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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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das man bei einiger Fantasie als Zustimmung interpretieren konnte.
    »Fein. Und übrigens«, fügte
Curtis leutselig hinzu, »auch du solltest erwägen, deine Aktivitäten etwas geräuschloser
abzuwickeln. Es sind mir in meiner offiziellen Funktion einige böse Gerüchte
aus dem St. Niclas zu Ohren gekommen. Es heißt, dass neben dem üblichen Säuglingsschwund
nun auch noch die eine oder andere Mutter abhanden kommt, sobald es ihr
einfällt, den unerwarteten Exitus ihres kleinen Engels zu hinterfragen. Ich an
deiner Stelle wäre etwas vorsichtiger. Die Leute in diesem Pestgeschwür von
Stadt mögen alles Zombies sein, aber noch ist ihnen das Gehirnschmalz nicht
ganz eingetrocknet. Treib es nicht zu weit. Und jetzt …« Wieder ein Tritt in
die Niere. Rygor krümmte sich. »… entschuldige mich bitte. Mein hohes Amt ruft
mich zurück an den Schreibtisch.«
    Ein paar Schritte auf dem
Linoleum. Das Quietschen der Tür. Seine Silhouette im Schlaglicht der
Flurbeleuchtung. Dann wieder Dunkelheit.
    Hustend und keuchend blieb Rygor
auf dem Boden liegen. In seinem Mund fühlte er den metallischen Geschmack von
Blut.
    »Irgendwann werd ich dich töten«,
krächzte er mit einer Stimme, die er selbst kaum erkannte. Hoch und dünn wie
das Knirschen von Metall auf Glas. »Dich und deinen Bruder. Das schwöre ich.«

    Ein einsames Fahrzeug
erschien am Ende der Brücke. Torn bemühte sich, den röchelnden, bockenden
Gasglider so ruhig wie möglich zu halten, um nicht in die Spur des Entgegenkommenden
zu geraten. Im Gegenlicht der Nachmittagssonne konnte er nicht erkennen, worum
es sich dabei handelte, aber es näherte sich rasch. Schließlich schoss das
Fahrzeug mit röhrendem Motor so schnell an ihm vorbei, dass der Sog seinen Glider
ins Schunkeln brachte.
    Eine Weile lang kämpfte er darum,
dass Vehikel unter Kontrolle zu halten. Als er dann über die Schulter nach
hinten sah, war das andere Fahrzeug bereits hinter den Wracks, die er soeben
durchquert hatte, verschwunden. Nur ein dunkler, brüllender Schatten, mehr
hatte er davon nicht mitbekommen.
    Er konzentrierte sich wieder auf
die Straße. Die Sonne hatte immer noch Kraft. Unter dem Rucksack war sein Rücken
klatschnass. Er konnte nur hoffen, dass die Nässe die Akten nicht in Mitleidenschaft
zogen, die er vor einer Stunde aus dem Polizeiarchiv gestohlen hatte. Bei dem
Gedanken daran schnalzte er zufrieden mit der Zunge. Die merkwürdigen
Behauptungen seiner seltsamen Besucherin hatten ihm letztendlich doch keine
Ruhe gelassen, und im Nachhinein hätte er ihr gern noch ein paar Fragen gestellt.
Aber sie war verschwunden.
    Sie hatte ihm ihren Namen
genannt: Saïna irgendwas; den Vornamen hatte er sich merken können, weil er so
exotisch klang, den Nachnamen hatte er vergessen. Sollte einem Leveller nicht
passieren, auch nicht einem Ex-Leveller. Lag wohl an seinem Alkoholpegel, der
am Morgen noch sehr hoch gewesen war.
    Nur ein Vorname, keine Adresse.
Doch sie hatte behauptet, Scooter zu kennen, und das war einer der Gründe,
warum er seinem Freund nun einen Besuch abstatten wollte.
    Der andere Grund waren die Akten.
    Wenn Lynn Lidell tatsächlich aus
der Stadt gekommen war und nicht von außen, so wie er und Scooter es bereits
anhand der Lage der Toten vermutet hatten, und dahinter, wie diese Saïna
behauptet hatte, ein Schema steckte, mussten sich irgendwo in den Akten der
Polizei weitere ähnliche Fälle niedergeschlagen haben.
    Dummerweise hatte er als Leveller
keinen Zugriff auf die Akten der Grenzpolizei. Und selbst wenn, er war suspendiert
und hatte im Polizeigebäude nichts mehr zu suchen. Stundenlang hatte er sich
den Kopf zerbrochen, wie er in das gut gesicherte Archiv hineingelangen konnte.
Dann hatte ein glücklicher Zufall in Form von Police Detective Blair Dobsky an
seine Tür geklopft.
    Blair war ein alter Kollege, der
vor etwa einem Jahr den gut bezahlten, aber hoch gefährlichen Job bei den
Levellern für eine ruhigere Stelle im polizeilichen Innendienst eingetauscht
hatte. Und er hatte noch nicht von Torns Suspendierung erfahren.
    Aus den alten gemeinsamen
Levellertagen hatte sich Blair eine gewisse Anhänglichkeit gegenüber Torn bewahrt,
die wohl aus Blairs Neigung resultierte, sich in jeder Gruppe an das
Alphatierchen zu heften, in der Hoffnung, ein paar Brocken extra zu bekommen.
Es war genau diese Neigung, die Torn dazu veranlasst hatte, Blair nach
Möglichkeit zu meiden. Doch auch als Detective im Innendienst stiefelte ihm
Blair weiterhin hinterher,

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