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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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Schluss, dass es besser
war, Sputano alles von Anfang an zu erzählen. Sie begann mit Lynns Tod …
    Und erlebte eine Überraschung.
    »Lynn? Schwarz und schlank? Arbeitete
im Crazy Rouge?«, fragte er.
    Saïna nickte.
    Er seufzte tief, ließ sich in
einem antiken Lehnstuhl nieder und legte sinnierend das Kinn in die Rechte, den
Ellbogen auf die Armlehne gestützt. »Das ist bedauerlich. Sie war mal meine
Lieblingskonkubine. Vor ungefähr neun Jahren. Wirklich bedauerlich. Diesmal ist
der gute Edward zu weit gegangen.«
    Vor neun
Jahren … In Saïnas Kopf formte sich ein Verdacht. Konnte
es sein, dass …
    »Wusstest du«, fragte sie den
Clanchef, »dass sie eine Tochter von acht Jahren hat?«
    Sputano zog die Augenbrauen
zusammen und schüttelte den Kopf.
    »Sie könnte deine Tochter sein«,
stellte sie fest.
    Für einen Augenblick wandte sich
sein Blick nach innen. »Ja«, murmelte er. »Das wäre wohl möglich.«
    Aufgeregt rang Saïna die Hände.
»Dann musst du mir helfen. Es hat sie in seiner
Gewalt, im Gouverneurspalast. Er wird ihr irgendwas Schlimmes antun.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte
Sputano gedankenverloren. »Mir ist schon aufgefallen, dass er mitunter etwas …
etwas unausgeglichen ist. Aber bisher habe ich immer
darüber hinweggesehen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat er sich unseren
Geschäften gegenüber angenehm zurückhaltend gezeigt.«
    Saïna verstand kaum die Hälfte
von dem, was er sagte, aber offenbar hatte sie ihn zumindest nachdenklich gemacht.
»Hilf mir, deine Tochter zu retten!«
    »Oh.« Er zuckte bedauernd mit den
Schultern. »Das würde ich wirklich gern, aber unglücklicherweise befinden sich
meine Männer mitten in einer Fehde mit meinen größten Konkurrenten. Ich habe
niemanden zur Verfügung.«
    Sein offensichtlicher Mangel an
Enthusiasmus riefen bei ihr sowohl Unglauben als auch zunehmende Gereiztheit
hervor. »Komm mit! Gemeinsam können wir sie bestimmt befreien!«, machte sie
einen weiteren Versuch, ihn aufzurütteln.
    Mit einer fast entschuldigenden
Geste wies Sputano auf sich selbst. »Ich bin ein alter Mann. Wie könnte ich dir
gegen diesen Irren helfen?«
    »Dann gib mir eben diesen …
diesen Pinocchio mit!«, sagte sie wütend.
    Unwillig wedelte Sputano den
Vorschlag mit einer Hand beiseite. »Das geht nicht. Er ist heute mein Leibwächter.
Ich kann doch nicht auf meinen Leibwächter verzichten.«
    Saïna konnte immer noch nicht
fassen, wie gleichgültig der Mann gegenüber der Tatsache reagierte, dass
vielleicht das Leben seiner eigenen Tochter auf dem Spiel stand. Tränen der Wut
stiegen ihr in die Augen.
    »Du Feigling!«, schrie sie.
    Dann fuhr sie herum.
    Weg, nur weg
von diesem Monster! Sie sind alle Monster, alle miteinander!, dachte sie
erregt, während sie zu dem nächsten Durchgang stampfte.
    » HALT! «, ertönte es
hinter ihr.
    Ohne zu wissen warum, blieb Saïna
stehen. Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und drehte sich um.
    »Was?«, zischte sie.
    »Hier!« In seiner ausgestreckten
Hand lag eine großkalibrige Pistole. »Damit du ihm nicht mit leeren Händen
gegenübertreten musst. Weißt du, wie man damit umgeht?«
    Sie nickte trotzig, griff nach
der Waffe und wandte sich erneut zum Gehen.
    »Sobald meine Männer wieder da
sind, versuche ich dir zu helfen!«, rief er ihr hinterher.
    »Dann ist es zu spät!«, brüllte
Saïna zornig.
    Vor dem Raum vertrat ihr
Pinocchio den Weg. Grinsend hielt er ihr die Augenbinde entgegen.
    »Nur über meine Leiche«,
flüsterte sie.
    Er starrte sie verdutzt an.
    »Es ist okay«, rief Sputano durch
die offene Tür. »Bring sie einfach raus.«
    Mit sichtlicher Enttäuschung in
seiner nasenlosen Fratze stopfte Pinocchio die Augenbinde wieder in seine
Jackentasche. Dann geleitete er sie zum Ausgang.
    Sputano widmete sich wieder
seiner Meditation wie jeden Nachmittag. Nach einer Weile war er ganz in die Betrachtung
eines Abgusses von Donatellos David versunken, als ihn ein Räuspern erneut aus
der inneren Versenkung riss.
    »Was gibt’s denn schon wieder,
Pinocchio?«, fragte er, ohne sich umzudrehen.
    »Verzeihung, Chef, ich wollte
wirklich nicht stören, aber ich frage mich …« Er zögerte.
    »Ja, was denn, um Himmels
willen?«
    »Bitte vielmals um
Entschuldigung, Boss, aber …«
    »Noch eine Bitte um
Entschuldigung, und du bist tot!«
    Er konnte hören, wie der Mann
hinter ihm laut schluckte.
    »Was ist denn nun das sicherste
Gefängnis?«, fragte Pinocchio schließlich.
    Sputano drehte sich zu ihm

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