Atemlos
Ich sagte zu Billson: »Sind Sie sicher, daß Sie das schaffen?«
Er sah mich blaß an. »Ich will es versuchen.« Er sah zu Byrne hinüber. »Wer ist dieser Mann?«
»Einer, der Ihnen das Leben gerettet hat«, sagte ich. »Und nun rettet er Ihnen auch noch den Hals.« Ich setzte mich wieder in den Wagen, Byrne kam nach und wir fuhren weiter. Billson und Mokhtar verschwanden zwischen den Felsen an der Straße.
Byrne hatte richtig vermutet. Am Check Point nahmen die Beamten den ganzen Wagen auseinander, viel gründlicher als sonst, sagte Byrne später, sehr viel gründlicher. Jeden Beutel, jeden Kanister, jedes Behältnis machten sie auf, das Zusammenpacken überließen sie freilich uns. Lange brüteten sie über meinem Paß, und die fiches mußte ich noch einmal ausfüllen. In dreifacher Ausfertigung.
»So ein Blödsinn«, sagte ich, »das hab' ich doch heute morgen schon mal gemacht.«
»Machen Sie's«, sagte Byrne knapp. Also machte ich es.
Endlich durften wir weiterfahren; kurz hinter dem Check Point bog Byrne von der Piste ab und folgte einer Spur, an der nicht einmal ein Wegweiser stand. »Die sogenannte Hauptstraße führt nach In-Guezzam«, sagte er, »aber da wär's schwierig, Sie über die Grenze zu schmuggeln. Fort Flatters ist besser.« Er fuhr noch ein Stück, dann hielt er an einer Stelle, die sich durch nichts von anderen Stellen unterschied. »Hier sind wir mit Mokhtar verabredet«, sagte er.
Wir stiegen aus, und ich breitete die Karte aus. Nach einer Weile sagte ich: »Die müßten doch längst hier sein. Wir sind ziemlich lange am Check Point festgehalten worden – und so lange kann es doch nicht dauern, drei Kilometer zu marschieren.«
»Sind wohl eher acht«, sagte Byrne gelassen. »Wenn ich gleich acht gesagt hätte, wäre Billson vielleicht auf der Stelle umgefallen.«
»Sie sind ein freundlicher Mensch«, sagte ich.
Als Mokhtar schließlich irgendwann wie aus dem Boden gewachsen am Wegrand in Erscheinung trat, trug er Billson wie einen Sack über der Schulter. Wir legten ihn wieder hinten in den Wagen und brachten ihn mit frischem Wasser wieder zu sich. Jetzt begann die Reise erst richtig.
17. Kapitel
Wir näherten uns dem Air in bequemen Etappen; wir legten kaum mehr als hundertfünfzig Kilometer am Tag zurück. Auf dieser Fahrt lernte ich Paul Billson genauer kennen – falls man ihn überhaupt richtig kennenlernen konnte, denn der Mann war schwer zu ergründen. Ich glaube, Byrne lernte ihn besser kennen.
Trotz seiner plötzlichen Redseligkeit in Abalessa war er nach seinem Zusammenbruch in der Nähe des Check Points weit weniger gesprächig; er redete erst am Abend wieder, als wir unser Lager aufschlugen. Wir führten jetzt auf einem Dachträger Zelte mit, und während Byrne und Mokhtar sie aufbauten, legte ich Billson einen neuen Verband an. Die Wunde war sauber und begann auch schon zu heilen; ich stäubte Penicillinpuder darüber und erneuerte die Bandage.
»Ich weiß überhaupt nicht, was hier vorgeht«, sagte er ebenso bestürzt wie dramatisch. »Wer sind Sie wirklich?«
»Hab' ich Ihnen doch gesagt – Max Stafford.«
»Damit kann ich nichts anfangen.«
»Wenn ich Ihnen nun sage, daß ich bei der ›Franklin-Technik‹ für den Werkschutz zuständig war – können Sie dann damit etwas anfangen?«
Er blickte hoch. »Um Himmels willen! Soll das heißen, daß Sie bloß wegen meiner überstürzten Abreise die ganze Zeit hinter mir her sind?«
»Nicht nur – aber Sie sind schon auf dem richtigen Dampfer.«
Er blickte in die Runde. Unser Lagerplatz lag an der windgeschützten Stelle eines Bergrückens, fast ganz oben. Ich hatte Byrne gefragt, warum er auf diese Stelle verfallen war, im ebenen Gelände unten wäre meiner Meinung nach das Campieren bequemer gewesen. Aber Byrne hatte den Kopf geschüttelt: »Nie in einer Senke lagern! In der Sahara sind schon mehr Leute ertrunken als verdurstet.« Ich mußte wohl ein ungläubiges Gesicht gemacht haben, denn er zeigte auf die Berge im Nordosten. »Da kann ein Gewitter aufziehen, und Sie wissen es nicht. Und die Sturzbäche, die dann durch die Wadis fegen, könnten genau hier durchkommen.« Das leuchtete mir ein.
Billson sagte: »Wo sind wir denn hier?«
»Etwa achtzig Kilometer südöstlich von Tamanrasset.«
»Und wohin fahren wir?«
»Nach Niger. Wir müssen aus Algerien raus. Sie werden von der Polizei gesucht. Sie haben gegen diverse Gesetze verstoßen.«
»Warum tun Sie das alles für mich?«
Ich zurrte den
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