Atevi 2 - Eroberer
Bericht und würde mit Sicherheit eine Verwarnung nach sich ziehen.
Wichtiger aber war es, daß er so schnell wie möglich mit Tabini telefonierte. Und mit Mospheira; er mußte veranlassen, daß Hanks noch heute auf die Insel zurückkehrte. Bestimmt würde man einen Startaufschub für die Maschine erwirken können, zumal sie keine eilige Fracht zu befördern hatte. Es sprach also nichts dagegen, daß sie auf die Paidhi-Stellvertreterin wartete.
Himmel, viel lieber würde er sich jetzt in seine angestammte Wohnung zurückziehen, die gemütliche kleine Unterkunft auf der unteren Ebene des Bu-javid, ins Bett gehen und sich verwöhnen lassen von vertrauten Dienern.
Aber da war auch diese Tür zum Garten, die sich als Sicherheitsrisiko herausgestellt hatte in jener Nacht des Anschlags, durch den er zur umstrittenen Prominenz in der atevischen Öffentlichkeit aufgerückt war.
Die Erinnerung daran kam mit aller Heftigkeit zurück, als der Fahrstuhl anhielt und auf der Anzeige nicht etwa ›1‹ für die untere Ebene zu lesen stand, sondern ›3‹, was bedeutete, daß er in der strengsten Sicherheitszone des Bu-javid gelandet war.
2
Die Atigeinische Residenz hatte bei weitem nicht den Charme seiner Einzimmerwohnung am Hofgarten. Aber das Wort Charme war wohl in bezug auf einen Palast ohnehin nicht anzuwenden.
Insgesamt fünfzig Bedienstete sorgten hier für Ordnung, sagte Jago, als sie den Computer neben der Tür zum Empfangssalon auf den Boden stellte.
Reichlich extravagant, dachte Bren.
Blattgold und Silberlack auf Vitrinen und Tischen.
Wandgemälde. Schnitzereien. Bren wollte eigentlich nur ein Bett oder eine Couch, um darauf auszuruhen.
»Nadiin«, grüßte eine Frau im Foyer mit tiefer Verbeugung. »Nand’ Paidhi. Mein Name ist Saidin. Ich bin Chefin des Personals und heiße Sie willkommen.«
Bren erwiderte den Gruß und verbeugte sich reflexhaft. Saidin war, wie sich auf den ersten Blick erkennen ließ, eine Würdenträgerin, eine Frau von hohem Rang und vornehmer Haltung. »Ich bedaure sehr, daß ich Ihnen und Ihrem Personal Umstände mache.«
»Wir freuen uns, für Ihren Komfort sorgen zu dürfen, nand’ Paidhi. Wenn es recht ist, würde ich Ihnen zunächst einmal gern die Räumlichkeiten zeigen.«
Banichi runzelte die Stirn. Aber das Angebot, durch einen Palast geführt zu werden, ließ sich kaum ausschlagen.
»Gern, nand’ Saidin. Vielen Dank.«
»Es ist uns eine Ehre«, sagte Saidin und ging voraus. Bren folgte in Begleitung von Banichi und Jago. Saidin war in mittlerem Alter und von schlanker Gestalt. Sie trug einen Mantel aus beigefarbenem Brokat und passende Schuhe, die der neuesten Mode entsprachen. In den Zopf waren rosafarbene und grüne Bänder eingeflochten nach traditioneller Höflingsart. Ihre ganze Aufmachung zeugte davon, daß sie ihren Dienstherren nicht etwa bloß als angeheuerte Kraft zur Verfügung stand, sondern auf Lebzeit verpflichtet war und diesem Haus wahrscheinlich sogar als illegitimer Sproß entstammte. Bren wußte: Einer solchen Person gebührte aller Respekt.
»Wir befinden uns hier im äußeren Trakt mit seinen Funktionsbereichen, als da wären die Kantine, der Empfangssalon und der Posten der Wachmannschaft, vor kurzem renoviert… Im inneren Bereich liegen die herrschaftlichen Wohn- und Schlafgemächer, jeweils mit Bad. Sie grenzen allesamt an eine ringförmige Wandelhalle mit Zugang zum privaten Speisesaal…«
Handgewebte Teppiche. Dafür hatte Bren ein besonderes Faible, und trotz seines angegriffenen Zustands war er voller Bewunderung für die prächtigen Exemplare, deren Muster verschiedene Zeitepochen und regionale Besonderheiten repräsentierten. Mospheira importierte Teppiche vom Festland, zum Teil sehr gute Ware, doch eine solche Pracht gab es auf der Insel nur einmal zu sehen: als Exponat in einer Glasvitrine im Kriegsmuseum.
Und die Teppiche, auf denen er jetzt entlangschritt, waren noch ausgefallener als die in Tabinis Gemächern. Im Empfangssalon umrahmten kostbare goldgewirkte Umhänge hohe Fenster, die einen beeindruckenden Ausblick boten auf die Ziegeldächer der historischen Altstadt am Fuß des Hügels und darüber auf die blau schimmernden Gipfel des Bergid, über die am heutigen Abend dunkelgraue Wolken dahinzogen. Auch hier in Shejidan schien der Sommer endgültig vorüber zu sein. Von verborgenen Lüftungsschächten ventiliert, hing auch in den Zimmern der Duft von Regen und Herbst.
Bren war froh, durch die Räume geführt zu
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