Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
seinen Schulterblättern empor. Der junge Mann hinter ihm stieß ihn mit der Spitze seines schwarzen Stiefels zurück in den Kies, und ein Blutfaden sickerte aus dem Mundwinkel des alten Mannes.
Der junge Mann war schwarz gekleidet, und eine schwarze Maske verbarg einen Teil seines boshaften Gesichts. Ezio sah die Pusteln der sogenannten Neuen Krankheit auf der Haut des Mannes. Er schauderte innerlich. Es gab keinen Zweifel daran, wen er dort vor sich hatte.
Den Mann in Schwarz flankierten zwei andere, beide mittleren Alters, sowie eine schöne blonde Frau mit einem grausamen Zug um die Lippen. Ein weiterer Mann, ebenfalls in Schwarz gekleidet, stand etwas abseits. Er hielt ein blutbeflecktes Krummschwert in der rechten Hand und in der linken eine Kette, die an einem schweren Halsband befestigt war, das man der gefesselten und geknebelten Caterina Sforza umgelegt hatte. In ihren Augen blitzten unstillbarer Zorn und Trotz. Ezios Herz stockte. Er konnte kaum glauben, dass er sie noch heute Morgen endlich wieder in den Armen gehalten hatte, und jetzt war sie eine Gefangene des elenden Borgia-Anführers. Wie hatte es dazu kommen können? Sein Blick begegnete dem ihren einen Moment lang über den Hof hinweg und sandte ihr das Versprechen, dass sie nicht mehr lange gefangen sein würde.
Es war keine Zeit, um darüber nachzusinnen, was um ihn her geschah, und so nahm Ezios Soldateninstinkt das Heft in die Hand. Er musste sofort handeln, andernfalls war alles verloren. Ezio tat einen Schritt nach vorn, schloss die Augen und sprang mit wehendem Umhang vom Wehrgang. Es war ein gewagter Satz, doch er landete mit präziser Eleganz auf den Füßen und richtete sich auf, um seine Gegner zu stellen. Eisige Entschlossenheit lag in seinen Zügen.
Der Waffenmeister hinkte herbei. Er hatte mit einem verletzten Bein zu kämpfen und trat neben Ezio. „Wer sind diese Leute?“, schnaufte er.
„Oh“, sagte der junge Mann in Schwarz, „wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt. Wie nachlässig. Aber ich kenne Euch natürlich, Ezio Auditore, wenn auch nur dem Rufe nach. Es ist mir eine solche Freude. Endlich darf ich mir den ärgsten Pfahl aus dem Fleisch ziehen. Nach Eurem lieben Onkel natürlich.“
„Weg von ihm, Cesare!“
Eine Augenbraue hob sich, und die dunklen Augen in dem gut geschnittenen, aber verunstalteten Gesicht funkelten. „Es schmeichelt mir, dass Ihr meinen Namen richtig erraten habt. Aber lasst mich Euch mit meiner Schwester Lucrezia bekannt machen.“ Er drehte sich um und schmiegte sich auf höchst unbrüderliche Weise an die Blondine, die ihrerseits seinen Arm drückte und ihre Lippen dicht neben seinen Mund presste. „Und meine treuesten Gefährten – Juan Borgia, Cousin, Freund und Bankier, meinen lieben französischen Verbündeten, General Octavien de Valois, und schließlich meine unverzichtbare rechte Hand, Micheletto da Corella. Was täte ich ohne meine Freunde?“
„Und ohne das Geld Eures Vaters.“
„Ein übler Scherz, mein Lieber.“
Während Cesare sprach, huschten seine Soldaten wie Geister in die Zitadelle. Ezio konnte nichts tun, um sie aufzuhalten, denn seine eigenen Männer – hoffnungslos in der Unterzahl – wurden im Handumdrehen überwältigt und entwaffnet.
„Aber ich bin ein guter Soldat, und die Auswahl der effektivsten Unterstützung ist Teil des Spaßes“, fuhr Cesare fort. „Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass es so ein Kinderspiel sein würde, Euch zu bezwingen. Aber Ihr werdet natürlich auch nicht jünger, nicht wahr?“
„Ich werde Euch umbringen“, sagte Ezio ganz ruhig. „Ich werde Euch und Eure Familie vom Antlitz der Erde tilgen.“
„Aber nicht heute“, entgegnete Cesare lächelnd. „Und seht nur, was ich hier habe – Euer Onkel war so freundlich.“ Seine behandschuhte Rechte tauchte in einen Beutel, den er an der Hüfte trug, und kam zu Ezios Entsetzen mit dem Apfel wieder zum Vorschein!
„Ein nützliches Ding“, meinte Cesare mit einem dünnen Lächeln. „Leonardo da Vinci, mein neuer militärischer Berater, sagte mir, er wisse schon eine ganze Menge darüber. Ich hoffe also, dass er mir weitere Aufschlüsse geben kann. Aber ich bin sicher, dass er das tun wird, schließlich wird er ja seinen Kopf behalten wollen. Künstler! Ein billiges Volk, da stimmt Ihr mir gewiss zu.“
Lucrezia kicherte gefühllos.
Ezio blickte zu seinem alten Freund, aber da Vinci weigerte sich, seinen Blick zu erwidern. Am Boden regte sich Mario und stöhnte.
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