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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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wechselwirksamen Vorgänge innerhalb der irdischen Biosphäre.
    Würden Begriffe diesem definitorischen Rahmen entlehnt und auf ganz andere, nur äußerlich ähnliche Zusammenhänge übertragen, hätte das nach Lenoirs Meinung eine große Verwirrung unter künftigen Generationen zur Folge, denn die wüßten nicht mehr, wer und wo sie sind. Sie würden fremde Welten durch die Brille ihrer eigenen Evolutionsgeschichte betrachten und darum immer wieder Fehleinschätzungen machen, die teuer zu stehen kommen könnten. Die Bezeichnung fremder, noch unverstandener Phänomene mit vertrauten Begriffen korrumpiere nicht nur die eigene menschliche Kultur, sondern führe womöglich auch zu einer nicht wiedergutzumachenden Schädigung jenes neuen Ökosystems, in dem man Zuflucht gesucht hat.
    Also, die Erde war es nicht. Auf einen bestimmten Namen hatte sich der Rat aber auch nicht einigen können. Was blieb dem Ur-Urenkel von Lenoir anderes übrig, als mit Blick auf diese blaue, wolkenumwirbelte Heimat, die Taylor für sie ausfindig gemacht hatte, von seiner Welt zu sprechen?
    Das System war erforscht und durchmessen worden. Man hatte die Raumstation ausgebaut, schürfte nun Rohstoffe und versuchte, durch Handel Erträge zu erwirtschaften, um mit diesen Mitteln ein Shuttle bauen zu können, das eine Verbindung zur Oberfläche des Planeten herstellen würde. Doch die Pilotengilde wollte, daß sie von dieser Oberfläche verschwanden. Nach nun fast hundertfünfzig Jahren, die sie diese Welt umkreisten, drängte die Gilde darauf, die Station dicht zu machen und das gesamte Inventar in jene luft- und wasserlose Planetenbasis zu verlegen, die ihnen von der Gilde großzügigerweise auf Maudette angeboten wurde, dem, von der Sonne aus gesehen, vierten Planeten, also weit genug entfernt von der Welt, die die Gilde unbedingt frei zu halten wünschte von menschlicher Einflußnahme.
    Doch das war nur ein Vorwand. In Wirklichkeit trachtete die Gilde danach, sie alle an die Kandare nehmen zu können.
    Die Sonne war inzwischen bis auf die Dächer der Gebäude herabgesunken. Die Hügel lagen bereits im Schatten. Ian lehnte sich mit dem Rücken an die Wand von Lab l und betrachtete das Farbenfeuer. Vor ihm erstreckte sich die rötliche Lehmpiste bis hinauf zu den Hügeln der wispernden Gräser.
    Die Bezeichnung ›Gräser‹ war definitiv zutreffend; die Abteilung hatte vor zwei Wochen den Gebrauch dieses Wortes offiziell für gültig erklärt, da die Theorien und Vermutungen aus hundertfünfzigjähriger Fernbeobachtung wissenschaftlich verifiziert werden konnten. Damit hielten es bestimmte Leute sehr genau, diejenigen nämlich, deren Job es war, Definitionen und Namen von Arten auswendig zu lernen, die sie nur von Abbildungen her kannten, und an Generationen von Schülern weiterzugeben, was sie nie aus eigener Anschauung kennengelernt hatten – Erdkunde.
    Die Vertreter der Gilde schüttelten darüber natürlich den Kopf. Deren Söhne und Töchter brauchten am Erdkundeunterricht nicht teilzunehmen, o nein. In all den Jahren, die nötig gewesen waren, um die Phoenix wieder flottzumachen, hatten deren Kinder fleißig Physik, Maschinenbau und Nautik studiert. Wenn das mal nicht praktisch war, ein Raumschiff starten zu können in Zeiten, da andere sich mit den gröbsten Notwendigkeiten hatten rumschlagen müssen…
    Aber das waren ja auch nur ›Narren‹ – so und noch schlimmer betitelten die Gildengören die Kinder der Raumstation.
    Und weswegen wurden sie Narren genannt? Weil sie angeblich einen Planeten bedrohten, der der Gilde in Wahrheit völlig schnuppe war? Weil sie sich von dieser Welt versprachen, was sie so lange hatten entbehren müssen? Weil sie sich an Dinge heranmachten, worauf die Gilde Alleinanspruch angemeldet hatte? Weil sie, die nun einmal zufällig nicht Nachfahren der engeren Phoenix-Crew waren und darum nicht zur Gilde gehörten, deren Autorität in Frage stellten? Weil die Kinder gemeiner Konstrukteure von Karrieren ausgeschlossen waren, die dem Gildennachwuchs wie selbstverständlich offen standen?
    Die Schmähungen der besser gestellten Kinder hatten ihre beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt und weh getan, auch wenn sie dafür von deren Eltern manchmal bestraft worden waren. Das aber hatte diese eingebildeten Gören weiß Gott nicht einschüchtern können, und es änderte auch nichts daran, daß die Stationskinder benachteiligt blieben und lernen mußten, worüber die anderen nur den Kopf schüttelten, Dinge, die die

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