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Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Titel: Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
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und spielte seine Rolle als interessierter Zuhörer ausgezeichnet. Um ihn herum wimmelte das Markttreiben.
    „Es war kurz vor der Schlacht bei Hattin“, fuhr der Redner fort. „Den Sarazenen wurden die Lebensmittel knapp, und sie brauchten dringend Nachschub. Aber es war keine Hilfe in Sicht. In jenen Tagen unterhielt Tamir eine Karawane zwischen Damaskus und Jerusalem. Aber in letzter Zeit liefen die Geschäfte schlecht. Niemand in Jerusalem schien haben zu wollen, was er anzubieten hatte, Obst und Gemüse von Bauern aus der Umgebung. Und so ritt Tamir nach Norden und sorgte sich, was aus seinen Waren werden sollte, denn sie würden gewiss schon bald verderben. Und damit hätten diese Geschichte und das Leben dieses armen Mannes zu Ende sein können. Aber das Schicksal entschied anders.“
    Der Redner machte eine kurze Pause, um die Spannung zu steigern. „Als Tamir seine Karawane nach Norden trieb, traf er auf den Sarazenenführer und seine hungernden Männer. Ein Glück für beide Parteien, denn jede hatte etwas, das die andere wollte. Tamir gab den Männern seine Lebensmittel. Und nach der Schlacht sorgte der Sarazenenführer dafür, dass der Händler tausendfach entlohnt wurde. Manche sagen, wäre Tamir nicht zur Stelle gewesen, hätten sich Salah Al’dins Männer wohl gegen ihren Anführer gestellt. Gut möglich also, dass wir die Schlacht dank dieses Mannes, dank Tamir gewannen  … “
    Er beendete seine Erzählung und ließ seine Zuhörer ihrer Wege gehen. Auf seinem Gesicht lag ein dünnes Lächeln, als er von seinem Pult wegging und selbst in der Menge untertauchte, vielleicht auf dem Weg zu einem anderen Rednerpult, um denselben Lobgesang auf Tamir noch einmal anzustimmen. Altaïr folgte ihm in sicherem Abstand und vernahm dabei abermals die Worte seines Lehrers: „Bringe Hindernisse zwischen dich und den Verfolgten. Lass dich nie von einem über die Schulter geworfenen Blick entdecken.“
    Altaïr genoss das Gefühl, das ihm diese wiederkehrenden Fähigkeiten bereiteten. Es gefiel ihm, den Tageslärm der Stadt auszusperren und sich auf seine Zielperson zu konzentrieren. Dann blieb er abrupt stehen. Ein Stück voraus war der Redner mit einer Frau, die eine Vase trug, zusammengestoßen, und dabei ging das Gefäß zu Bruch. Sogleich machte sie dem Mann Vorhaltungen, hielt die Hand auf und verlangte, dass er ihr den Schaden bezahlte, doch er verzog die Lippen zu einem grausamen Grinsen und holte mit der Hand aus, um die Frau zu schlagen. Altaïr merkte, wie er sich anspannte, doch die Frau duckte sich, und der Redner grinste noch breiter, ließ die Hand sinken und trat im Weitergehen die Tonscherben der zerbrochenen Vase beiseite. Altaïr setzte sich wieder in Bewegung und passierte die Frau, die schluchzend und fluchend im Sand hockte und nach den Scherben ihrer Vase griff.
    Der Redner bog von der Straße ab, und Altaïr folgte ihm. Sie befanden sich jetzt in einer engen, fast leeren Gasse mit dunklen Lehmwänden. Wahrscheinlich eine Abkürzung zum nächsten Pult. Altaïr warf einen Blick hinter sich, dann machte er ein paar schnelle Schritte, packte den Redner an den Schultern, riss ihn herum und rammte ihm die Fingerspitzen unter den Rippenbogen.
    Der Redner klappte augenblicklich zusammen, taumelte zurück und rang keuchend nach Atem. Sein Mund schnappte wie das Maul eines Fisches auf dem Trockenen. Altaïr vergewisserte sich mit einem schnellen Blick, dass es keine Zeugen gab, dann trat er vor, drehte sich auf einem Fuß und versetzte dem Redner einen Tritt gegen die Kehle.
    Der Mann stürzte rücklings zu Boden, seine Beine verwickelten sich im Stoff seines Thawbs , während er sich an die Stelle fasste, wo ihn Altaïrs Fuß getroffen hatte. Er wälzte sich im Staub. Altaïr trat lächelnd neben ihn. Das war leicht, dachte er. Zu leicht  …
    Der Redner bewegte sich mit der Schnelligkeit einer Kobra. Er schoss in die Höhe, trat zu und traf Altaïr vor die Brust. Überrascht wankte der Assassine rückwärts, während sich der Redner auf die Füße stemmte und die Fäuste schwingend auf ihn zustürmte. In seinem Blick lag ein Funkeln. Er wusste, dass er Altaïr aus dem Konzept gebracht hatte. Der Assassine wich einem wilden Schwinger aus und erkannte erst dann, dass ihn der Redner getäuscht hatte, denn im gleichen Moment erwischte dieser ihn mit der anderen Faust am Kinn.
    Altaïr ging fast zu Boden, schmeckte Blut und verfluchte sich. Er hatte seinen Gegner unterschätzt. Ein Novizenfehler.

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