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Astrella 02 - Brudernacht

Astrella 02 - Brudernacht

Titel: Astrella 02 - Brudernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wenn er dann noch so gut aussieht und so ein herzensguter Mensch ist, wie es Pfarrer Bertram sein Leben lang war, dann sind die Weibsbilder noch viel schlimmer. Aber ich sage Ihnen, das war ein wunderbarer Mensch vom Scheitel bis zur Sohle. Auch wenn es Gerüchte gab. Aber die gibt es immer.«
    »Gerüchte?«, hakte Astrella nach.
    »Ja. Er soll etwas mit seinen Haushälterinnen gehabt haben.«
    »Und, war da was dran?«
    »Ach wo! Das hat es am Anfang bei mir auch geheißen. Aber so wahr ich hier vor Ihnen sitze: Da war nichts! – Es war halt wie überall in so kleinen Gemeinden wie der unsrigen: Wenn die Leute, besonders die Frauen, neidisch sind, dann erfinden sie die unmöglichsten Dinge. Als wären ausgerechnet unsere Pfarrer allesamt Tiere, die nur darauf aus sind, sich auf ihre Haushälterinnen zu stürzen. Das ist einfach unglaublich! Obwohl er, ich meine Pfarrer Bertram, das muss ich schon sagen, wohl jedes Frauenherz im Sturm hätte erobern können, wenn er es denn darauf angelegt hätte. Aber das hat er nicht, bei Gott, ich schwöre es!«
    Frau Ebersbach schaute Astrella mit einem Blick an, der ihm deutlich sagte, dass es besser war, wenn er ihr nicht widersprach. Innerlich schmunzelnd, fragte er nach ihren beiden Vorgängerinnen.
    »Ach, die sind beide weggezogen. Niemand weiß, wohin.«
    »Gibt es keine Unterlagen?«
    »Die hat es gegeben. Doch vor gut zehn Jahren hat es nach einem Blitzschlag gebrannt und beinahe alle Unterlagen sind vernichtet worden. Zumindest, was das Personal betrifft. Soviel ich weiß, waren es zwei junge Dinger. Beide nicht aus der Gemeinde. Offenbar gefiel beiden das Leben hier nicht besonders. Klar war damals noch weniger geboten als heute. Von daher kann ich das sogar verstehen. Ich selbst bin hier aufgewachsen, da ist das etwas anderes.«
    »Und Sie selbst wissen auch nichts Genaues mehr?«
    »Die Erste hat sich von heute auf morgen aus dem Staub gemacht, während die Zweite es wenigstens rechtzeitig vorher angekündigt hat. Aber heute ist das bei den jungen Leuten noch viel schlimmer. Da erfährt man erst, wenn sie gegangen sind, dass sie überhaupt da waren. Die haben alle keinen Anstand mehr, wenn Sie mich fragen. – Na ja, zumindest die meisten. Vor allem dann nicht, wenn sie aus der Stadt sind. Hier auf dem Land ist das noch anders. Aber jetzt kommen immer mehr Leute aus der Stadt hierher, bauen ihre schmucken großen Häuser und breiten sich aus wie die Ratten. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das so hart sage, aber wir hier im Dorf, vor allem die Alten, denken nun mal so. Und was ich in meinen eigenen vier Wänden denke und sage, geht ja niemand etwas an.«
    Astrella nickte verständnisvoll, um dann wieder auf den eigentlichen Grund seines Besuches zurückzukommen.
    »Und, was macht Pfarrer Bertram heute? Wie mir der alte Herr gesagt hat, müsste er inzwischen im Ruhestand sein.«
    Ein Schleier legte sich über die Augen von Frau Ebersbach.
    »Er ist tot.« Sie senkte ihren Kopf.
    »Tot? – Wann ist er gestorben?«
    »Vor gut einem halben Jahr. Sein Herz.«
    »Sie meinen, er hat einen Herzinfarkt erlitten?«
    »Ja, während eines Spaziergangs. Wie die Polizei herausgefunden hat, muss er etwa zwei Stunden dagelegen haben, bevor ihn der alte Mückler mit seinem Sohn gefunden hat. Das müssen Sie sich einmal vorstellen: Pfarrer Bertram, eine Seele von Mensch, der jedem half, der ihn darum bat – oft genug hat er auch geholfen, ohne darum gebeten worden zu sein – stirbt allein und verlassen in einem Wald. Bei einem Spaziergang! Dabei hat er vorher nie einen Spaziergang gemacht, obwohl der Arzt es ihm stets geraten hat. Wegen seines schwachen Herzens. Und dann macht er einen und stirbt dabei. Ist unser Herrgott da oben nicht manchmal grausam?«
    »Da mögen Sie recht haben. Aber manchmal hat der Tod ja auch dann einen Sinn, wenn wir Menschen ihn nicht sofort erkennen können.«
    Frau Ebersbach schaute ihn an, als sei sie von seiner Theorie nicht so recht überzeugt. Inzwischen hatten Sonnenstrahlen den Tisch erreicht – ein Tag zum Wohlfühlen.
    »Wissen Sie noch, wer bei der Beerdigung von Pfarrer Bertram anwesend war?«
    »Alle!«
    »Wie – alle?«
    »Die ganze Gemeinde war da. Wir waren alle ja so geschockt von der Nachricht, das können Sie sich nicht vorstellen.«
    »Sie meinen also, auch die beiden Ex-Haushälterinnen waren dabei?«
    »Nein, nein, da haben Sie mich falsch verstanden.«
    Im Hintergrund spielte derweil: Wenn der Tag zu Ende geht mit Rudolf

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