Aszendent zauberhaft
sich, als zu der gedankenbetäubenden Musik von AC/DC noch Geräusche kamen, als würden sich dreizehn Sumo-Ringer eine Schlägerei liefern.
Genug war genug.
Gestärkt durch den Wein, und weil sie wusste, dass sie mit den neuen oberen Nachbarn nie auch nur halbwegs harmonisch würde zusammenleben können, wenn sie jetzt nicht den Anfängen wehrte, stürmte Phoebe die Treppe hinauf.
An die Tür zu klopfen, ging ihr auf, wäre ziemlich sinnlos. Niemand würde sie bei diesem Radau hören. Ebenso wenig nützlich wäre nachbarliches Huhu-Rufen.
Als sie entdeckte, dass die Wohnungstür nicht abgeschlossen, ja nicht einmal richtig zugezogen war, drückte Phoebe sie zögerlich auf.
Es sah aus, als hätte zeitgleich mit einem Mini-Hurrikan ein kleines Erdbeben stattgefunden, und dank Bon Scott und seinen Mitstreitern von AC/DC hörte es sich an, als bräche begleitet von einem Massengenozid unter den Bodendielen gerade ein Vulkan aus.
Mindys einst makellose Wohnung war ein Schauplatz völliger Verwüstung. Der Großteil der Einrichtung schien noch da zu sein, wenngleich zunehmend von einer Flut von Kleidern und Büchern und Schallplatten bedeckt, doch all ihr persönlicher Krimskrams war verschwunden, vermutlich ins Penthouse des süßen Airbus-Piloten. Halb offene Umzugskartons und große Pappschachteln waren überall verteilt, und der bunt gemischte Inhalt ergoss sich über den Fußboden.
Phoebe, die Unordnung jeder Art verabscheute, betrachtete voller Entsetzen das Wohnzimmer.
Da in diesem Raum von den neuen Bewohnern keine Spur
zu sehen war, bahnte sie sich einen Weg durch das Chaos und drehte die Stereoanlage leiser, sodass sich Bon Scotts krächzender Gesang zu einem Flüstern senkte.
»Verdammtes Scheißding«, knurrte eine Stimme wutentbrannt aus dem Schlafzimmer. »Was ist denn jetzt los? Geht ständig aus … zum Teufel!«
Der Eigentümer der Stimme erschien in der Schlafzimmertür und starrte Phoebe an.
Phoebe starrte zurück.
»Wer zum Teufel sind Sie denn? Haben Sie meine Musik leiser gestellt? Was soll denn das?«
Phoebe blinzelte. Der attraktive Eigentümer der Stimme war herrlich groß und schlank, hatte kurzes dunkles Haar und noch dunklere zornig funkelnde Augen. Außerdem hatte er nichts an, abgesehen von einem Paar ausgewaschener Jeans.
»Entschuldigung, ja – aber ich wohne im Erdgeschoss und …«
Die zornigen dunklen Augen verengten sich. »Tun Sie das? Ich dachte, Sie wären ausgezogen? Mindy hat gesagt …«
Zwei und zwei ergab auf einmal vier. Phoebe schluckte. »Sie sind Rocky Lancaster?«
»Bin ich – und Sie sind Phoebe. Die sitzen gelassene Braut. Wir haben uns nie richtig kennengelernt, stimmt’s? Mindy hat gesagt, Sie ziehen aus.«
»Mindy hat gesagt, Sie wären schon ausgezogen.«
»Tja, was hätte sie denn sonst auch sagen sollen.«
Phoebe wurde sich plötzlich brennend heiß ihrer kurzen Shorts und ihres schulterfreien Hemds bewusst und schluckte. »Ich bin wieder eingezogen. Sind Sie denn nicht ausgezogen?«
Rocky Lancaster machte ein finsteres Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich ziehe auch wieder ein. Sortiere gerade meine
Sachen. Mache das hier wieder zu meinem Zuhause. Also, was zum Teufel fällt Ihnen ein, meine Musik leiser zu stellen?«
»Bei mir fiel schon der Putz von der Decke.« Phoebe erwiderte das finstere Gesicht. »Ich wollte im Garten ein wenig Ruhe und Frieden genießen. Ich wusste nicht, dass Sie es sind – aber hauptsächlich dachte ich, ich komme mal rauf und sage den neuen Nachbarn Hallo und bitte sie, etwas leiser zu sein.«
Rock zuckte die Achseln. »Na schön – vielleicht war es ein bisschen laut. Aber ich habe es genossen, meine eigene Musik zu hören, anstelle von Mindys ewigem Take That, Boyzone und Westlife, und das hier ist mein Zuhause. Ich kann Sie gleich warnen, ich mag nicht nur AC/DC – ich habe auch ganze CD-Ständer voll mit Deep Purple und Rainbow und dergleichen. Ich habe sogar einiges davon auf originalen Vinyl-Schallplatten, da kriegen Sie es dann laut und verzerrt zu hören. Irgendwelche Einwände?«
Phoebe, deren Musikgeschmack eher dem von Mindy ähnelte, und deren Kenntnisse in Sachen Oldie-Rock ziemlich bescheiden waren, schüttelte den Kopf.
»Gut«, sagte Rocky, ohne zu lächeln. »Zumindest wären damit die grundsätzlichen Regeln geklärt. Leben und leben lassen, okay? Obwohl ich zugeben muss, dass ich an meinem ersten Abend daheim nun wirklich nicht gleich mit einem Besuch von der Radau-Polizei gerechnet
Weitere Kostenlose Bücher