Astrella 02 - Brudernacht
beiden Typen tatsächlich etwas vor, mussten sie auch die Gelegenheit dazu haben, sonst war es nichts mit der nachfolgenden Beweisführung. Andererseits durften sie nicht zu lange warten, um den Mann nicht unnötig zu gefährden. Der hatte sich inzwischen eine Zigarette angezündet und zog genüsslich daran, ohne offenbar etwas zu ahnen. Die Gefahr war logischerweise um so größer, sollte es sich bei einem von den beiden tatsächlich um den ›Rentnerkiller‹ handeln, wie er im Kollegenkreis bereits genannt wurde. Also war es wichtig den Zeitpunkt abzupassen: Beide sollten nahe genug dran sein, um noch umzukehren. Es war eine verdammt schwierige Aufgabe, die sie da zu bewältigen hatten. Vor allem gab es entschieden zu viele unbekannte Faktoren. Zu diesen gehörte auch die eigene Entfernung bis zur gegenüberliegenden Seite. Gut, er selbst war trotz seines Schichtdienstranzens noch fit genug, um es mit vielen Jüngeren aufnehmen zu können. Und dass Obst nicht nur aussah wie der geborene Sprinter, sondern auch einer war, wusste Eck nicht zuletzt vom Dienstsport. Doch auch beides zusammengenommen konnte nichts daran ändern, dass ein Messer eben stets schneller war als ein rennender Mensch. Und dem Pudel waren die Läufe abgeschnitten worden, also konnte auch ein Messer im Spiel sein.
Die beiden Männer kamen näher und waren nun deutlich zu sehen. Der Größere von beiden überragte den anderen um mindestens zwei Köpfe und war breiter und massiger.
Inzwischen war der Rentner endlich auf die beiden Kerle aufmerksam geworden. Kaum hatte er sie wahrgenommen, als er auch schon einen Schritt zur Fußgängerampel hin machte. Die beiden Männer beschleunigten ihre Schritte. Das war das entscheidende Signal für Eck.
»So, jetzt geht’s los!« zischte er Obst zu. »Aber nicht zu hastig aussteigen, vielleicht merken sie es ja nicht sofort«, fügte er hinzu. Eck hielt das Funkgerät verdeckt. Dann zog er am Türgriff, nur noch zwei Autolängen trennten die beiden Typen von ihrem Opfer, die Tür sprang auf, noch eineinhalb Autolängen. Eck stieg aus, kümmerte sich ebenso wenig wie Obst um die offenstehende Tür, die bis zur ersten Rasterung zurückschwang. Noch drei Schritte fehlten den beiden Typen. Eck und Obst traten auf die Straße, noch ein Schritt, der Hund begann ängstlich zu kläffen, da rannten sie los. Kaum trommelten ihre Schuhe auf dem Straßenpflaster, als die beiden Typen sie auch schon bemerkten, sich von ihrem Opfer wegdrehten und in die Mauerstraße flüchteten, die, parallel zur Karlstraße verlaufend, zur Charlottenstraße führte. Zu diesem Zeitpunkt waren Eck und Obst, dieser etwa vier Schritte vor Eck, ungefähr in der Mitte der Kreuzung angelangt. Ecks Puls jagte viel zu schnell in ungeliebte Höhen. Dem nun offenbar völlig verwirrten Mann schrie er zu, er solle warten, um dann in unvermindertem Tempo hinter dem Kollegen herzujagen, der bereits fünf Schritte voraus war. Noch hatte sich ihr Abstand zu den beiden Verfolgten nicht verringert. Während er flach atmete, sich sein Körper noch nicht völlig auf die plötzliche Anstrengung eingestellt hatte, erkannte Eck, dass die beiden die nächste Straßenkreuzung beinahe schon erreicht hatten. Bis dahin ließen die links befindlichen Reste der alten Stadtmauer und die geschlossene Häuserzeile rechts keinen Ausbruchsversuch zur Seite hin zu. Obst hatte sich bis auf gut zwanzig Meter an den Kleineren der beiden herangekämpft, als dieser und sein Kumpel die Charlottenstraße erreichten. Obschon ihm die Luft knapper zu werden begann, war Eck von seiner Kondition überrascht. Der Kleinere drehte sich inzwischen zum wiederholten Male während des Rennens nach hinten um, wodurch er noch mehr von seinem Vorsprung einbüßte. Die Aussicht, dass sein Partner den Kleinen in kürzester Zeit greifen würde, gab Eck neuen Auftrieb, und er konnte seine Schritte noch einmal beschleunigen. Gleich darauf hatte auch er die Charlottenstraße erreicht, auf der die beiden in Richtung Marienplatz rannten. Plötzlich war der Große aus seinem Blickfeld verschwunden. Aus dem Funkgerät krächzte eine Stimme; Eck achtete nicht darauf. Der Kleine wollte gerade ebenfalls nach rechts verschwinden, als es passierte. Obst war ihm bereits zum Zupacken nahe, da rutschte der Kleine aus, eine unsichtbare Hand schien ihm die Beine wegzureißen, und gleich darauf gab es einen lauten Rumpler, ohne dass Eck Genaueres sehen konnte. Das änderte sich sofort, als er an der Kreuzung
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