Asylon
Mittel, dass die Kraft vorübergehend verstärkt, aber ich
würde es nicht empfehlen, Sir, denn …«
»Papperlapapp!«, fuhr ihm Rygor
dazwischen. »Ich muss heute Abend einsatzfähig sein.«
»Wie Sie wünschen, Sir. Ich werde
den Pharma anweisen, Ihnen eine Mischung anzufertigen.«
»Sehr gut, Masterleveller Jones.
So lob ich mir das.«
»Wie, um Himmels
willen, sollen wir da reinkommen?«
Saïna betrachtete zweifelnd die
Schlange, die sich bereits vor dem Eingang des »Crazy Rouge« gebildet hatte.
Monströse Türsteher, augenscheinlich Mastons, wiesen die meisten Interessenten
ungerührt ab. Eintritt erhielten nur diejenigen, denen Reichtum und Einfluss
auf der Stirn geschrieben standen.
»Was hast du erwartet?«,
flüsterte Radu. »Das ist der exklusivste Stripschuppen der ganzen Stadt.«
Saïnas Freundin hatte darauf bestanden, sie zu begleiten, auch wenn sie dafür
erst einmal jemanden hatten finden müssen, der Hank und Poosah für die Nacht in
seine Obhut nahm.
Eine Gruppe von Asiaten pfiff
ihnen im Vorbeigehen zu. Peinlich berührt, zupfte Saïna am Saum ihres
Minirocks, den ihr Radu für den Anlass aufgenötigt hatte.
So kannst du
es gleich vergessen, hatte ihre Freundin gesagt, als Saïna bei ihr in
ihrem »Private-Anlässe-Outfit« aufgetaucht war, bestehend aus einer vielfach
geflickten Jeans und einem grob gewebten Chinatown-Hemd. Widerwillig hatte sie
sich gefügt.
Nun wünschte sie, sie hätte es
nicht getan. Das Stück Textil reichte kaum, ihren Hintern zu bedecken, und dann
noch ohne Schritt; sie fühlte sich ungeschützt und verletzbar. Dazu trug sie
ein Top, und über ihren Brüsten hing das Nazar, das Radu ihr an einer Halskette
befestigt hatte. Damit wollte sie den Kontaktmann, den sie aufgrund der
Äußerung des kleinen Hank in der Bar vermuteten, auf sich aufmerksam machen.
Saïna fragte sich zum Dutzendsten Mal, ob ihre Strategie klug war. Wenn sie
sich selbst gegenüber ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie viel
lieber davongerannt wäre.
Als die endlose Schlange der
Wartenden sie und Radu endlich ganz nach vorn geschoben hatte, standen sie direkt
vor einem der Mastons, der mit seinem tätowierten Gesicht und seinen
geschwollenen Muskeln auch Torwächter in der Hölle hätte sein können. Wortlos
musterte er die beiden von oben bis unten. Aus den Augenwinkeln konnte Saïna
sehen, wie Radu ihre Brüste im Ausschnitt ihres Tops zurechtrückte und ihr
gewinnendstes Lächeln aufsetzte.
Doch umsonst. Mit einem
schlichten Wink wies der Mann sie zurück auf die Straße. Während Saïna
innerlich erleichtert aufatmete, machte Radu ihrer Empörung in nicht
jugendfreien Beschimpfungen Luft. Saïna fragte sich nicht zum ersten Mal, woher
ihre Freundin den Mut nahm, diese Trotzigkeit an den Tag zu legen. Der Kerl sah
so aus, als könnte er ihnen das Genick mit den Fingerspitzen brechen.
Stattdessen holte er nur mit seinem mächtigen Arm aus und wischte die beiden
zur Seite wie zwei lästige Mücken. Radus fortgesetztes Protestgeschrei ging im
allgemeinen Lärm der Wartenden unter, die sich in dem Vorraum tummelten.
Saïna war das sinnlose Gezeter
ihrer Freundin endlich leid. Sie packte sie am Ellbogen und zog sie aus der Gefahrenzone.
»Vielleicht sollten wir noch
einmal nachdenken«, schlug sie vor, nachdem Radu sich halbwegs beruhigt hatte.
»Es gibt bestimmt andere Wege, mit diesen Freaks Kontakt aufzunehmen.«
»Kommt überhaupt nicht infrage«,
brauste Radu auf. »Ich bringe uns in diesen miesen Schuppen rein, und wenn es
das Letzte ist, was ich tue.« Ihr Blick begann auf der Suche nach was auch
immer die Umgebung abzugrasen. »Aha!«, rief sie dann. »Die da sind perfekt!«
»Wovon redest du?«
»Na, die Japsen da hinten. Die,
die uns vorhin nachgepfiffen haben.«
Bevor Saïna widersprechen konnte,
lief Radu bereits auf die Asiaten zu, die inzwischen ebenfalls in der Schlange
standen und schon nah an den Eingang aufgerückt waren. Es handelte sich um ein
halbes Dutzend Männer mit bronzefarbenen Gesichtern und weißen Anzügen. Unter
ihren Manschetten lugten kunstvolle Tätowierungen hervor.
Wundervoll!
Japaner-Clan! Absolut großartig!, schoss es Saïna durch den Kopf, als
sie Radu erreichte, die den offensichtlichen Anführer der Gruppe bereits in ein
Gespräch verwickelt hatte.
»Und das hier ist meine reizende
Freundin Saïna«, stellte Radu sie vor, bevor sie sich Saïna zuwandte. »Saïna,
Schätzchen. Sag guten Tag zu Ishihada-San und seinen Männern.
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