Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
widerrufe.
»Es sei denn, du hast noch einmal darüber nachgedacht, reinen Tisch zu machen?«
»Nein, tut mir leid, ich glaube, das wäre keine gute Idee.« Er nickt, als hätte er die Antwort schon im Voraus gewusst. Wir stehen da und sehen uns einen Augenblick lang an.
»Ich wünschte...«, kann Nick noch sagen, bevor Jane auftaucht.
»Wale!«, schreit sie. Nick und ich drehen uns beide zu ihr um. Was wünschte er? Ich will, dass er seinen Satz beendet, aber er ist abgelenkt. Das ist nur zu verständlich, da Jane kreischt und mit den Armen rudert. »Wale!«, schreit Jane noch mal. »Da ist ein ganzer Schwarm, Orcas, auf der rechten Seite.«
»Steuerbord?«, fragt Nick.
»Richtig, steuerbord, kommt schnell!« Ich sehe Nick einen Moment lang an, und dann laufen wir drei die Treppe hoch an Deck. Ich beuge mich über die Reling, und einen Augenblick lang sehe ich nichts als große, graublaue, wogende Wellen, dann brechen sie durch die Oberfläche.
Es ist ein Schwarm von ungefähr sechs Killerwalen, ihre Rückenflossen glänzen ölig schwarz, als sie durch die Wellen schwimmen und die Fähre jagen. An der Küste vor Vancouver gibt es viele Wale, aber jedes Mal, wenn ich welche sehe, wirken sie auf mich mehr wie Fantasietiere, als würde man Einhörner über sich hinwegfliegen sehen. Diese riesigen, wunderschönen Tiere, die prusten und tauchen, wecken in mir das Bedürfnis zu jubeln, als würde ich meine persönliche Version von Free Willy betrachten.
»Seht sie euch an!«, schreie ich niemand Speziellem zu. Nick nimmt meine Hand und drückt sie. Ich schaue ihm in die Augen und sehe, dass er es ebenfalls fühlt. Das ist Magie, die Art von Magie, an die auch er glaubt. Als spürten sie das Publikum, beginnen die Wale eine Show, sie springen aus dem Wasser, sodass sich das Schwarz und das Weiß vermischen. Ich laufe auf und ab, schaffe es aber gleichzeitig, Nicks Hand festzuhalten.
Noch ein paar Leute haben die Wale bemerkt. Diejenigen mit Kameras knipsen wie wild. Ich wünschte, ich hätte eine Kamera, dann könnte ich den Moment festhalten, aber ich bin froh, sie nicht durch einen Sucher zu sehen. Ich drehe mich um und schaue durch die Fenster der Fähre. Ich sehe Leute, die drinnen Zeitung lesen, miteinander reden oder mit Handys telefonieren. Sie wissen entweder nicht, dass die Wale hier draußen sind, oder es ist ihnen egal. Nach ein, zwei Minuten hören die Wale mit dem Springen auf, als würde sie das Spiel langweilen, und nach ein paar weiteren Minuten entfernen sie sich nach links. Ich würde den Kapitän gern anschreien, er solle ihnen folgen, aber es ist schließlich eine öffentliche Fahrt, keine Whalewatching Tour. Ich habe das Bedürfnis, ins Wasser zu springen und hinter ihnen her zu schwimmen.
»Das war fantastisch«, sagt Nick und bricht endlich das Schweigen. Ich drehe mich zu ihm um und habe das dringende Bedürfnis, ihn zu küssen. Er drückt meine Hand und bemerkt dabei den Ring. Er sieht ihn an. Der Ring hockt auf meinem Finger wie eine riesige, diamantene Kröte. Er zieht meine Hand näher ans Gesicht, als könne er nicht glauben, was er da sieht. »Bist du verlobt?«, stottert er.
»Nein.« Ich schwöre, das Wort kam von selbst über meine Lippen. Jane wirbelt herum und sieht mich an, als würde ich in Zungen sprechen. »Ich meine, genau genommen wohl doch.« Nichts scheint jetzt das Richtige zu sein.
»Genau genommen?«, fragt Nick.
»Na ja, ich meine, es ist kompliziert. Ich meine, Doug hat mich gefragt.« In dem Moment sehe ich Doug und Jeremy näher kommen. Ich lasse Nicks Hand los, als hätte sie Feuer gefangen. Ich spüre, wie mir Blut in den Kopf schießt, als hätte ich etwas Schlimmes getan. Ich mache einen Schritt, als wollte ich weggehen, aber es gibt keinen Fluchtweg.
»Da bist du ja«, sagt Doug. »Ich habe den Stapel Zeitschriften gefunden und mich schon gefragt, ob du entführt wurdest. Ich konnte mir keinen anderen Grund denken, warum du sie sonst liegen lässt.« Er klatscht Jeremy männlich auf die Schulter, und sie lachen über meine albernen Mädchenangewohnheiten.
»Jane hat einen Schwarm Wale entdeckt.« Doug sieht aufs Wasser. »Jetzt sind sie weg«, sage ich und spreche damit das Offensichtliche aus, da weit und breit kein Wal zu sehen ist. Doug dreht sich wieder zu mir um und bemerkt Nick. Sein Gesicht wird hart, sein Kinn kantiger. Oh-oh .
»Was machst du denn hier?«, fragt Doug Nick und zieht mich zu sich. Er tut so, als sei Nick ein Sexualstraftäter,
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