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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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hätte deine Leiche gefunden.«
    Scooters Grinsen wurde sogar noch
breiter. Er berichtete von seiner Entführung durch Pailey und Bulk und erklärte,
dass das Rohr, an das sie ihn gekettet hatten, ein Wasserrohr gewesen war.
Nachdem er Bulk durch seinen Trick mit der Zigarette in Flammen gesetzt hatte,
hatte er einen Teil des Rohrs aus der Wand gerissen. Er hatte gewusst, dass es
rostig und morsch war und brechen würde, wenn er mit aller Kraft daran zerrte.
Die Decke, in die Bulk ihn gewickelt hatten, hatte sich mit Wasser vollgesogen.
Das hatte ihn vor dem Verbrennen bewahrt und auch die enorme Hitze gemildert.
Dennoch wäre er fast erstickt, wäre nicht ein Teil der Decke heruntergekommen
und hätte ein Loch in die rückwärtige Wand gerissen, durch das er der
Flammenhölle hatte entkommen können. Sein ursprünglicher Plan, in die nasse
Decke gehüllt durch den brennenden Container die Flucht zu ergreifen, hatte
sich bei all dem Feuer und der mörderischen Hitze als unmöglich erwiesen.
    Torn lauschte ihm fassungslos.
Scooter hatte wirklich unglaubliches Glück gehabt, dass er bei dieser Sache mit
dem Leben davongekommen war. Die verkohlte Leiche, die er später in den
Überresten des Wohncontainers gefunden hatte, musste die von Bulk gewesen sein.
    Doch so froh er über Scooters
wundersame Selbsterrettung auch war, stand noch eine weitere Frage zwischen
ihnen.
    »Warum hast du mich daran
gehindert, mir Rygor zu schnappen? Es könnte mein Kind sein, das er gerade in
der Tasche mit sich schleppte. Das Schwein hat Yvette getötet und sehr
wahrscheinlich unser Kind entführt.«
    »Ich weiß, Boss. Sputano hat mir
davon erzählt. Vögelchen aus dem St. Niclas haben ihm ins Ohr gezwitschert,
dass dort systematisch Kinder selektiert werden, um sie in die Außenwelt zu
bringen.«
    »Wundervoll, dass alle außer mir
schon immer Bescheid wussten«, ätzte Torn. »Nur falls es dir noch nicht aufgefallen
ist: Rygor ist jetzt auf und davon, und ich weiß nicht, wie ich ihn jemals
wieder finden soll!«
    »Ich wollte dich nur retten!«
    »Besten Dank auch. Nur habe ich
nicht darum gebeten!«
    »Ohne Waffen wärst du ihm hilflos
unterlegen gewesen, Boss. Und wenn es dir doch gelungen wäre, ihn irgendwie
auszuschalten, hätten dich seine Leute erwischt, sobald die Kabine an ihrem
Bestimmungsort angekommen wäre.«
    Was er da sagte, war schwer von
der Hand zu weisen, aber Torn war keinesfalls besänftigt.
    »Und wenn schon!«, sagte er
trotzig.
    »Mach dir keine Sorge«, sagte
Scooter. »Rygor ist auf dem Weg auf die andere Seite, raus aus der Stadt und
über die Grenze. Aber ich kann dir einen Weg zeigen, wie auch du dorthin
gelangst.«
    »Tatsächlich? Wie denn?«, fragte
Torn ungläubig.
    Scooter schmunzelte. »Eigentlich
hast du es sogar schon gesehen. Du hast es nur nicht verstanden.«
    »Und der Aufzug?«, wollte Torn
verständnislos wissen.
    Scooter wies auf eine kleine
Schalttafel mit Tastenfeld und Kartenschlitz, die neben der Aufzugstür angebracht
war. »Lässt sich nur bedienen, wenn du ’ne entsprechende Magnetstreifenkarte
hast und den Zugangscode kennst. Hast du aber nicht. Ich auch nicht. Also lass
uns jetzt verschwinden. Mir ist es hier zu muffig, und ich habe dir wirklich eine
Menge zu erzählen.«
    Torn zögerte.
    »Na los …«, forderte ihn Scooter
auf und fügte dann hinzu: »… Boss.«
    Er legte Torn den Arm um die
Schultern.
    Halb grollend, halb neugierig
ließ sich Torn von ihm mitziehen.

    Saïna hörte, wie sich
Antonios Schritte hinter ihr wieder entfernten. Der Hall vervielfältigte das
Geräusch, als würde eine Legion von Antonios hinter ihr laufen. Schließlich
brachen die Schritte ab.
    »Geh geradeaus!«, rief er von
irgendwoher.
    Dann fiel weit hinter ihr eine
schwere Tür krachend zu. Das Echo verebbte. Eine Weile lauschte sie in die
Stille. Offenbar war sie nun wirklich allein. Beklommenheit ergriff von ihr
Besitz. Zögerlich nahm sie endlich die Augenbinde ab, die Antonio ihr
aufgenötigt hatte.
    Direkt vor ihr lag ein großes
Portal. So mächtig, dass sie sich davon wie erschlagen fühlte. Die Tür bestand
aus zwei hohen Holzflügeln mit schwerem Bronzebeschlag. Halb ängstlich, halb
neugierig drehte sie sich um. Ein weiter Saal mit eckigen Säulen gähnte ihr
entgegen. Er sah aus wie ein steinerner Wald. Das Geräusch fallender Tropfen
vermengte sich zu einer geisterhaften Sinfonie.
    Sie wandte sich wieder dem Portal
zu. Ein Teil von ihr wollte vor dem wegrennen, was sich dahinter

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