Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
Vom Netzwerk:
ihm dennoch etwas fürs Leben gelernt: den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. In den seltensten Fällen war bei seinen Versuchen das passiert, was das Lehrbuch vollmundig versprach. Einmal hätte er um ein Haar die ganze Schule in die Luft gejagt – von da an traute sich keiner mehr in den Physikstunden blauzumachen. Zu groß war die Gefahr, ein so freudiges Ereignis wie einen Schulbrand zu verpassen.
    Zumindest schien es Charlotte nun endlich gelungen zu sein, das Vakuum aus ihrem Kopf zu vertreiben. »Ach, der Hasenkötter.«
    Meine Güte, wie viele Hasenkötter kannte Charlotte denn?
    »Was hältst du davon, ein Klassentreffen auf die Beine zu stellen?«, schlug Kai vor. »Hast du noch mit jemandem von früher Kontakt?«
    »Nicht so direkt«, log Charlotte völlig überrumpelt und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu. Leider fiel mir so ad hoc jedoch auch nichts ein, womit ich Charlotte aus dieser misslichen Lage retten konnte.
    »Was ist denn aus deiner Freundin geworden? Wie hieß sie noch gleich …?«
    Anstelle einer Antwort quietschte Charlotte entsetzt auf. »Was, so spät schon? Tut mir leid, ich muss jetzt wirklich los.«
    »Aber du bist doch gerade erst gekommen«, protestierte ich und sah Charlotte flehend an. Sie konnte mich doch nicht einfach mit Kai allein lassen!
    »Manchmal vergeht die Zeit eben wie im Flug.« Meine Freundin griff nach ihrer Wickeltasche. Dann wandte sie sich zum Gehen. »Tschüss zusammen.«
    Charlotte stand schon in der Tür, als Kai ihr von hinten auf die Schulter tippte. »Äh … Charly, du hast was vergessen.«
    »Hmmm?« Sichtlich unwillig drehte Charlotte sich noch einmal um.
    »Dein Kind.« Kai übergab ihr Ben. »War nett, dich mal wieder getroffen zu haben.«
    Charlotte murmelte sich irgendetwas in den Bart, was ebenso gut ein Abschiedsgruß wie eine Verwünschung hätte sein können. Insgeheim tippte ich auf Verwünschung, wollte aber auch den Abschiedsgruß nicht gänzlich ausschließen.
    Kurz darauf fiel die Wohnungstür mit einem lauten Knall ins Schloss. Nach einem kurzen Moment der Stille räusperte sich Kai. »Ich will ja nicht indiskret sein. Und eigentlich geht es mich auch nichts an. Aber: Ist mit Charlotte alles in Ordnung? Oder hat sie … ähm … wie soll ich es sagen, hat sie vielleicht ein psychisches Problem?«
    »Charlotte? Ein psychisches Problem? Wie zum Teufel kommen Sie denn darauf?«
    »Irgendwie fand ich ihr Verhalten merkwürdig. Sie wirkte so fahrig, beinahe gehetzt. Und dann auch noch dieser überstürzte Aufbruch … Um ein Haar hätte sie ihr Kind vergessen.«
    »Ach, das.« Erleichtert, dass die Begegnung mit seiner alten Klassenkameradin bei Kai keine anderen Fragen als die nach Charlottes Geisteszustand hervorgerufen hatte, winkte ich ab. »Das sind bestimmt die Hormone. Nach der Geburt ist so etwas ganz normal.«
    »Na, wenn Sie meinen.«
    Kai schien von meiner Theorie noch nicht restlos überzeugt zu sein. Was nicht weiter verwunderlich war. Schließlich berichtete die Presse nicht gerade täglich von vergessenen oder verloren gegangenen Babys, die in der S-Bahn oder zwischen Supermarktregalen entdeckt und im Fundbüro abgegeben wurden.
    Doch bevor er weiter nachbohren konnte, kam ich ihm hastig zuvor: »Wenn Sie Ihr Wasser dann jetzt ausgetrunken haben …«
    »… werde ich mich wohl mal langsam frisch gestärkt an den Abstieg wagen.« Kai leerte sein Glas auf ex. »Schon verstanden. Ich will Sie nicht länger aufhalten. Sicher haben Sie noch was vor.«
    »So ist es.«
    Was noch nicht einmal gelogen war. Tatsächlich hatte ich noch Pläne für den Abend: Ich wollte die Spülmaschine ausräumen, mein Bett neu beziehen und es mir anschließend mit einem guten Buch auf dem Sofa gemütlich machen. Conrad traf sich zum Essen mit Susanne, seiner Noch-Ehefrau. Um Geschäftliches zu besprechen, wie er mir versichert hatte. Immerhin besaßen die beiden nicht nur eine gemeinsame Tochter, sondern auch ein gemeinsames Hotel. Da gab es sicher so einiges zu klären …

Kapitel 8
    H uch, was war denn das?!
    Auf meinem Schreibtisch stand ein großes, in dunkelblaues Geschenkpapier gehülltes Paket mit einer riesigen roten Schleife darauf. Ein Geschenk? Hatte ich etwas verpasst? Womöglich meinen eigenen Geburtstag? Nein, ich war im Januar geboren, obwohl Charlotte felsenfest davon überzeugt war, dass mich die Ärzte viel zu früh per Kaiserschnitt auf die Welt gezerrt hatten. Laut meiner Freundin war ich nämlich ein typischer Fisch, kein

Weitere Kostenlose Bücher