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Atemlose Begierde

Atemlose Begierde

Titel: Atemlose Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabelle Sander
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mit diesem magischen Satz
geschenkt hast.« Seine Stimme war so liebevoll.
    »Fährst du in die Stadt zurück?«, fragte ich.
    »Ja, aber wir haben die obersten Zimmer noch gar nicht gesehen«,
sagte er.
    »Mir wär’s fast lieber, wenn wir zurückfahren würden, ich muss noch
packen, und um sieben bin ich mit Freunden fürs Kino verabredet.«
    »Okay, lass uns fahren.«
    Es verband mich mit ihm nun etwas ganz Eigenartiges, ein Gefühl, das
noch nie dagewesen war. Liebte ich ihn wirklich? Fühlte sich das so an? Ich sah
mich noch mal um, die Sonne schien in das Zimmer und spielte meinen Schatten an
die Wand, vor dem ich mich zu fürchten begann. Am liebsten hätte ich gleich die
Vorhänge abgenommen und die Möbel rausgestellt. Mit ihm hier zu leben
faszinierte mich für Sekunden. Aber wie passte seine Vergangenheit ins Bild, und
wie verträglich war sie mit meiner? Was sich hinter seiner Fassade abspielte,
würde ich immer nur über Umwege erfahren.
    »An was denkst du?«, fragte er.
    »Dass wir aufbrechen sollten.«
    »Okay. Farringdon wäre auch noch eine Option. Das Haus ist zwar viel
kleiner und nicht freistehend, aber es ist noch zu haben.«
    »Ja«, sagte ich und ging raus. Er überholte mich, und ich beobachtete
bewusst, wie er ums Auto ging, um mir die Tür zu öffnen, seine eleganten
Schritte, die weichen Handbewegungen, wie er den Kopf neigte und mir einen
verschmitzten Blick zuwarf. Da waren auch sehr feminine Züge an ihm, die ich
wohl dadurch, dass er Bartträger gewesen war, als ich ihn kennengelernt hatte,
und den Ruf eines Frauenjägers genoss, nie als solche interpretiert hatte. Aber
wie würde ich meine Eifersucht Spencer gegenüber je überwinden? Waren wir nicht
ein völlig haarsträubendes Paar?
    Ich setzte zum Einsteigen an, als er sich neben mich zwängte und mir
sein Knie zwischen die Beine schob. Autotür und Karosserie drängten unsere
Körper aneinander, die Köpfe ganz nah. Sanft hob er mit seiner Hand mein Kinn an
und sah mir in die Augen. Ungleich groß und tief wie der Ozean waren sie. Eine
klitzekleine Narbe unter der linken Augenbraue, die Felder von Sommersprossen
auf seinen Wangen, in der Mitte der Stirn die beiden Fältchen, die zu einem
kleinen Kreuz zusammenliefen. Das Leben hatte auch Spuren an ihm hinterlassen,
aber kein einziges graues Haar. Jeden Mikromillimeter an ihm begehrte ich,
genoss die unerschöpfliche Wärme, die er jetzt ausstrahlte, aber er war immer
noch ein Fremder.
    »Werden wir je miteinander leben?«, fragte er ganz nah an meinem
Mund, so dass ich den Hauch dieses Satzes auf meiner Haut spürte.
    »Ich würde es mir wünschen, ein Happy End, aber ich weiß nicht, wie
das gehen soll?«
    »Lass dir Zeit, Jo, aber bedenk, dass wir nur ein Leben haben, und
das ist jetzt.«
    »Möchtest du mich schon wieder zum Heulen bringen?«
    »Tut mir leid, aber …« Er sah mich hilflos an.
    »Ich würde dich gern bedingungslos lieben, aber es stehen so viele
Dinge aus der Vergangenheit zwischen uns«, sagte ich.
    »Dann lass sie uns gemeinsam wegräumen.«
    »Das geht nicht, wir sind keine Teenager mehr, wir können nicht mehr
von vorn beginnen.«
    »Natürlich können wir, das hat doch nichts mit dem Alter zu tun.«
    »Nein, aber mit dem Gepäck, das wir mitbringen.«
    »Wir können ja mit unserem gegenseitigen Gepäck umgehen lernen.«
    »Ja, das könnten wir …«
    Er küsste mich und kurz drehte es sich in mir, als würde ich knapp
vor dem Blackout stehen. Diese Situation in meinem Kopf, die offensichtlich
nicht zu bewältigen war, ließ mich zusammenknicken, mein System war knapp vorm
Abschalten. Hier gab es keinen Ausweg. Es lag weniger an ihm als an den
verqueren Vorstellungen von Familienglück, an denen alles hing, und selbst er
schien vorprogrammiert, diese erfüllen zu müssen. Er hatte bisher so eindeutig
versagt, war so anders gepolt, und trotzdem unterlag er diesem Zwang. Und das
machte mir mehr Angst als alles andere.
    »Was ist mit dir?«, fragte er besorgt.
    »Ich muss mich hinsetzen.«
    Wir stiegen ein. Er steuerte den Wagen durch die
baumgesäumten Straßen, vorbei an den Geschäften, den kleinen Cafés, dem
Blumenladen und an unserer möglichen gemeinsamen Zukunft. Ich genoss die
Romantik des Moments, sah zu, wie seine schönen Finger den Schaltknüppel
umspielten, wie stolz er im Ledersitz dieses Wagens saß, sog den Geruch an
meinen Fingern ein, dachte an das, was wir eben noch miteinander getan hatten.
Es war sicher Liebe, was ich nun empfand.

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