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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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Rücken
nichts weiter als eine der Millionen erbärmlichen Existenzen, die in der Stadt
ihr klägliches Dasein fristeten. Außerdem würde Sputano irgendwen anderes
schicken, um Torn kaltzumachen.
    Immerhin, dort, wo er Torn
hingeschafft hatte, konnte ihm Sputano erst einmal nichts anhaben. Aber
irgendwann würde Torn wieder zurückkehren.
    Hoffe ich
jedenfalls, dachte Scooter zweifelnd.
    Dann schüttelte er den Kopf.
Nein, Torn würde ihn nicht einfach hängen lassen. Nur zu bald würde er wieder
vor Scooter stehen, und dann würde Scooter ihm all das erzählen, an das Torn
sich nicht mehr erinnern konnte. Wie sie sich kennengelernt hatten. Warum man
sie hier eingesperrt hatte.
    Aber damit dieser Moment kommen
konnte, musste er den verdammten Beweis finden, dass nicht Torn es war, der für
den Tod von Emiliano Sputano die Verantwortung trug. Er ballte die Hand zur
Faust und hieb sie gegen den ausgeglühten Stahl des Fahrerhauses.
    Unwillkürlich glitt sein Blick
nach oben.
    Und wenn er …?
    Von ahnungsvoller Ungeduld
angespornt lief er um den Sattelschlepper, bis er hinter der Beifahrertür ein
paar Trittstiegen entdeckte, die bis aufs Dach reichten. Ob das vom Feuer
spröde gewordene Metall sein Gewicht aushalten würde? Nun, er musste es
ausprobieren. Sprosse um Sprosse, bei jedem Tritt die Festigkeit testend, zog
er sich an der Wand des Fahrerhauses nach oben, während ihm unter seinem
Pelzharnisch der Schweiß in Strömen über die Haut rann. Es waren Momente wie
dieser, in denen er sich fragte, wie in aller Welt er damals auf der Suche nach
einer guten Tarnung auf diesen Wikingerfummel gekommen war.
    Nun ja, jedenfalls hatte ihm die
Tarnung bisher beste Dienste geleistet. Den hünenhaften Goten hätte nie jemand
mit Scooter, dem Assistenten eines Masterlevellers, in Verbindung gebracht. Um
die Täuschung perfekt zu machen, hatte er sogar den Schwächling gespielt.
    Ächzend schob er sich schließlich
über den Rand des Dachs. Das Metall knarrte gefährlich unter seinem Gewicht.
Vorsichtig hockte er sich auf alle viere. Sofort fielen ihm die beiden blank
gescheuerten Punkte in der Mitte des vorderen Randes direkt über der Windschutzscheibe
auf. Die Aufsetzpunkte des Zweibeins. Er wusste nun,
dass er an der richtigen Stelle war, aber ein Beweis, den Sputano gelten lassen
würde, war das nicht.
    Langsam ließ er seinen Blick über
das Dach schweifen.
    Nichts.
    War der Kerl schlau genug
gewesen, aufzuräumen, bevor er den Tatort verlassen hatte? Dann sah er das
Loch. Es klaffte ungefähr über dem Beifahrersitz. Er legte sich flach auf den
Bauch und robbte vorsichtig hinüber. Das Metall ächzte zum Gotterbarmen, doch
irgendwie schaffte er es, sich soweit in das Loch zu schieben, dass er von
oben ins Innere des Fahrerhauses blicken konnte. Sein Herz tat einen Sprung,
als ihm irgendetwas aus dem verkohlten Sitz dort unten entgegenglitzerte. Aber
von hier oben aus konnte er nicht genau ausmachen, um was es sich handelte.
Rückwärts schob er sich zurück zu der Leiter und hangelte sich daran nach
unten. Dann stürmte er um die Kabine herum und riss an der Beifahrertür.
    Das verzogene Metall ließ sich
nicht bewegen. Also nahm er seine Axt vom Gasglider und benutzte sie als Hebel.
Kreischend öffnete sich die Tür. Scooter zog sich hoch und besah sich den
verbrannten Beifahrersitz.
    Dann stieß er einen kleinen
Jubelschrei aus. Eine Geschosshülse, großkalibrig, typisch für Gewehre mit größerer
Reichweite. Scooter lächelte zufrieden.
    Nun muss ich
nur noch Sputano herschaffen, damit er sich selbst überzeugen kann, dachte er, während er die Beifahrertür wieder zudrückte.
    Gut gelaunt und pfeifend schwang
er sich auf seinen Gasglider und brauste in Richtung Stadt davon.

13
    »Du solltest nicht hier
sein«, sagte der Mann, der plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war und ihr den
Weg versperrte.
    Er stand außerhalb des
Lichtkegels der kleinen Deckenlaterne, sodass sie nur seine dunkle Silhouette
sah. Dennoch erkannte sie ihn sofort.
    »Antonio!«
    »Gut geraten.« Er trat ins Licht.
In seiner Hand blitzte etwas Langes, Metallisches. Eine Machete.
    Saïna musste schlucken. Das Ding
sah gemeingefährlich aus. »Hab deine Stimme erkannt«, sagte sie in der Hoffnung,
dass er ihr ihre Furcht nicht anhörte.
    »Tatsächlich?«
    »Hat so was Kriecherisches.«
    »Sagte das Kaninchen zur
Schlange.«
    Sie maßen einander mit Blicken.
Saïna sah keine Chance, in der schmalen Gasse an ihm vorbeizukommen. Und

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