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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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überhaupt an den Job gekommen?«
    »Ist mir angeboten worden. Eines Tages kam ein Brief.«
    »Wann war das? Wie lange ist das her?«
    Billson zog die Stirn in Falten, als er nachrechnete. »Das muß 1963 gewesen sein.«
    »Und von wem kam der Brief?«
    »Von dem geschäftsführenden Direktor der ›Franklin-Technik‹. Der Mann hieß McGovern oder so.«
    McGovern! Damals also geschäftsführender Direktor der Franklin-Technik, später Aufsichtsratsvorsitzender, nun Präsident der gesamten Wensley-Gruppe, und erst vor kurzem in Anerkennung seiner Verdienste um die britische Industrie in den Adelsstand erhoben! Sir Andrew McGovern, dessen Name wie ein roter Faden durch das ganze Leben von Paul Billson lief und der nun auch, seit Billsons Verschwinden, seinen eigenen Werkschutz aufziehen wollte. Immer wieder McGovern!
    Ich sagte: »Was stand in dem Brief?«
    »McGovern bot mir eine mit zweitausend Pfund im Jahr dotierte Stellung an.« Billson blickte auf. »Das habe ich angenommen.«
    Und ob! Zweitausend Pfund – kein schlechtes Gehalt, damals, 1963, als im Durchschnitt nicht einmal tausend gezahlt wurden. »Haben Sie sich nie Gedanken darüber gemacht, warum McGovern ausgerechnet Ihnen ein derartiges Angebot machte?«
    »Natürlich hat mich das überrascht.« Billson starrte mich an. »Aber was hätte ich dazu sagen sollen? Ablehnen, weil es zuviel war?«
    Ich mußte lächeln. Ein Dummkopf war er ja vielleicht, dieser Billson, aber so blöd natürlich auch nicht, daß er hingegangen wäre und gesagt hätte: »Nein, vielen Dank, Mr. McGovern, aber leider bin ich nicht einmal die Hälfte wert!« Ich sagte: »Sie haben also das Geld angenommen und die Schnauze gehalten.«
    »Genau. Und wieso auch nicht! Zuerst glaubte ich ja auch, das sei in Ordnung – und ich müsse es mir verdienen. Ich machte mir natürlich Sorgen, weil ich mir nicht zutraute, auf die Dauer eine so hoch bewertete Stellung halten zu können. Aber dann merkte ich, daß nicht zuviel verlangt wurde.«
    »Und nun sagen Sie mir mal, warum McGovern Sie so gewaltig überbezahlt hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Billson zuckte die Achseln und sagte noch einmal, fast wütend: »Ich hab's Ihnen doch schon erklärt – ich weiß es wirklich nicht. Jahrelang habe ich darüber nachgedacht und bin auf keine Antwort gekommen. Aber McGovern hab' ich natürlich nicht gefragt.«
    Sicher nicht. Wer macht schon die Gans kopfscheu, die goldene Eier legt. Für den Augenblick ließ ich diesen Aspekt der Sache auf sich beruhen und nahm mir ein anderes Thema vor. »Wieso hat dann auch Alix für McGovern gearbeitet?«
    »Im Stenotypistinnenpool war eine Stelle frei. Das habe ich ihr erzählt, und sie hat sich beworben. Sie wurde engagiert, blieb aber nicht lange dort. Sie wurde McGoverns Sekretärin, und als der nach London umzog, nahm er sie mit. Alix ist ein kluges Mädchen – sie hat Köpfchen.«
    »Wußte McGovern, daß Alix Ihre Halbschwester ist?«
    »Keine Ahnung. Ich hab's ihm nicht gesagt.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich hatte nicht die Stellung, in der man mit Direktoren auf Tuchfühlung ist. In den ersten sechs Jahren bin ich McGovern nur ab und zu begegnet, und danach überhaupt nicht mehr. Da ist er ja dann auch nach London übergesiedelt.«
    Äußerst seltsam, in der Tat. Ich sagte: »Nun ist es eine Tatsache, daß Sie Ihr überhöhtes Gehalt vor Ihrer Schwester verschwiegen haben. Warum dieses?«
    »Ach, Mensch …« Billson griff sich plötzlich eine Hand voll Sand. »Ich hab' Ihnen ja gerade gesagt, Alix ist nicht dumm. Hätte sie's gewußt, hätte sie auch wissen wollen, warum. Und was hätte ich ihr sagen sollen? Bestimmt hätte sie nachgebohrt und wäre am Ende noch dahintergekommen.« Er wackelte mit dem Kopf. »Ich wollte es einfach nicht wissen.«
    Na klar – er hatte Angst, daß Alix dann vielleicht all die schönen goldenen Blättchen vom Geldbaum runterschütteln würde. Wenn er auch keine große Leuchte war – auf seine Art war er schon irgendwie raffiniert. Jahrelang, bevor er bei der Franklin-Technik angefangen hatte, war er mit einem Hungerlohn ausgekommen – und diesen niedrigen Lebensstandard hielt er dann auch bei, um sich ein kleines Vermögen auf die hohe Kante zu legen. Aber wozu?
    »Alix gegenüber haben Sie sich reichlich mies benommen – stimmt's, Paul?« sagte ich. »Sie haben doch gewußt, daß sie finanziell in der Klemme war und bei der Bank ein Darlehen aufnehmen mußte. Und das sogar, um Ihnen zu helfen,

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