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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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wickelte sie sich eine lange dunkle Haarsträhne um den Finger. »Mensch, das tut mir so leid. Zu dumm, das macht sicher keinen guten Eindruck, gerade jetzt, wo der Posten des Marketingleiters für dich auf dem Spiel steht. Da kannst du so einen Patzer nun wirklich nicht brauchen.«
    Das waren genau die richtigen Worte, um mich aufzubauen! Ich hoffte, Yvonne würde nie auf einen Suizidgefährdeten treffen. Als wüsste ich nicht selbst, dass ich mir im Augenblick keinen Fehler erlauben durfte! Aber Yvonne konnte ja schließlich nichts dafür, dass ich ihren Zettel übersehen hatte.
    »Wann kommt der Fotograf?« Obwohl mein Magen vor Aufregung Purzelbäume schlug, versuchte ich, Ruhe zu bewahren.
    »In zwanzig Minuten.«
    Ich dachte fieberhaft nach. Um noch mal nach Hause zu fahren und mich in Schale zu schmeißen, reichte die Zeit nicht. Was also tun? Eins war sicher: Für die Imagebroschüre eines gehobenen Hotels konnte ich mich unmöglich in Jeans und Schlabberbluse ablichten lassen. Doch wo bekam ich auf die Schnelle ein paar vorzeigbare Klamotten her? Ich konnte ja wohl schlecht einen unserer weiblichen Gäste bitten, mir ein Kostüm oder einen Hosenanzug zu borgen. Mist, verdammter! Was ich jetzt brauchte, war ein Wunder.
    Das erhoffte Wunder blieb aus. Dafür bekam ich Hilfe von einem rettenden Engel. Der Engel hieß Marie und war die Inhaberin der kleinen Hotelboutique, in der unsere Gäste für fast jeden Anlass die passenden Klamotten nebst Schuhen und zugehörigen Accessoires fanden. Ich stöberte in der Mittagspause gerne in der Boutique herum und hatte mir auch schon das eine oder andere Mal einen besonders schicken Gürtel oder ein raffiniertes Top gegönnt. Für mehr reichte in der Regel weder die Zeit noch mein Geldbeutel, denn leider war die Mode, die Marie in ihrem Laden führte, nicht ganz preiswert. Schon der melodische Dreiklang der Ladenglocke, der mich beim Betreten der Boutique empfing, klang exquisit und teuer. Aber es hilft ja nichts, seufzte ich innerlich. Das war eindeutig der falsche Zeitpunkt zum Sparen. Mir würde wohl nichts anderes übrig bleiben, als in meine Zukunft und in meine Karriere zu investieren.
    »Guten Morgen, Melina!«, begrüßte mich Marie, in Erwartung eines kleinen Plausches unter Kollegen erfreut. »Schön, dass du mal wieder vorbeischaust. Magst du einen Kaffee? Oder vielleicht lieber eine Tasse Te e?«
    »Marie, du bist meine letzte Rettung«, fiel ich, ohne mich lange mit Vorgeplänkel aufzuhalten, gleich mit der Tür ins Haus. »Heute findet das Fotoshooting für den Hotelprospekt statt, und irgendwie ist mir der Termin völlig durchgegangen. Nun muss ich auf die Schnelle irgendwo ein passendes Outfit auftreiben. Kannst du mir aus der Patsche helfen?«
    Marie legte den Kopf schräg und musterte mich mit leicht zusammengekniffenen Augen von oben bis unten. »Ich glaube, ich hab da genau das Richtige für dich.«
    Ihre Worte in Gottes Gehörgang! Allerdings hatte ich so meine Zweifel, ob es ihr gelingen würde, mich in der Kürze der Zeit neu einzukleiden. Wenn ich ein Mann gewesen wäre, hätten zehn Minuten locker ausgereicht, um das passende Outfit zu finden. Und anschließend noch in aller Ruhe die Zeitung zu lesen und zu frühstücken. Männer shoppen anders als wir Frauen. Sie bevorzugen den Konsumquickie: Rein, raus, fertig! Frauen hingegen finden es völlig normal, auf der Suche nach der ultimativen Jeans etliche Kilometer zurückzulegen, ihre kostbare Freizeit in stickigen Umkleidekabinen zu verbringen und ein halbes Dutzend Verkäufer in den Wahnsinn zu treiben. Was das betraf, war ich keine Ausnahme. Marie machte mir allerdings nicht den Eindruck, als wäre sie leicht aus der Ruhe zu bringen. Sie verschwand zielsicher hinter einem Kleiderständer und kehrte kurz darauf mit einem schwarzen Kostüm in der Hand zurück. »Ein echter Klassiker«, schwärmte sie. »Schick, elegant, modern und doch zeitlos, mit einer kleinen sportlichen Note.«
    Konnte Marie eigentlich Gedanken lesen? Kein Wunder, dass ihre Boutique florierte. Genau so ein Kleidungsstück hatte ich mir immer gewünscht. Das schwarze, leicht taillierte Kostüm war ein echter Joker: passend für alle Gelegenheiten. Und es saß wie angegossen. Als ich aus der Umkleidekabine trat, nickte Marie wohlwollend. »Perfekt.«
    »Ich glaube kaum, dass ich mir das gute Stück leisten kann.«
    »Also, ich bitte dich, bei deiner Figur«, protestierte Marie. »Schlank wie eh und je. Und das in deinem Zustand

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