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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Aufgabe eines Paidhi lediglich darin, Wörter zu sammeln, lexikalisch aufzubereiten, soziale Veränderungen zu beobachten und anzumelden. Die Ratschläge, die Bren seinem Aiji erteilte, waren beileibe nicht allein auf seinem Mist gewachsen, sondern Ergebnis der Überlegungen von zahlreichen Experten und Sachverständigen aus Mospheira. Die erklärten ihm im Detail, was er Tabini anzubieten und zu empfehlen hatte. Kurzum: Wer ihn, Bren, aus dem politischen Komplex mit Biichi-gi herauszuraffinieren versuchte, erreichte damit allenfalls eine gewisse Verstimmung bei den Menschen. Der Ausbau der Straßen wäre jedoch um keinen Deut vorangetrieben.
    Tabini hatte irgendwas gewittert und ihn deshalb mit einer Pistole bewaffnet – wovon seine Kontakte auf Mospheira nichts wußten.
    Das war Punkt zwei, den es zu bedenken galt. Tabini hatte ihn ausdrücklich darum gebeten, den Besitz der Waffe geheimzuhalten, und weil er das Vertrauen ernst nahm, das der Aiji in ihn setzte, war davon kein einziges Mal in seinen Berichten die Rede gewesen, die er nach Mospheira schickte. Darüber machte er sich Sorgen. Aber Tabinis Wunsch zu mißachten kam für ihn nicht in Frage. Er war außerdem sehr stolz gewesen – persönlich wie beruflich –, daß Tabini ihn in sein Jagdhaus nach Taiben eingeladen hatte, wo höfische Regeln und Etikette außen vor gelassen wurden und man richtig entspannen konnte. Schießsport war eine Leidenschaft der Atevi, und Tabini, der meisterlich mit einer Pistole umzugehen verstand, hatte – offenbar aus Lust und Laune – ein spezielles Abkommen verletzt, indem er dem Paidhi eine ganze Woche lang die Gunst seiner Gesellschaft gewährt hatte – eine ungewöhnliche Geste, die einem Aiji eigentlich nicht zustand und fast so etwas wie Freundschaft zum Ausdruck brachte.
    Vielleicht war ihm als Anerkennung dafür, daß er sich während des Schießunterrichts so gelehrig gezeigt hatte, von Tabini die Pistole gegeben worden. Dieses Geschenk kam einem Akt extravaganter Rebellion gleich. Wahrscheinlich hatte Tabini aus diesem Grund darauf gedrungen, daß er über die Waffe kein Wort an Dritte verlieren solle, worüber er sich damals keine weiteren Gedanken gemacht hatte, weil sein Kopf schwirrte in Anbetracht dieser einzigartigen, beispiellosen Situation, dieser geradezu warmherzigen Geste Tabinis einem Menschen gegenüber, die ihn, Bren, unvermittelt in einen Gewissenskonflikt brachte hinsichtlich seiner offiziellen Position und Verpflichtung, seinen Vorgesetzten auf Mospheira Bericht zu erstatten.
    Er hatte sich sofort gefragt, wo er die Waffe lassen sollte, wenn er nach Hause zurückflöge, ob er sie überhaupt behalten konnte oder ob es nicht besser wäre, sie verschwinden zu lassen. War es möglich, so hatte er sich gefragt, daß Tabini ihn auf die Probe stellte, um herauszufinden, ob er Eigenständigkeit und Diskretion besaß und gegebenenfalls auch einmal absehen konnte von den Verpflichtungen gegenüber seinen Vorgesetzten?
    Als er dann mit diesem Geheimnis im Gepäck nach Shejidan zurückflog, wurde er gewahr, daß die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz Tabinis in den letzten Wochen auf alarmierende Weise verschärft worden waren.
    Und da hatte er es mit der Angst zu tun bekommen. Da wurde ihm bewußt, daß er in etwas hineingeraten war, aus dem er vorläufig nicht herauszukommen wußte, daß, obwohl er dazu verpflichtet war, keine Meldung gemacht hatte, weil er keinem seiner Vorgesetzten auf Mospheira zutraute, die Situation am Hofe Tabinis so zu durchschauen, wie er es vermochte. Er wußte, daß Gefahr im Verzug war, konnte aber keine konkreten Hinweise benennen oder eine Einschätzung der Situation vornehmen, und er wollte nicht irgendwelche Befehle seiner Vorgesetzten ausführen müssen, ehe ihm klar sein würde, was da in der Hauptstadt im Schwange war.
    Deshalb hatte er die Pistole unter der Matratze versteckt, wo sie relativ sicher lag, und nicht in eine der Schubladen, die von den Dienern hin und wieder geöffnet wurden.
    Und deshalb hatte er, als der Schatten in der Terrassentür auftauchte, die Waffe sofort zur Hand gehabt und nicht lange gefackelt. Er lebte lange genug im Bu-javid, um zu wissen, daß ein Ateva nicht ohne Anmeldung bei anderen Leuten im Zimmer aufkreuzte, es sei denn in finsterer Absicht. Bestimmt hatte der Eindringling angenommen, daß der Paidhi unbewaffnet sei – und den Schreck seines Lebens bekommen.
    Es konnte doch nicht sein, daß die ganze Sache inszeniert gewesen war, um ihn

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