Aszendent zauberhaft
Twilights – das Altersheim am Rand von Hassocks, das kennst du doch -, und scheinbar haben einige ihrer Bewohner ein bisschen den Aufstand geprobt, von wegen sie wollen mehr Programm, mehr Angebote, und einer der Punkte, den die Damen dort beanstandet haben, war, dass sie nicht rauskommen, um sich die Haare machen zu lassen und so. Also fragt Joy, um sie bei Laune zu halten, offenbar bei allen Firmen im Ort wie bei uns und bei Jennifer Blessings Schönheitssalon herum, ob wir nicht dort im Heim preisgünstige Hausbesuche machen wollen.«
»Und du hast zugesagt und mich vorgeschlagen? Ach, Pauline, das ist wirklich nett von dir. Vielen, vielen Dank.«
»Ja, aber nur wenn du möchtest, das weißt du ja. Das bringt zusätzliche Einkünfte sowohl für dich als auch natürlich für Cut’n’Curl, aber die Termine müssen wahrscheinlich hauptsächlich abends stattfinden, weil du tagsüber ja hier gebraucht wirst und …«
»Passt perfekt.« Phoebe hatte ihren restlichen Keks heruntergeschluckt. »Ich brauche etwas zu tun, um meine freie Zeit auszufüllen, und der Zusatzverdienst kommt mir gerade recht, ganz zu schweigen vom steigenden Umsatz für Cut’n’Curl, wovon wir ja beide profitieren. Außerdem geht es wahrscheinlich hauptsächlich um Waschen und Legen oder Dauerwellen, nicht wahr? Das Standardprogramm. Wann soll ich anfangen?«
»Nächste Woche, wenn es dir recht ist«, hatte Pauline erfreut geantwortet. »Ich gebe Joy Tugwell gleich Bescheid, dann kann sie es den Bewohnern mitteilen, und wir organisieren alles und machen einen Plan für deine Termine.«
So, dachte Phoebe, sie stand in der dunkler werdenden Türöffnung und atmete die Düfte von Jasmin und Geißblatt aus dem verblühenden Garten ein, während sie dem gluckernden Rauschen des Kennet auf seiner unablässigen Reise lauschte und in der allumfassenden Stille schwelgte, dies war also ihre erste Nacht hier allein. Die erste Nacht ihres restlichen Lebens – allein …
Würde sie es schaffen? Nun, sie tat ihr Bestes, aber es war sehr seltsam ohne Ben. So still. So einsam, in dem Wissen, dass er nicht nach Hause käme. Sie spürte ein Schluchzen in ihrem Hals aufsteigen und schluckte es schnell herunter.
Mach dir einen schönen Abend, ermahnte sie sich streng. Sei erwachsen. Gieß dir ein Glas Wein ein oder zwei, setz dich eine Weile in den Garten, schau dir irgendwas Anspruchsloses im Fernsehen an, geh zu Bett, wenn dir danach ist, und genieße es, in dieser herrlich friedlichen Ruhe allein zu sein. Sieh positiv in die Zukunft. Denk nicht über die Vergangenheit nach. Lass es einfach gut sein.
Leichter gesagt, als getan.
Gerade als sie in die Küche gehen wollte, um eine Flasche Chardonnay aus dem Kühlschrank zu holen, wurde die sanfte Stille unsanft durchbrochen, indem jemand die Haustür aufstieß. Ein lauter Fluch erklang, mit lautem Getöse polterte jemand die Treppe hinauf und versuchte unter weiterem Getöse – beim ersten Versuch offenbar vergeblich – die Tür der oberen Wohnung aufzuschließen, und dann, nachdem es geglückt war, folgte noch heftigeres Poltern, als jemand seine Sachen absetzte und über den Boden stampfte, dass bei Phoebe die Decke wackelte.
Mehrere weitere laute Plumpser zeigten an, dass etwas Schweres fallen gelassen wurde. Dann donnerten die Fußtritte wieder treppab.
Der Vorgang wiederholte sich noch zwei weitere Male, danach herrschte Stille. Phoebe, inzwischen beim zweiten Glas Wein, atmete erleichtert aus. Leider währte die Erleichterung nur kurz.
AC/DC dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke aus dem Obergeschoss, sodass nicht nur die Decke, sondern auch die Fenster und Phoebes ausgefranste Nerven erzitterten.
»Neeiiin«, stöhnte sie. »Keine neuen Nachbarn – keine lauten neuen Nachbarn! Nein – nicht ausgerechnet heute Abend – das ist so was von unfair!«
Während sie den Namen an ihrer Türklingel in »Bowler« geändert hatte, hatte Mindy an der oberen den Namen »Lancaster« belassen. Phoebe überlegte, wer die neuen Mieter waren, und wie der neue Name wohl lauten mochte. »Bescheuerte höllische Krachmacher« würde gut passen, dachte sie ärgerlich, packte die Weinflasche und das Glas und verzog sich in den abgeschiedenen Innenhof.
Doch draußen im Garten tönte der Krach von oben noch lauter als drinnen, also kehrte sie in die Wohnung zurück,
kippte ein weiteres großes Glas Wein herunter und wartete zehn quälende Minuten lang ans Spülbecken gelehnt.
Der Lärmpegel steigerte
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