Aszendent zauberhaft
Kizzy hat immer mit ihrer Kristallkugel leicht boshaft die Nachbarn geärgert. Ich fand das einfach nur lustig, aber schließlich hat meine Großmutter mir alles beigebracht, was sie wusste, und deshalb … Nein, nicht jetzt. Über sie und diese Dinge sprechen wir später.«
Beliebte Essie zu scherzen? Redete sie Unsinn? War sie alt und verwirrt? Oder alles zusammen?
»Äh, ja, die Tarotkarten – die Legart der Roma? Davon habe ich noch nie gehört.« Um ihre Verwirrung zu verbergen, griff Phoebe nach dem Pfefferminztee und jonglierte mit Teller und Tasse. »Ach, der schmeckt auch köstlich. Vielen Dank.«
»Noch eines von Liliths Rezepten«, sagte Essie und nahm wieder ihr Hühnchen zur Hand. »Viel besser als fertig gekaufter Tee, finde ich. Gut, wo waren wir? Ach ja, die Legart der Roma – nun, allzu kompliziert ist sie nicht. Es ist die Divination, die über Generationen hinweg von fahrenden Wahrsagern benutzt wurde. Man nimmt beide Decks, sieben Karten in drei
Reihen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und liest sie vertikal. Sehr zutreffend. Versuchen Sie das zur Abwechslung doch mal.«
Phoebe schaufelte hungrig ihr Jerk-Chicken in sich hinein und trank ihren Tee. Senil war Essie Rivers offenbar nicht.
»Mache ich – danke. Und ich muss Lilith nach diesem Rezept fragen. Schmeckt fantastisch. Tut mir leid, dass ich angenommen habe, Sie verstünden nichts von Tarot. Ich meine …«
»Kein Thema. Wie hätten Sie denn auch irgendetwas über mich wissen können? Wir haben uns ja gerade erst kennengelernt. Obwohl Prinzessin und Lilith Ihnen doch sicher schon erzählt haben, dass ich selbst ein Faible für Wahrsagerei habe.« Essie gluckste.
»Ja, haben sie, aber ehrlich gesagt dachte ich, sie meinten Kaffeesatzlesen oder so. Entschuldigen Sie diesen Gedanken und dass ich, na ja, tut mir leid. Sie wissen eindeutig viel mehr als ich.«
Essie lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Na dann, warum erzählen Sie mir nicht, was Sie wissen, und ich erzähle Ihnen, was ich weiß, so werden wir es ja sehen – was meinen Sie? Und dann erkläre ich Ihnen, was ich von Ihnen möchte. Einverstanden?«
Da Phoebe das Gefühl hatte, Essie verdiente irgendeine Art von Wiedergutmachung für das Schreckliche, das Rocky ihr angetan hatte, nickte sie. »Einverstanden.«
Und so schilderte Phoebe zwischen Schüsselauskratzen und Teetrinken ihre lebenslange Leidenschaft für Astrologie, und wie sie sich stets in allem und jedem an ihren Prognosen orientiert hatte, und dass sie sich nun wie eine Betrügerin vorkam, weil sie an all das nicht mehr glaubte.
»Ja, das wär’s eigentlich. Mit meiner Liebe zur Astrologie ist es ebenso aus und vorbei wie mit meiner Liebe zu Ben.«
»So eine traurige Geschichte aber auch.« Essie nickte mitfühlend. »Es tut mir schrecklich leid, dass Sie so Schlimmes durchgemacht haben – und immer noch durchmachen. Sie wissen zweifellos mehr als genug, um eine wirklich kompetente Amateurastrologin zu sein. Aber Sie sollten nicht die Sterne für Ihre Probleme verantwortlich machen.«
»Wieso nicht? Ich hatte alles anhand der Sterne geplant. Alle Positionen und Aspekte berücksichtigt. Alles deutete auf einen idealen Hochzeitstermin hin. Wie könnte ich noch länger daran glauben, wenn…?«
»Ach, mein armes Kind. Aber geben Sie nicht sich die Schuld und auch nicht Ihren Deutungen. Sehen Sie, es ist doch alles noch sehr viel tiefgründiger. Sie haben ja quasi nur an der obersten Schicht der Sterndeutung gekratzt. Darf ich Sie etwas fragen? Sie haben all Ihren Berechnungen Ihr und Bens Sonnenzeichen zugrundegelegt, nicht wahr?«
»Ja, schon, aber …«
»Und Ihre Sonnenzeichen harmonierten sicher miteinander?«
»Natürlich. Ich bin Jungfrau …«
»Klug, strukturiert, pingelig, wählerisch, eigensinnig. Und Ben?«
»Steinbock.«
»Materialistisch, machtbesessen, auf Geld fixiert, ehrgeizig und praktisch.«
Phoebe nickte. »Ja, aber da wir beide zu den Erdzeichen gehören …«
»Und Sie stimmen mir doch zu, dass dies nur die ganz grundlegenden und allgemeinen Charakteristika der Menschen sind, die unter Ihren Zeichen zur Welt kamen?«
»Nun ja, aber wir haben gut zusammengepasst, weil wir beide Erdzeichen waren. Das wusste ich schon, als wir noch zur
Schule gingen. Wir waren ein ideales Paar. Der Hochzeitstermin war genau richtig. Zumindest den blöden Sternen nach. Ich komme mir jetzt so albern vor, dass ich daran geglaubt habe.«
Essie lächelte freundlich. »Gut, ich möchte Ihnen
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