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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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FINDE,
SCHLAMPE! DU ENTKOMMST MIR NICHT! «
    Sie warf einen Blick über die
Schulter. Er stand noch immer auf der Treppe, die Handflächen auf die Augen gepresst.
Sie hatte ihn voll erwischt, aber es war nur eine Frage der Zeit, dann würde
die Wirkung des Pfeffersprays abklingen.
    Voller Erleichterung erreichte
sie die Eisentür am anderen Ende des Saals. Das Geschrei hinter ihr hatte aufgehört.
Stattdessen waren hastige Schritte zu hören. Sie drückte die Klinke –
unverschlossen! – und atmete auf, hängte sich mit ihrem ganzen Gewicht an die
Klinke, zog die schwere Tür auf und schlüpfte hindurch, kaum dass der Spalt
breit genug für sie war. Draußen umfing sie trockene Wärme und das wohlbekannte
Dämmer der unteren Stadtebenen. Ohne irgendeinen Gedanken an die Richtung zu
verlieren, in die sie lief, tauchte sie aufs Geratewohl ins dunkle Gewirr der
Gassen.

    Scooter nahm den Helm
ab und blinzelte in die heiße Mittagssonne. Auf diesem Abschnitt des
Brückenbogens war der Asphaltbelag noch immer schwarz und teils sogar aufgeplatzt
von der ungeheueren Hitze, als die zwei Methanolkanister explodiert waren und
Emiliano Sputanos kleine Lynchbande in die Hölle gepustet hatten. Sogar ihre verkohlten
Leichen lagen noch herum; niemand hatte sich die Mühe gemacht, sie
wegzuschaffen, abgesehen von Emiliano natürlich. Ein bisschen weiter, am Rande
des Bereichs, wo das Feuer gewütet hatte, fand er den Blutfleck, den der Sohn
des Clanchefs hinterlassen hatte, als er zu Boden gefallen war. Das Sonnenlicht
hatte ihn zu einer braunen Masse verbacken. An dieser Stelle hatte ihn die
Kugel erwischt.
    Er versuchte sich das Geschehen
wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, doch zuerst war es nur wirrer Reigen.
    Komm, streng
dich an. Torn braucht deine Hilfe.
    Was genau war geschehen? Emiliano
hatte das Feuerzeug nach dem mit Methanol überschütteten Mädchen geworfen. Dann
hatte der Schuss Emiliano niedergestreckt. Er war auf die Knie gesunken und
nach hintenüber gekippt. Das hieß, die Kugel musste aus jener Richtung gekommen
sein, aus der Scooter und Torn zum Ort des Geschehens gelangt waren. Und das
wiederum deckte sich mit seinem Verdacht.
    Denn seit Pailey sich in Scooters
Container verplappert hatte, wusste er, dass ihnen die drei an diesem Tag von
der Grenze her gefolgt waren. Irgendwie musste es ihnen recht zügig gelungen
sein, den zweiten Offroader, den Torn in den Graben gerammt hatte, wieder
flottzumachen. Sie mussten so dicht an ihnen dran gewesen sein, dass sie
mindestens noch die zweite Verbrennung miterlebt hatten. Es lag also nahe
anzunehmen, dass der Kerl, der Emiliano abgeknallt hatte, unter diesen dreien
zu suchen war.
    Scooter machte eine halbe
Drehung, um den Teil der Brücke in Augenschein zu nehmen, von dem sie damals gekommen
waren. Zirka hundertfünfzig Meter entfernt rosteten die Lkw-Skelette vor sich
hin, die sie umrundet hatten. Er erinnerte sich zwar nicht daran, sich an jenem
Tag umgedreht zu haben, aber man konnte wohl davon ausgehen, dass die drei
nicht von einem frei einsehbaren Ort aus gehandelt hatten. Sehr wahrscheinlich
hatten sie sich irgendwo bei den Lkws versteckt.
    Aus dieser Entfernung aber schied
ein Schuss aus einer Pistole oder einem Revolver aus. Also ein Gewehr. Möglicherweise
ein Präzisionsgewehr. Was wiederum bedeutete, dass es wahrscheinlich aus dem
Liegen abgeschossen worden war.
    Scooter schwang sich auf seinen
Gasglider und sauste zu den Lkws. Kaum eine Minute später sprang er vor dem
alten Sattelschlepper, hinter dem sie das erste Verbrennungsopfer überfahren
hatten. Auch hier hatte das Feuer Brandspuren auf dem Asphalt hinterlassen, und
die Leiche lag auch noch da.
    Nach Scooters Einschätzung barg
das ausgebrannte Wrack Dutzende Möglichkeiten, einen gezielten Schuss abzugeben,
ohne allzu sichtbar zu sein. Er nahm die unmittelbare Umgebung des
Sattelschleppers in Augenschein, suchte jeden Zentimeter des Asphalts nach
verräterischen Spuren ab, während ihm die Sonne den Nacken verbrannte.
    Etwa eine halbe Stunde verging,
ohne dass ihm irgendetwas Brauchbares auffiel.
    Verdammt, wenn ich seine Unschuld nicht noch heute beweisen kann, wird
Sputano mich vielleicht doch noch beauftragen, ihn zu töten!
    Selbstverständlich hätte er nie
Hand an seinen alten Freund gelegt, doch da Sputano keinen Ungehorsam duldete,
würde es das Ende ihrer Verbindung bedeuten. Selbst wenn ihn der Clanchef aus
alter Freundschaft am Leben ließ, wäre er ohne Sputanos Autorität im

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