Asylon
gezogen, bis er nur noch auf den Zehenspitzen stand. Sofort
staute sich das Blut in seinem Kopf. Nur mit allerhöchster Anstrengung konnte
er ein wenig Atemluft durch seine eingeschnürte Luftröhre ziehen. Er versuchte
die Finger unter den Draht zu schieben, doch er grub sich zu tief in sein
Fleisch.
»Edward …«, krächzte er halb
erstickt. »Was … soll … das?«
»Hallo Rygor«, erklang ein
wohlbekannter, volltönender Bass hinter ihm. »Was verschafft mir die Ehre?«
»Verdammt noch …«
Er brach ab. Jedes Wort bedeutete
ungeheure Anstrengung und wurde mit Atemnot erkauft. Er begann noch einmal von
neuem. »Diese Lynn-Lydell-Sache … Sie … Sie verursacht einigen Aufwind.«
»Lynn wer?«, entgegnete Edward
mit mildem Interesse.
»Ihr … letztes … Opfer«,
quetschte Rygor mühsam hervor. »Die Schwarze … auf dem Tisch … hier …«
»Wer sagt, dass ich das war?«
Rygor kämpfte verzweifelt um ein
Quäntchen Luft, bevor er antworten konnte. »Machen … Sie mir nichts vor. Ich …
erkenne … Ihre Handschrift.«
»Tatsächlich?«
»Ja … Und würde es Ihnen … etwas
ausmachen, mich wieder … atmen zu lassen?«
»Oh, Verzeihung.«
Der Draht um seinem Hals lockerte
sich ein wenig, gerade so viel, dass Rygor wieder auf seinen Fersen stehen
konnte.
»Hören Sie zu, Curtis. Sie … Sie
wissen, dass ich hinsichtlich Ihres … Ihres kleines Hobbys immer nachsichtig
war … Aber …«
Der Draht spannte sich erneut und
unterbrach seinen Redefluss. »Nachsicht?«, kam die Stimme aus dem Dunkeln. »Ihr
profitiert doch davon, du und deine Bosse auf der anderen Seite. Ab und zu ein
Toter an der Grenze, das verleiht eurer schönen Mär doch erst richtig Glaubwürdigkeit.
Außerdem, mein Freund, handelte es sich bei all meinen – wie soll ich sagen? –
meinen Klienten um Personen, bei denen das Voiding allmählich zu versagen begann.«
Rygor wollte etwas erwidern, doch
der Draht ließ nur ein heiseres Ächzen zu.
»Entschuldigung, mein Fehler.«
Wieder wurde der Draht etwas gelockert.
Rygor tat einige schmerzhafte,
aber dringend notwendige Atemzüge. »Ich … bestreite ja gar nicht, dass Sie …
dass Sie uns einen Dienst erweisen. Wäre es nicht so, hätte ich Sie – bei allem
Respekt – längst aus dem … aus dem Spiel genommen.«
Der Draht zuckte.
»Aber …«, beeilte sich Rygor
anzufügen. »darum geht es mir gar nicht.«
»Aha. Sondern?«
»Ich wollte … Sie warnen. Ihre
letzte Aktion hat Aufmerksamkeit … von unerwarteter Seite erregt. Vielleicht
sollten Sie das zum Anlass nehmen, in Zukunft … ein klein wenig … kürzer zu
treten.«
»Aufmerksamkeit? Von unerwarteter
Seite? Wie meinst du das?«, fragte Curtis ungeduldig.
»Ihr Bruder.«
»Billy?« Das erste Mal schwang
etwas wie leichte Erregung in Edwards Curtis Stimme mit.
»Ja, Billy. Er hat … irgendwie
Kontakt zu der Freundin Ihres Opf… Ihrer Klientin aufgenommen.«
Schweigen. In der Dunkelheit
beschloss Rygor, es als bestürztes Grübeln zu werten. Er setzte nach.
»Ich könnte ihn für Sie aus dem
Verkehr ziehen.«
Ein gewaltiger Ruck riss Rygor
empor, und diesmal konnte er nicht einmal mehr mit den Zehenspitzen den Boden
berühren. Für einen Moment hatte er panische Angst, dass sein Genick der
Belastung nicht standhalten würde. Er hing mit zappelnden Füßen in der Luft, während
die Finsternis im Raum langsam durch eine noch weitaus tiefere Schwärze
verdrängt wurde. Verzweifelt versuchte er mit den Fingern den Draht zu
umklammern, doch er kratzte sich mit den Nägeln nur den Hals auf.
Dann …
So plötzlich, wie er nach oben gerissen
worden war, ließ man ihn frei, und er stürzte zu Boden.
Dort lag er, hustend, endlich in
der Lage, den Draht zu lösen, während seine Knie, die auf den Betonboden geknallt
waren, schmerzhaft pochten.
»Hör mir genau zu, du mieser
kleiner Knastschließer«, hörte er die Stimme des anderen über sich. »Ich gebe
keinen Pfifferling auf irgendjemandes Leben. Auf ihres nicht, auf deins nicht
und auch auf Billys nicht. Für mich seid ihr alle nur Maden, Spielzeuge in
meinem persönlichen Flohzirkus. Aber eins sollte dir wirklich klar sein: Wenn
irgendwer Billys lächerliche Existenz beendet, dann bin das ich! Ich und sonst
niemand! Kapiert?« Rygor war immer noch viel zu sehr mit Husten und Würgen
beschäftigt, als dass er hätte antworten können. Ein gemeiner Tritt traf ihn in
der Nierengegend. »Ob du kapiert hast?«
Mühevoll rang sich Rygor ein
Ächzen ab,
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