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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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vertrauten Hebel, mit dem hier jede
zweite Wohnung von innen verschlossen werden konnte. Kein echtes Hindernis,
aber es würde ihn eine Weile aufzuhalten, während sie nach dem Hinterausgang
suchte. Mittlerweile bearbeitete Antonio die Tür von außen mit der Faust. Das
morsche Holz ächzte und zitterte unter seinen Schlägen.
    Über altes Gerümpel stolpernd
eilte Saïna zur gegenüberliegenden Seite des Raums. Sie knipste ihr Feuerzeug an.
Im flackernden Schein der kleinen Flamme sah sie tatsächlich die Umrisse einer
Tür, direkt vor ihr. Erleichtert löschte sie die Flamme und riss die Tür auf.
Schon wollte sie hindurchstürmen, als ein seltsamer Luftzug sie in letzter
Sekunde zurückprallen ließ. Abermals ließ sie das Feuerzeug aufschnappen. Auf
der anderen Seite der Schwelle gähnte ihr ein schwarzer Schlund entgegen.
    Verdammt, es
ist ein Void!
    Im Feuerschein war nicht einmal
die gegenüberliegende Wand zu sehen. Zwecklos.
    Entmutigt trat sie zurück in die
Wohnung. Der kleine Raum hatte keine weiteren Türen. Dann fiel ihr auf, dass es
draußen vor der Haupttür verdächtig still geworden war. Wo war Antonio? Hatte
er vielleicht aufgegeben?
    Sie ging zurück zur Eingangstür
und blieb unschlüssig davor stehen. Durch einen Spalt am unteren Ende fiel etwas
Licht von der Gasse herein. Es war kein Schatten zu sehen, der darauf schließen
ließ, dass irgendjemand direkt davor stand.
    Saïna wog das Risiko ab, was
geschehen würde, wenn sie die Tür wieder öffnete. Schlimmstenfalls würde er
sich sofort mit der Machete auf sie stürzen. Aber wie lange sollte sie hier
drinnen ausharren? Bis irgendwann der Gouverneur auftauchte?
    Sie nahm all ihren Mut zusammen,
zog den Riegel zurück und drückte die Tür vorsichtig auf.
    Nein, sie wollte es, aber sie schaffte es nicht.
    Blockiert.
    Verzweifelt rüttelte sie an der
Tür, doch sie ließ sich nicht mehr bewegen.
    »Möchte das Vögelchen aus seinem
Käfig?«
    Saïnas Herz schien einen Schlag
zu überspringen. Antonios Stimme. Er musste die ganze Zeit seitlich von der Tür
gestanden haben.
    »Dein Trick hatte einen
Riesenbart. Dachtest du wirklich, ich lasse mich so einfach reinlegen?«, höhnte
er.
    Wütend trat Saïna gegen die Tür.
    »Hey, hey. Nicht so wild da
drinnen, kleine Lady.«
    »Okay«, brüllte sie. »Und was
kommt jetzt? Lass mich raten! Wir warten solange, bis dein Herr und Meister
eintrifft.«
    Antonio brach in schallendes
Gelächter aus. »Ich glaube, der hat andere Pläne. Ich soll dich hier nur ein
bisschen beschäftigen, damit du ihn nicht störst. Also, danke für deine
freundliche Kooperation. Und jetzt – gehab dich wohl!«
    Saïna hörte, wie sich seine
Schritte entfernten und schließlich verklangen.
    Mich
beschäftigen? Aber warum?
    Die Erkenntnis fuhr ihr ins Herz
wie kalter Stahl.
    Poosah!

    Torn stand vor dem
Zaun. Einfacher Stacheldraht auf etwa einem Fuß hohen, verwitterten
Eisenstäben. Auf der anderen Seite lag das Minenfeld, dahinter befand sich ein
weiterer, jedoch höherer Zaun, an dessen Pfosten die Streuschussanlagen
angebracht waren, dann folgte die Blendmauer.
    Hier an der Grenze hatte alles
begonnen.
    Torn atmete tief durch, schloss
seine Faust fester um das kleine Amulett in seiner Tasche …
    Und überstieg den Außenzaun.
    Schon stand er mit beiden Füßen
im Minenfeld.
    Es war nicht das erste Mal, aber
bisher hatte er immer einen Metalldetektor bei sich gehabt, nicht diesen seltsamen
kleinen Stein, der wirkte, als entstammte er der Hexenküche eines
durchgeknallten mittelalterlichen Alchimisten. Fast war ihm, als wäre die Ebene
vor ihm voller dunkler Geschöpfe, unsichtbar unter Sand und kleinen Steinen
verborgen wie jene Meeresfische, die ihren Opfern im Flachwasser mit einem
Giftstachel auflauerten.
    Das ist unser
Revier, also verschwinde, bevor wir dich in deine Einzelteile zerlegen!, schienen ihm die dunklen Geschöpfe zuzuraunen.
    Er schüttelte sich die düsteren
Gedanken aus dem Kopf.
    So hat es
keinen Zweck, sagte er sich. Du musst dich
entscheiden. Entweder vertraust du diesem Ding in deiner Hand, oder du gehst
zurück in die Stadt und lässt dich von Rygor abknallen.
    Er legte die flache Hand über die
Augen, um sie vor der Sonne zu schirmen, und schätzte die Entfernung bis zum
zweiten Zaun. Wie viel mochte es sein? Fünfundzwanzig Meter? Dreißig
vielleicht? Eigentlich ein Katzensprung. Nur ein paar Schritte, und man war
durch. Oder …
    Er zog die Faust aus der
Jackentasche, öffnete sie und

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