Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
Fehltritt, einen Viertelpfünder allein zu essen. Die Oberkellnerin sieht sich nach einem anderen Angestellten um. Sie scheint völlig hilflos zu sein. Man nimmt doch eigentlich an, dass ein teures Restaurant seine Angestellten ordentlich ausbildet.
»Äh, warten Sie bitte hier. Ich glaube, wir haben noch einen Zweiertisch, den Sie haben können.« Sie sieht sich verwirrt um. »Ich bin sofort wieder da.« Sie lächelt, schaut mir aber nicht in die Augen. Sie tut so, als wäre noch niemals jemand allein hierhergekommen. Es muss doch andere Leute geben, die allein essen gehen, im Kino sieht man sie ständig.
Ich spähe durch die eingetopften Farne in den Speiseraum. Es gibt keinen einzigen Tisch mit nur einer Person. Es gibt Tische mit lachenden Paaren, mit Familien und mit großen Gruppen von Leuten, die wohl Freunde sein müssen. Moment mal, ich seufzte vor Erleichterung auf, dahinten sitzt ein Mann allein. Ich schaue genauer hin. O MEIN GOTT! Ich drehe mich um und schnappe nach Luft. Doug sitzt dort hinten ganz allein. Ich überlege, was ich tun soll. Soll ich zu ihm gehen, lächeln und sagen: » Scheint, als wären wir heute Abend beide allein, willst du zu mir an den Tisch kommen?« Nein, etwas sexier: » Möchtest du lieber Gesellschaft anstatt eines Abendessens?« Nein, nicht mein Stil. Vielleicht direkter: »Wir sind allein hergekommen, wir könnten gemeinsam nach Hause gehen.« Nein, das bringe ich nicht. Ich werde einfach nur an meinen Tisch gehen, mich hinsetzen, essen und lesen, wie ich es vorgehabt hatte, und dabei so tun, als sähe ich ihn nicht. Wenn Doug dann bemerkt, wie wohl ich mich allein fühle, wie die anderen Leute mich wie eine geheimnisvolle Frau ansehen, wird ihm klar werden, dass er einen Fehler begangen hat. Er wird an den Tisch kommen, sich vorbeugen und ein bisschen stottern. »Sophie«, wird er flüstern, »ach, Sophie... ich …«
Moment mal. Wer ist das denn? Da hat sich gerade jemand zu Doug an den Tisch gesetzt. Er ist nicht allein. O Gott, jemand anderes gesellt sich zu ihm. Ich krieche praktisch durch den Farn, um besser sehen zu können. Es ist die Melone aus der Waschküche. Sie sind doch erst gestern Abend essen gegangen! Zwei Abende nacheinander? Was ist, kann sie nicht kochen? Er beugt sich vor und küsst sie auf die Wange. Ich höre, wie er sie »Melanie« nennt, während er ihr Blumen überreicht. Er kauft nie Blumen. Er findet, es ist rausgeworfenes Geld, da sie einfach verblühen. Was die Frage aufwirft, warum er Geld für Bier ausgibt, da er es ja doch wieder pinkelt.
O Gott. Er und diese Melanietussi werden sehen, wie ich allein esse. Ich werde nicht wie eine intellektuelle, geheimnisvolle Frau aussehen, ich werde aussehen wie jemand, der niemanden hat, der mit ihm essen geht, abgesehen von einem Buch, das er bereits hunderte Male gelesen hat. Ich gehe. Das tue ich mir nicht an. Das Ganze war ein Fehler. Er hat mich nicht gesehen, ich werde also einfach verschwinden und mir Thai-Essen zum Mitnehmen kaufen.
Ah! Er schaut hierher! Ich knie mich hin. Hier unten kann er mich nicht sehen. Alles in Ordnung, denke ich. Er kann mich nicht gesehen haben. Höchstens ein unscharfes Gesicht hinter den Farnen. Er kann nicht mal vermuten, dass ich es bin. Ich werde einfach einen Augenblick lang hier unten bleiben und dann gehe ich. Kein Problem.
Mist. Die knochigen Fesseln des Hungerhakens in Schuhen, die sicher mehr als meinen Monatslohn kosten, stehen direkt vor mir. Ich schaue auf und sehe, dass sie eine Speisekarte in ihren dürren Händen hält.
»Miss? Ihr Tisch ist bereit.« Ich glaube, sie versucht so zu tun, als würde ich nicht auf allen vieren vor ihrem Pult auf dem Boden kauern. Wenn sie schon eine Frau, die allein essen möchte, aus der Bahn geworfen hat, muss sie bei einer Frau, die auf dem Boden herumkrabbelt, völlig durcheinander sein. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Ausbildung für die Gastronomie diese Situation nicht anspricht. »Ist alles in Ordnung, Miss?« Sie sieht sich nach Verstärkung um.
»Ja, natürlich. Alles ist in Ordnung. Ich, äh, habe nur mein Buch fallen lassen.« Ich halte es hoch.
»Aha.« Sie steht einen Moment lang da, aber ich bleibe hocken. »Äh, brauchen Sie Hilfe beim Aufstehen?«
»Nein«, sage ich und bemühe mich, beleidigt zu klingen. »Es geht mir gut. Ich wollte nur einen Augenblick äh, beten. Sie haben doch nichts dagegen, wenn jemand vor dem Essen betet, oder?« Ich falte meine Hände und senke den Kopf. Ich vermute,
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