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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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Pailey und Bulk, diese Idioten.
    Wortlos setzte sich Jones in
Bewegung, bis er in der Mitte einer kleinen Gasse stand, die es in vergleichbarer
Art in jedem beliebigen Teil der ärmeren Viertel gab. Er blieb stehen und
verweilte ein paar Momente reglos mit dem Rücken zu Rygor.
    Gerade wollte Rygor ihn ermahnen,
endlich loszulegen, da passierte es. Es ging so schnell, dass Rygor die Einzelheiten
nachträglich vor seinem inneren Auge wieder entstehen lassen musste, um den
Bewegungsablauf zu verstehen. Jones’ Arm beschrieb einen weiten Kreis zur Decke
des Ganges, und ein leichtes Zucken seiner Fußgelenke beförderte ihn einen
halben Meter weit empor, sodass er sich mit beiden Handklauen in das
nachgiebige Holz der Decke verkrallen konnte. Er spannte die Bauchmuskeln an
und beförderte damit auch die Füße nach oben, deren Klauen ebenfalls festen
Halt fanden. Es sah so aus, als ob ein großes Tier unter den Kabelbäumen und
Rohren hing, die längs der Decke unter dem Holz verliefen. Fast schien Rygor,
als ob er selbst es war, der auf dem Kopf stand. Dann setzte sich Jones wieder
in Bewegung.
    Die Einsätze der Leveller waren
legendär, und Rygor begann zu verstehen, warum. Der Anblick war atemberaubend.
    Jones’ Bewegungsabläufe, während
er unter der Decke davoneilte, ließen sich am ehesten mit denen eines riesigen
Affen vergleichen, auch was die Geschwindigkeit betraf. Wie ein monströser
Primat sprang und kletterte er mal an der Seitenwand, mal an der Decke entlang,
immer mit allen vieren arbeitend, bis er schließlich das Ende der Gasse
erreichte, wo er gegen eine mehrere Meter hohe Wand sprang, die einen senkrechten
Void simulierte. In wenigen Sekunden hatte er einen Höhenunterschied von etwa
zehn Metern überwunden, einfach nur durch Kraft, geschickte Ausnutzung von
strukturellen Unebenheiten wie Rohren und Löchern und natürlich durch die
Klauen.
    Rygor konnte nicht mehr an sich
halten. Er musste es endlich ausprobieren. Langsam und immer noch etwas wacklig
auf den Fußklauen betrat auch er die Gasse, in der zuvor auch Jones
verschwunden war. Er richtete den Blick auf die Decke. Die Klauen anderer
Leveller, die hier geübt hatten, hatten ihre Spuren in der Oberfläche hinterlassen.
Er streckte einen Arm aus, dann stieß er sich mit den Füßen vom Boden ab. Doch
seine Handklaue rutschte an der Decke ab, er fiel zurück zu Boden und landete
dort auf seinen vier Buchstaben.
    »Nicht zu spät greifen. Die
Klauen verstärken die Bewegung nicht nur, sie beschleunigen sie auch. Vertrau
der Mechanik«, ertönte es hinter ihm.
    Er fuhr herum und sah wieder
Jones, der offensichtlich seine Klettereinheit beendet hatte. Rygor sprang auf
die Füße. Wie kam der Kerl dazu, ihn ungefragt zu belehren?
    »Ich kann mich nicht erinnern,
dir das Du angeboten zu haben«, zischte er.
    Jones bis dahin neutrales Gesicht
verdüsterte sich ein wenig. »Bitte um Verzeihung, Sir«, murmelte er.
    »Anders als mein Vorgänger dulde
ich diese allgemeinen Verbrüderungstendenzen nicht.«
    »Verstehe, Sir«, entgegnete
Jones, ohne dass er den neuen Supreme-Leveller ansah.
    Rygor lächelte still in sich
hinein. Führung hatte nichts mit falscher Freundlichkeit zu tun. Respekt musste
in der Konfrontation erworben werden, in der der Überlegene dem Untergebenen
auf seinen Platz verwies. Er mochte diesen Kerlen im Gebrauch ihrer Werkzeuge
noch unterlegen sein, aber mental steckte er sie alle in die Tasche.
    Und nun war es an der Zeit für
das Zuckerbrot.
    »Ich danke für die kooperative
Einstellung, Jones. Wenn du nun die Güte hättest, mir die richtige Technik
beizubringen«, flötete er betont freundlich.
    »Selbstverständlich, Sir.«
    Jones führte ihm den Sprung ein
paarmal vor. Dann leistete er ihm Hilfestellung. Beim vierten Anlauf gelang es
Rygor schon nahezu perfekt, die Bewegungsabläufe, die er bei Jones beobachtet
hatte, nachzuahmen, doch im Vergleich zu dem Leveller kam er sich vor wie eine
müde Schnecke, und das ungewohnte Bewegungsmuster forderte seinen Tribut.
Schnaufend und keuchend sank er nach einer Viertelstunde auf den Gang und hielt
sich die Seite.
    »Ihre Rumpfmuskulatur benötigt
mehr Kraft und Übung, Sir. Es wird ein Weilchen dauern, bis sich Ihr Körper
daran angepasst hat.«
    »Wie du weißt, habe ich für heute
einen Einsatz gegen den Japaner-Clan geplant«, sagte Rygor verärgert. »Gibt es
keine Möglichkeit, die Prozedur zu beschleunigen?«
    »Nun ja …« Jones kratzte sich am
Kopf. »Es gibt ein

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