu Altaïr und beleidigte einen weiteren Händler.
„Du hast mich um diesen Platz angebettelt. Hast geschworen, dass du hier so viel verkaufen würdest wie niemand sonst. Ich sollte … “
Altaïr trat vor, und – klick – seine Klinge schnellte hervor, als er mit einer schwungvollen Bewegung einen Arm um Tamir legte und mit dem anderen die Waffe tief in den Leib des Schwarzmarkthändlers trieb.
Tamir gab einen erstickten Laut von sich, schrie aber nicht. Eine Sekunde lang wand er sich, dann erschlaffte er. Über seine Schulter hinweg erhaschte Altaïr einen Blick auf die geweiteten Augen des Händlers hinter dem Stand. Der Mann wusste nicht, was er tun sollte – Alarm schlagen oder
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