@ E.R.O.S.
in einer Notaufnahme gearbeitet.«
»Gut.«
»Wie schlimm ist es?«
Mayeux legt von hinten die Hand um meinen Arm und drückt ihn. »Bereiten Sie sich auf was Übles vor, Cher . Es sieht nicht gut aus.«
Und Sheriff Buckner öffnet die Tür zur Hölle.
35
I
n dem Augenblick, in dem Buckner die Tür öffnete, sah ich Blut. Man konnte den Raum nicht betreten, ohne hindurchzugehen. Nicht, wenn man nicht durchs Fenster kam, was, wie ich sah, die Labortechniker getan hatten. Von der Türschwelle erstreckte sich eine klebrige Pfütze etwa anderthalb Meter weit in den Raum, in der fünf oder sechs Paar Schuhabdrücke auszumachen waren.
Buckner deutete auf die kleinsten Abdrücke. »Die Ihrer Frau«, sagte er. »Ein paar Deputies und Feuerwehrleute sind hier durchmarschiert, um festzustellen, ob sie noch irgend etwas tun konnten, aber sie kamen zu spät.«
Tiefer im Büro war noch mehr Blut, das bis hoch an die Wände gespritzt war, doch bevor ich mich darauf konzentrieren konnte, sah ich die »Ausländerin«, von der Buckner gesprochen hatte. Sie lag etwa zwei Meter hinter der Tür auf der Seite, das Gesicht von mir abgewandt. Ein schwarzer Leichensack mit Reißverschluß lag aufgerollt zu ihren Füßen. Aus ihrem Rücken ragte eine glänzende Schwertklinge. Als ich vorwärts trat, sah ich, daß sie ihren Bauch durchdrungen hatte. Entsetzt erkannte ich den Messergriff des Schwerts ausdem Bürgerkrieg, das normalerweise an der Wand gegenüber des Fensters hing. Die Tote trug einen gelben Sari, doch einer ihrer Arme war entblößt. Er war an mehreren Stellen bis zum Knochen aufgeschlitzt.
»Was ist hier passiert?« fragte ich.
»Sie kennen sie?« erwiderte Buckner.
Kalis Gesicht war auch im Tod noch wunderschön. Ein perfektes Oval, mit ausdrucksvollen Ebenen und fein gemeißelten Höhlen, bedeckt von muskatbrauner Haut. Ihre Augen waren geöffnet, die Sklera sah aus wie altes Elfenbein, das starre Onyxiriden umrahmte. Um ihre Augen- und Mundwinkel waren Fältchen, einige größere Falten an ihrer Kehle, aber ansonsten konnte man kaum Altersspuren ausmachen. Als ich ihr Gesicht betrachtete, bemerkte ich direkt auf der Haut unterhalb des Kinns einen kleinen, hellen Gegenstand. Ich wollte mich bücken und genauer hinschauen, doch dann wurde mir klar, daß ich die Federn eines Betäubungspfeils sah.
»Nun?« knurrte Buckner.
»Ich habe sie nie zuvor in meinem Leben gesehen.«
»Haben Sie schon mal auf EROS mit ihr gesprochen?« fragte Mayeux.
»Woher soll ich das denn wissen?«
»Sehen Sie sich den Rest an«, sagte Buckner.
»Das ist nicht nötig«, sagte Mayeux. »Ihre Frau hat die andere Leiche identifiziert.«
Ich trat trotzdem vor, getrieben von etwas Tieferem als bloßen Gedanken. Die Mitte des Zimmers war ein Zirkusrund kleiner roter Fußabdrücke, als hätte man hier eine Tanzveranstaltung für blutende Frauen abgehalten. Die Wände und alles, was an ihnen hing, waren blutbespritzt. Tropfen auf einem eingerahmten Druck. Ein großer Spritzer neben der Wandleiste. Eine feine Gischt auf zwei Gitarren.
»Wo ist sie?«
»Hinter dem Kopfende des Bettes«, sagte Buckner.
Ich machte die erforderlichen Schritte und blieb neben dem Ende des Doppelbettes stehen. Dort, unten gegen die Wandgelehnt, saß Erins nackte Leiche. Wären ihre Augen geöffnet gewesen, hätte ich es wahrscheinlich nicht ertragen können, so schwer lastete in diesem Augenblick die Verantwortung für ihren Tod auf mir. Ihr dunkles Haar fiel gnädigerweise bis auf ihre Brüste, doch ihre Beine waren grotesk gespreizt, wie bei einer Puppe, die bei einer Anatomiestunde zum Einsatz kam. Ich wollte Buckner anschreien, er solle ihre Blöße bedecken, doch irgend etwas erregte meine Aufmerksamkeit und hielt sie mit lähmender Kraft fest.
In Erins gebräuntem Bauch, unmittelbar über ihrem Schamhaar, befand sich ein vertikaler Einschnitt von etwa zehn Zentimetern Länge. Es war kaum Blut zu sehen, gerade genug, um die Verletzung auszumachen. »Ist sie daran gestorben?«
»Nein«, sagte Buckner direkt hinter mir. »Sie hat einen tiefen Messerstich im Rücken, über ihren Nieren. Die Spitze hat wahrscheinlich das Herz getroffen. Sehen Sie das Blut?«
Da sah ich es. Erin saß in einer schwarzen Blutpfütze. Es war mir nicht aufgefallen, weil das Kopfende des Bettes dort einen Schatten warf. Als ich sie betrachtete, kam mir eine Frage in den Sinn. »Hat sie irgendwelche Kopfverletzungen?«
»Nein«, sagte Mayeux. »Ich habe nachgesehen.«
Ich
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