Aszendent Liebe: Roman (German Edition)

dass die Oberkellnerin sich gerade überlegt, ob sie es bis in die sichere Küche schaffen kann oder ob ich sie vorher einhole. »Hören Sie, vielleicht ist es das Beste, wenn ich gehe. Können Sie mir die Tür öffnen?«
    Sie nickt ein bisschen zu enthusiastisch und macht vorsichtig einen großen Schritt um mich herum, um mir die Tür zu öffnen. Ich krieche auf allen vieren hinaus, mit so viel Würde wie möglich. Was sehr wenig ist, wie sich herausstellt. Drau ßen stehe ich schnell auf und entferne mich von den Restaurantfenstern. Ich lehne mich gegen die Ziegelmauer und atme tief ein. Das war knapp.
    Ich öffne die Augen und sehe ihn. Dougs Mercedes parkt genau vor dem Restaurant. Auf der anderen Straßenseite herrscht absolutes Halteverbot, es wird abgeschleppt. Ich beschließe plötzlich, an Schicksal, Karma, göttliche Botschaften, oder wie immer man es nennen will, zu glauben. Realistisch zu sein ist ja ganz gut, aber jetzt ist es an der Zeit, sich auf eine höhere Macht zu verlassen. Ich schließe die Augen und bitte Gott um eine Botschaft, ein Zeichen. Ich schüttele meine Handtasche und höre sie, Dougs Zweitschlüssel rollt auf dem Taschenboden zusammen mit meinem Schlüssel hin und her. Ich schüttele die Tasche noch einmal. Die Schlüssel klirren beruhigend. Aus der Operation »Bring ihn nach Hause« wird die Operation »Erteile ihm eine Lektion«.
    Ich glaube, dass Dinge aus bestimmten Gründen geschehen. Und dieser Grund ist pure, fantastische Rache. Ich habe eigentlich gar keine Wahl, wir reden hier über göttliches Eingreifen. Ich springe ins Auto und gebe im Leerlauf Gas. Ich fahre den Mercedes auf die andere Straßenseite, parke ihn und steige aus. Während ich mich entferne, riskiere ich einen Blick zurück und sehe, wie ein Verkehrspolizist neben Dougs Wagen anhält. Er spricht bereits in sein kleines Funkgerät auf der Schulter mit dem Abschleppwagen. Perfekt. Ich winke ihm kurz zu und laufe die Straße entlang in Richtung des Theaters.

Vier
     
    WIDDER
     
    Die Lösung eines Problems, über das Sie grübeln,
wird sich heute auf eine unerwartete Weise zeigen.
Verwöhnen Sie sich, Sie haben eine sensible Seite,
die besonderer Pflege bedarf.
    Ich will früh mit der Arbeit beginnen, damit ich mit der Recherche für Nick anfangen kann. (Und weil ich nicht schlafen kann, aus Angst, Doug könnte mich gestern Abend gesehen haben und mich jetzt wegen Belästigung verhaften lassen.) Ich wollte eigentlich nur ein hart gekochtes Ei zum Frühstück essen, aber all diese Sorgen haben mich hungrig gemacht. Ich werde ab heute Nachmittag wieder auf Diät sein, sage ich mir, aber jetzt mache ich mir erst mal einen Apfelauflauf. Schließlich stecken darin auch alle möglichen Frühstückszutaten: Äpfel, Haferflocken und Butter, was ja auch ein Milchprodukt ist. Stimmt’s? Obst, Ballaststoffe und Milch. Wenn man es recht überlegt, ist es eigentlich richtig ausgeglichen. Während der Auflauf im Ofen gebacken wird, springe ich unter die Dusche, und als ich mir die Haare föhne, erfüllt der Geruch von gebackenen Äpfeln und Zimt das Haus. Ich nehme mir einen großen Teller voll und schalte die Morgennachrichten ein.
    Laut Wetterbericht gibt’s noch mehr Regen. Die Regierung macht Schulden. Der Verkehr ist heftig. Ich schwöre, manchmal sind die Nachrichten fast komplett identisch, egal, an welchem Tag man sie sieht. Ich ziehe Mac, meinen Scottish Terrier, auf den Schoß. Er kuschelt nicht gern. Er ist eher ein unabhängiger Hund, mag Zuneigung, aber zu seinen eigenen Bedingungen. Doug hat immer gesagt, dass Mac mehr eine Katze denn ein Hund sei. Ich glaube, er meinte das als Beleidigung.
    Nach der Hälfte des Apfelauflaufs habe ich genug. Das Geheimnis einer erfolgreichen Diät ist zu wissen, wann man genug hat. Ich beschließe, das hart gekochte Ei fürs Mittagessen mitzunehmen. Die Nachrichten sind vorbei, und der fröhliche Moderator widmet sich dem Veranstaltungskalender. Er erwähnt die Esoterikmesse, und ich sehe gerade auf, als ein Foto von Gary Krull eingeblendet wird. Er ist ein durchschnittlicher Typ und sieht nicht wie ein Medium aus: kein schwarzer Umhang, kein Zaubererhut. Er wirkt meiner Meinung nach ein bisschen weibisch, als würde er ziemlich viel Geld für Schnurrbartpflege und andere Haarpflegeprodukte ausgeben. Vertraue niemals einem Mann, der zu viel Gel verwendet. Gary sieht langweilig normal aus, abgesehen von seinem Haartick. Mann, ich sehe mehr wie ein Medium aus als er. Ich frage