Astrella 02 - Brudernacht
noch nach dem Hund schauen. Schade, ich kann Ihnen nicht helfen. Stattdessen habe ich Sie hier mit Geschichten von persönlichen Dingen aufgehalten, die Sie bestimmt nicht interessiert haben.«
»Oh nein, ganz im Gegenteil. Wissen Sie, ich habe meinen Beruf auch deshalb gewählt, weil ich da während meiner Arbeit interessante und nette Menschen kennenlernen kann. Und Sie waren sehr nett zu mir.«
»Ach was! Nicht einmal etwas zu trinken habe ich Ihnen angeboten. Aber ich war schon seit jeher eine schlechte Gastgeberin. Auch als Maurus noch lebte. Freilich, dem war das egal. ›Selbst ist der Mann!‹ hieß sein Motto.«
»Das macht doch nichts. Ich werde jetzt sowieso erst einmal etwas essen gehen. Immerhin konnte ich mich in Ihrer kühlen Wohnung ein wenig erholen. Als Vater einer Tochter hätte ich mich auch gern noch weiter mit Ihnen unterhalten. Aber vermutlich hat der Hundehalter das nicht gemeint, als er mich mit der Suche nach seinem Pudel beauftragte. Ich verstehe ihn ja, obwohl ich, wie gesagt, selbst kein besonderer Hundeliebhaber bin. Trotzdem tun mir die Tiere leid, wenn ich in der Zeitung lesen muss, dass zwei Hunde mit abgeschnittenen Beinen neben den Leichen ihrer Herrchen gefunden wurden. Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben?«
Obwohl Astrella sie nur von der Seite beobachten konnte, schien diese Frage nicht die geringste Reaktion auf ihrem Gesicht hervorzurufen. Aber das schlechte Licht konnte täuschen.
»Nein.«
Sie hatte ihm das Foto ihres Sohnes aus der Hand genommen und schaute gedankenverloren darauf. Astrella bedauerte sie ein wenig. Für sie schien es nur noch ihren Sohn zu geben, alles andere war bedeutungslos. Ein wenig erinnerte sie Astrella an Frau Klimnich.
Als er sich von ihr verabschiedet hatte, ließ sie ihn gehen, ohne ihn zu begleiten.
Conny musterte sich ausgiebig, dann nahm sie die Perücke ab. Dazu, was sie jetzt vorhatte, brauchte sie diese nicht. Im Gegenteil, sie würde nur schaden. Sie betrachtete ihre kurzen Haare, die auch einem Mann gut gestanden hätten. Dass andere Haare, eine andere Frisur einen Menschen so verändern konnten, ja, gar einen anderen Menschen aus einem machen konnten. Es erstaunte sie immer wieder aufs Neue, seit sie die Perücke das erste Mal getragen hatte. Aber er hatte es wie immer schon vorher gewusst und recht gehabt. Auch damit, dass sie kein unnötiges Risiko eingehen durften. Es war ihr gemeinsames Geheimnis, ein tödliches Geheimnis, und sie mussten es unter allen Umständen bewahren. Sie hatte ihr Leben mit dem seinen verbunden, für alle Zeit verbunden, auch wenn das niemand verstehen konnte. Wann hatten andere sie schon jemals verstanden? Außer ihm? Und deshalb liebte sie ihn und würde ihn allezeit lieben.
Nachdenklich und fast ein wenig traurig legte sie die Perücke mit den schulterlangen blonden Haaren in ihr Versteck zurück.
22
Sie lachen über Peter und seine Sonnenbrille, weil er sie auch beim Schlafen aufbehalten möchte. So, wie sie ihn auslachen, wenn er tobt, weil sie ihn mit seinem zweiten Vornamen ansprechen. Es scheint gerade so, als wollte er ihnen und jedem anderen diesen Namen verweigern. Doch sie lachen und provozieren ihn so lange, bis er ihnen eine reinschlägt. Er schlägt auch dann noch, wenn sie sich zu mehreren auf ihn stürzen. Er hat keine Angst vor ihnen, denn er ist der Bruder der Nacht. Nur der Hund, der jagt ihm grausige Angst ein. Denn er weiß, dass der Hund da draußen die Tür öffnen kann. Der Hausmeister hat es ihm vorgeführt. Nur deshalb hat er auch die Tür nicht abgeschlossen. Und nicht, damit er jederzeit aufs Klo gehen kann. Peter hasst Hunde.
Astrella setzte sich in sein Auto, dessen Innenraum sich inzwischen gehörig aufgeheizt hatte. Er kurbelte das Seitenfenster herunter. Wie sollte er weiter vorgehen? Fuhr er direkt zu Frau Klimnich und erzählte ihr einfach von dem Gespräch und den daraus gezogenen Schlüssen, war sie mit Sicherheit schwer enttäuscht. Sie erwartete, dass er die von ihr entdeckte Spur bis in alle Einzelheiten untersuchen würde. Dazu gehörte auch, den Sohn von Frau Emmel aufzusuchen. Tat er es nicht, würde sie ihn anschauen, ohne ihm direkt einen Vorwurf zu machen. Und er würde es bereuen und doch noch zu ›Slim’s Copulad‹ marschieren. Folglich war es besser, wenn er es sofort tat. Anschließend würde er nochmals nach Preschingendorf fahren, um mehr über diesen geheimnisvollen PD. herauszubekommen. Vielleicht konnte ihm auch Frau
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