@ E.R.O.S.
beobachtet, während ich dort war? Ist er ihr von Jackson hierher gefolgt? Verdammt noch mal, weshalb ist sie überhaupt hierher gefahren?
»Alles in Ordnung, Cole?«
»Nein. Ich will, daß Erins Leiche bedeckt wird. Ich will, daß all diese Mistkerle aus meinem Haus verschwinden. Sofort!«
»Beruhigen Sie sich, Mann. Dieser Sheriff will Sie verhaften.Ich habe ihm gesagt, daß Sie zum Zeitpunkt der Morde bei mir waren, aber er könnte Sie trotzdem einlochen. Ein wichtiger Zeuge, oder was weiß ich. Er ist stinksauer, weil das in seinem Zuständigkeitsbereich passiert ist. Sie haben in Jackson die Muskeln spielen lassen, aber das könnte jetzt auf Sie zurückfallen. Bob Anderson ist hier in der Gegend ein wichtiger Mann, und seine Tochter ist – verzeihen Sie die Ausdrucksweise – gerade abgeschlachtet worden. Buckner kurbelt eine Menschenjagd an, neben der die Verfolgung von John Wilkes Booth wie die Aktion eines Fähnleins Pfadfinder anmutet, und wenn Sie nur ein falsches Wort sagen, zertrampelt er Sie mit nagelbeschlagenen Stiefeln.«
Ich beugte mich vor, legte den Kopf zwischen meine Knie und atmete, als hätte ich einen Schlag in den Magen abbekommen. »Vor einer Stunde wollten Sie mich noch verhaften, Mike. Warum der Sinneswandel?«
Mayeux legte eine Hand auf meine Schulter und drückte sie. »Sie haben nichts damit zu tun. Wenn man mal davon absieht, daß Sie sich saudumm angestellt haben. Ich habe schon viele Morde gesehen. Aber hier ist irgend etwas sehr seltsam.« Er sah sich wieder im Büro um. »Dieser böse Bube zeigt vielleicht schon Auflösungserscheinungen. Dekompensation, oder wie der Fachausdruck lautet. Und ich glaube, irgendwie sind Sie vielleicht der Grund dafür.«
Ich richtete mich auf und wischte das feuchte Haar aus meinen Augen. »Was haben Sie vor?«
»Buckner sagen, daß er Ihr Haus bewachen lassen soll. Baxter in Quantico anrufen und sagen, daß er seine Leute auf Trab bringen soll, bevor dieser Verrückte im Alleingang dafür sorgt, daß die Sondereinheit aus dem nationalen Budget gestrichen wird. Und was danach kommt, weiß ich noch nicht.«
»Danke, Mike. Vielen Dank.«
Mayeux zog mich vom Bett hoch, führte mich zum Fenster, half mir hinauszusteigen und folgte mir dann. Ich erinnertemich noch, daß er sagte: »Es riecht da drinnen wie in einem gottverdammten Schlachthaus, Officer. Jemand soll diese Leichen in einen Krankenwagen schaffen.«
Während Drewe tief und gleichmäßig neben mir atmete, saß ich da und lauschte dem Trampeln und den Flüchen und zuschlagenden Türen und dröhnenden Motoren, während das uniformierte Bataillon sich langsam zurückzog. Nachdem der letzte Wagen davongefahren war, wurde mir klar, daß ich es vermied, einen ganz bestimmten Gegenstand anzusehen. Das Telefon neben dem Bett. Dann fiel mir ein, daß es vielleicht gar nicht funktionierte. Als ich danach griff, um das Freizeichen zu überprüfen, klingelte es.
Es war Bob Anderson, der aus dem Peadbody Hotel in Memphis anrief. Ich zögerte nicht und versuchte nicht einmal, es ihm schonend beizubringen. Einem Mann wie Bob, einem Burschen mit Kampferfahrung, sagt man die Wahrheit und läßt ihn sich dann auf seine Weise damit befassen. Nach einem fassungslosen Schweigen stellte er ein paar Fragen mit einer Stimme, die kälter klang als Brahmas digitales Faksimile. Eine lautete: »Hat sie gelitten?« Ich log und verneinte. Danach galt seine einzige Sorge den Lebenden.
Nachdem er sich überzeugt hatte, daß es Drewe im Augenblick gutging, konzentrierte er sich auf seine Frau und Patrick und Holly. Er wollte es Margaret persönlich sagen, war aber fast drei Stunden von zu Hause entfernt. Die meisten Männer hätten aufgegeben, aber Bob entschloß sich, einen Freund zu seinem Haus zu schicken. Er sollte seine Frau nicht trösten, sondern die Telefonleitung abschalten und übereifrige Nachbarn verscheuchen, die es sich vielleicht in den Kopf gesetzt hatten, zu ihr zu fahren und ihr die schlechte Nachricht zu überbringen. Bevor das Telefon abgeschaltet wurde, sollte ich Margaret anrufen und ihr sagen, daß Drewe und Erin zum Einkaufen nach Jackson gefahren waren. Die Aussicht, sie zu belügen, bereitete mir Unbehagen, doch Bob gab mir keine Gelegenheit, Bedenken zu äußern. Ich kam mir vor wie einInfanterist, der von einem erfahrenen Vorgesetzten Befehle erteilt bekommt. Als ich Bob darauf hinwies, daß der örtliche Nachrichtensender in Jackson wohl über solch ein Verbrechen berichten würde,
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