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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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mir von seinem Job in Vietnam erzählte. Er stieg als erster in jedes Loch. Dunkelheit, Feuchtigkeit, Gestank. Auf dem Bauch vorankriechen, einen .45er Colt wie ein Kruzifix vor das Gesicht haltend und ein Gebet auf den Lippen.
    Das Licht im Tunnel sollte eingeschaltet sein, ist es aber nicht. Zu spät wird mir klar, daß ich das Küchenlicht hätte ausschalten sollen, bevor ich die Falltür öffnete. Ich kriecheso nah heran, daß ich über den Rand spähen kann. Eine Lichtpfütze auf dem Betonboden zwei Meter unter mir verrät mir, daß eine schwache Lichtsäule von der Küche herabfällt. Ich will Billy rufen, doch das wäre Torheit. Statt dessen greife ich mir eine Taschenlampe vom oberen Regal der Speisekammer und schalte das Küchenlicht aus. Das ist fast so verräterisch wie ein Ruf, aber es wäre Selbstmord, in einer Lichtsäule die Leiter hinunterzuklettern.
    Um den Boden des Tunnels zu erreichen, muß ich sechs Leitersprossen hinabsteigen, während ich die linke Seite ungeschützt dem Tunnel darbiete. Das ist zumindest die normale Methode. Aber nicht heute abend. Wie ein Kind, das sich zum Rand eines hohen Dachs vorschiebt, rutsche ich mit den Beinen voran durch das Dunkel, zu der Stelle, wo sich das Loch befindet. Irgendeine Blechdose fällt über den Rand, prallt von der Leiter ab und schlägt mit einem dumpfen Geräusch auf dem Zement darunter auf.
    Ich halte inne und warte.
    Als das nächste Schmerzgeheule den Tunnel hinaufhallt, lasse ich mich wie einen nassen Sack in das Loch fallen. Meine Beine prallen auf den kühlen Zement, wobei die Taschenlampe zu Bruch geht.
    Ich zwinge mich, leise zu atmen, bleibe flach auf dem Tunnelboden liegen und spähe in die Dunkelheit. Die .25er fühlt sich in meiner Hand wie ein Spielzeug an. Damit könnte man vielleicht einen Einbrecher, den man überrascht hat, oder einen Vergewaltiger aufhalten, aber ein psychotischer Killer könnte fünf Kugeln aus diesem Ding abbekommen und trotzdem noch voranmarschieren.
    Beweg dich , sage ich mir. Du hast es so gewollt.
    Brahma könnte drei Meter von mir entfernt im Tunnel kauern. Ich habe nur einen Vorteil – ich kenne mich hier aus. Dieser Gang wird auf beiden Seiten von Regalen gesäumt. Er führt zehn Meter weit vom Haus fort und endet an einer schweren Bleitür. Dahinter befindet sich der eigentliche Bunker, der knapp fünf mal fünf Meter groß ist. Ein zweiter Tunnelführt zehn Meter weit zum Hinterausgang auf dem Feld. Auch er wird von Regalen gesäumt und enthält des weiteren eine chemische Toilette. Dort habe ich mein Gold versteckt. Ich gleite unter dem Metallregal auf der linken Seite so weit in den Tunnel vor, wie ich kann, und rufe: » BILLY! ICH BIN’S, HARPER! WO BIST DU? «
    Zuerst höre ich nichts. Dann ein leises Knarren von Scharnieren.
    »Harper?« Eine schwache, gedehnt sprechende Südstaatenstimme.
    »Ja?«
    »Ich wurde getroffen, Mann! Ich bin schwer verletzt und brauche Hilfe!«
    »Wo ist Jimmy?«
    Eine lange Pause. »Eine Taschenlampe holen!«
    Großer Gott. »Ist sonst noch jemand hier?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was ist mit dem Licht passiert?«
    »Weiß ich nicht. Ich habe was gehört und geschossen, und das Licht ging aus.« Ein weiteres gequältes Stöhnen. »Ich brauche Hilfe, Mann!«
    Verdammt, verdammt, verdammt. »Billy?«
    »Was?«
    »In welchem Jahr bist du von der High School abgegangen?«
    »Neunzehnhundertachtundsiebzig, verdammte Scheiße! Nun komm schon her, Mann!«
    Ich ziele mit der .25er genau in die Richtung, aus der die Stimme kommt. Dort wirbeln in einem schwarzen Meer Farbkleckse, die wie Pantoffeltierchen aussehen. »Wo wurdest du getroffen?«
    »Im Bein! Ich blute stark!«
    »Bist du im Hauptraum? Ein viereckiger Raum?«
    »Ich glaube schon.«
    »Schließ die Tür, die sich zwischen dir und mir befindet!«
    Während Billy über die Anweisung nachdenkt, gleite ichzur Mitte des Tunnelbodens und richte mich in eine Hocke auf, die .25er in der rechten Hand. Die Decke ist genau einen Meter achtzig hoch – mein Großvater war einssiebenundsiebzig groß –, so daß ich genug Platz habe, wenn ich unten bleibe. Und ich habe vor, unten zu bleiben.
    »Habe verstanden!« ruft Billy endlich. »Leg los!«
    Das metallische Kreischen erklingt und verstummt so schnell wieder, daß ich es kaum registriere, bevor die Bleitür zuschlägt. Ich springe auf und vorwärts wie ein Footballspieler aus seiner Hockstellung, stürme mit pumpenden Schenkeln zum Hauptraum und schieße dabei. In dem

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