Aszendent zauberhaft
Und nun lagen sie und Rocky Lancaster Rücken an Rücken, Haut an Haut und Jogginghose an Jogginghose in Gesellschaft von mindestens hundert anderen Leuten unter einer ausgemusterten Armeedecke.
Sie hielt sich so weit wie möglich von ihm fern und machte sich ganz steif. Oh Mann, das war ja die reine Folter. Jede Faser ihres Körpers sehnte sich danach, sich umzudrehen und den Arm um Rockys Taille zu legen und sich an ihn zu kuscheln.
Sie verrückte den Kopf ein wenig auf dem Kopfkissen, und die Luftmatratze bebte.
»Nicht bewegen!«, zischte Rocky. »Nicht einen Millimeter, okay?«
»Okay, okay.« Sie lächelte im Dunkeln. »Schnarch du nur nicht.«
»Ich schnarche nie. Wie ist es mit dir?«
»Liebe Güte, nein.«
»Gut. Gute Nacht, Phoebe.«
»Nacht.«
Es war im Grunde erstaunlich gemütlich, dachte sie schläfrig. Nach den ungewöhnlichen Ereignissen der Nacht warm
und kuschelig im Dunkel des Gemeindesaals zu liegen: Von draußen hörte sie das unablässige schreckliche Heulen des Windes, unterbrochen von gelegentlich aufheulenden Böen, die an den Fenstern klapperten und durch die Dachbalken pfiffen. Und dann war da der Regen, der nach wie vor in Sturzbächen vom Himmel strömte, gegen die Fenster klatschte und auf das Dach trommelte.
Phoebe öffnete ein Auge. Reihen provisorischer Betten erstreckten sich auf beiden Seiten des Saales. Die meisten Leute schliefen inzwischen oder versuchten es zumindest. Manche saßen aufrecht und unterhielten sich leise, andere starrten bloß vor sich hin, schlichtweg zu übermüdet oder überreizt, um zu schlafen. Die Luft war warm, und feuchte Kleider trockneten auf den Heizkörpern. Und die wunderbaren Damen des WRVS waren noch immer im Dienst, kochten noch immer leise Tee und Kaffee und versorgten die erschöpft durch die Tür stapfenden Feuerwehrleute, Polizisten und Helfer der Umweltbehörde mit Verpflegung.
Sie fühlte sich sicher und geborgen wie in ihrer Kindheit, wenn sie in beängstigenden Gewitternächten in ihr Bett gekuschelt gehört hatte, wie ihre Eltern im Erdgeschoss unbekümmert über irgendetwas im Fernsehen lachten, und sie wusste, dass ihre Welt in Ordnung war.
Und hier lag sie nun mit Rocky im Bett. Nun, auf einer Luftmatratze. Sie lächelte erneut ins Dunkel und schloss die Augen, in dem Bewusstsein, dass sie nie im Leben auch nur eine Sekunde lang würde schlafen können.
»Alles aufwachen!«, flötete Elegant-Beige, und der Klang ihrer Stimme drang in Phoebes schlaftrunkenes Gehirn. »Raus aus den Federn! Es ist halb acht. Zum Frühstück gibt es Tee, Kaffee, Rührei mit Speck, Toast und Marmelade. Bildet eine
ordentliche Schlange vor den Waschräumen – wir haben Notfallpäckchen mit Seife und Zahnpasta -, und dann stellt ihr euch auf dieser Seite des Wasserkochers an, wo Irene euch das Frühstück serviert.«
Unter Gähnen, Kratzen, Ächzen und Räkeln erwachte der Saal allmählich zum Leben.
Phoebe schlug die Augen auf. Es war heller Tag, und sie hatte höchstens drei Minuten lang geschlafen.
»Du schnarchst«, sagte Rocky direkt in ihr Ohr, »aber nur ein bisschen und ganz mädchenhaft. Klingt mehr wie ein sanftes Schnauben.«
Oh mein Gott. Sie hatte die Nacht mit Rocky Lancaster verbracht!
Ruckartig setzte sie sich auf, sodass sie beide von der Luftmatratze purzelten.
»Hi!« Er grinste sie an. »Himmel, siehst du morgens aber zerknittert aus.«
»Danke, gleichfalls.« Was jedoch nicht stimmte. Zerzaust und unrasiert sah er fantastisch aus. Rasch fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar und wischte eventuell verschmierte Wimperntusche hoffentlich fort. »Ooh, ich brauche Kaffee und ein Klo und Zahnpasta – aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.«
»Ich auch, aber es scheint, als müssten wir um diese Privilegien mit Heerscharen von Rentnern kämpfen.
»Das dürfte dir ja nicht schwerfallen.« Phoebe streckte die verkrampften Beine aus und ließ die überhängenden Jogginghosen wie Flossen flappen. »Schließlich bist du hier ja derjenige mit offizieller Qualifikation im Nahkampf. Ach, weißt du, meine Eltern werden sehr böse darüber sein, dass ich die Nacht mit einem entlassenen Sträfling verbracht habe.«
»Während es meine ganz und gar nicht erstaunen wird, dass
ich mit einer Hexe geschlafen habe. Gut, lass uns erst die Körperpflege erledigen und danach das Frühstück holen. Dann sollten wir wohl nach Hause und den Schaden begutachten, bevor wir zur Arbeit gehen.«
»Arbeit?«, quiekte Phoebe. »Arbeit? Man
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