Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
ordentlichen Teller kofta und etwas Anständiges zum Anziehen.“
Ezio schaute sich abermals um, stolperte und fing sich wieder, als eine Welle quer gegen den Bug lief.
„Ihr seid kein rechter Seemann, wie?“
„Auf Gondeln fühle ich mich wohler.“
„Gondeln? Pah!“
„Wenn Ihr mich töten wolltet … “
„Könnt Ihr mir das verübeln? Es war der einzige Grund, weshalb ich nach meiner Flucht in dieser Jauchegrube von einem venezianischen Hafen geblieben bin. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich Euch sah. Fast hätte ich schon aufgegeben. Ich war schon selbst auf der Suche nach einer Möglichkeit, von dort zu verschwinden.“
Ezio grinste. „Ich nehme es Euch nicht übel.“
„Ihr habt mich in ein Bassin gestoßen und wolltet mich ersaufen lassen!“
„Eure Schwimmkünste haben genügt. Jeder Narr konnte das sehen.“
Jetzt war es an dem großen Mann zu grinsen. „Hätte ich mir denken können, dass Ihr Euch nichts vormachen lasst.“
„Ihr habt Eure Schuld bei mir beglichen und mir das Leben gerettet. Aber warum habt Ihr mich mitgenommen?“
Der große Mann breitete die Hände aus. „Ihr wart verletzt. Hätte ich Euch liegen lassen, dann hätten sie Euch geholt, und Ihr hättet die Nacht nicht überlebt. Und das wäre eine Vergeudung all meiner Mühe gewesen. Außerdem könnt Ihr Euch in dieser Nussschale nützlich machen, mögt Ihr auch eine Landratte sein.“
„Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
Der Blick des großen Mannes wurde ernst. „Das weiß ich, effendi . Mir war nur nach Eurer Gesellschaft zumute … Ezio Auditore.“
„Ihr kennt meinen Namen.“
„Ihr seid berühmt. Bezwinger der Piraten. Allerdings hätte Euch das auch nicht mehr geholfen, nachdem Ihr einen Trupp Wachen getötet und zu fliehen versucht habt.“
Ezio überlegte. Dann fragte er: „Und wie nennt man Euch?“
Der Mann richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Seine nun würdevolle Erscheinung machte die Sklavenlumpen, die er immer noch trug, vergessen. „Ich bin al-Scarab, die Geißel des Weißmeers.“
„Oh!“, meinte Ezio ironisch. „Verzeiht meine Unwissenheit!“
„Bin vorübergehend nur etwas aus dem Tritt geraten“, fügte al-Scarab reumütig hinzu. „Aber nicht mehr lange. Sobald wir am Ziel sind, werde ich binnen einer Woche ein neues Schiff mitsamt einer neuen Mannschaft haben.“
„Unser Ziel?“
„Habe ich Euch das nicht gesagt? Der nächste Hafen, der etwas taugt und sich ebenfalls in der Hand von Mamelucken befindet, ist Akkon.“
8
Der Zeitpunkt war gekommen.
Es fiel ihm schwer aufzubrechen, aber seine Mission war unumgänglich, und ihr Ruf drängte Ezio. Sein Aufenthalt in Akkon war eine Zeit der Ruhe und Erholung gewesen. Sie hatte ihn gezwungen, sich in Geduld zu üben, während seine Wunde verheilte, denn er wusste, dass seine Suche zu nichts führen würde, wenn er sich nicht im Vollbesitz all seiner Kräfte befand. Und die Begegnung mit al-Scarab – so katastrophal sie auch hätte enden können, wäre alles anders gelaufen – zeigte ihm, dass, wenn es Schutzengel gab, er einen hatte.
Der große Pirat, den er an Bord der Anaan im Kampf bezwungen hatte, erwies sich nicht nur als Lebensretter. Al-Scarab hatte Verwandtschaft in Akkon, und seine Angehörigen hießen Ezio als Retter ihres Vetters und dessen Waffenbruder willkommen. Seine Niederlage auf der Anaan erwähnte al-Scarab nicht; dafür schmückte er die Flucht aus Larnaka in epischer Breite aus.
„Es waren fünfzig Mann … “, begann al-Scarab zunächst, doch die Zahl der perfiden venezianischen Angreifer, gegen die sie hatten kämpfen müssen, erreichte das Zwanzigfache, als er die Geschichte zum zehnten Mal erzählte. Offenen Mundes und mit großen Augen lauschten seine Vettern völlig gebannt und kommentierten die Widersprüche, die sich in die Erzählung einschlichen, mit keinem Wort. Wenigstens reichert er das Märchen nicht auch noch um ein Seeungeheuer an , dachte Ezio spöttisch.
Keine Märchen waren allerdings die Gefahren, mit denen Ezio laut al-Scarabs Familie auf seiner Weiterreise rechnen musste. Sie versuchten, ihn zu überreden, eine bewaffnete Eskorte mitzunehmen, aber Ezio weigerte sich hartnäckig. Er würde allein reiten, weil er andere nicht den Gefahren aussetzen wollte, denen nur er sich zu stellen hatte.
Kurz nach seinem Eintreffen in Akkon nutzte Ezio die Gelegenheit, einen längst überfälligen Brief an seine Schwester zu schreiben. Er wählte seine Worte mit Bedacht
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