Atevi 2 - Eroberer
»Wem gilt Ihr Man’chi, Paidhi-ji?«
»Ich dachte, daß es unter Atevi üblich ist, diese Frage auszuklammern.«
»Ein Aiji hat das Recht auf eine Antwort. Aber wenn Sie…«
Ein Sicherheitsbeamter stürmte ins Zimmer. »Aiji-ma, verzeihen Sie die Störung«, sagte er und reichte ihm einen Zeitungsausschnitt.
Tabini las, richtete sich im Sessel auf und kniff die Brauen zusammen. »Ist das schon im Umlauf?« fragte er.
»Leider ja.«
»Sei’s drum. Versuchen Sie herauszufinden, wer diese Meldung lanciert hat.«
»Aiji-ma«, der Sicherheitsbeamte verbeugte sich und ging.
Tabini zeigte sich verstimmt.
»Probleme?« Überflüssige Frage.
»Ach, nichts Schlimmes. In der Postille des hiesigen Kurvereins ist davon die Rede, daß der Aiji gekommen ist, um die Vertreter vom Schiff in Empfang zu nehmen.«
»Wer liest das Blatt?«
»Vor allem Touristen. Es hat eine Auflage von mindestens tausend Stück und liegt kostenlos in jedem Laden aus.«
»Gütiger Himmel!«
»Sie werden in Scharen kommen, mit Kind und Kegel, mit Zelten und Kameras. Hunderte von Touristen. Wie sollen unsere Leute unter solchen Voraussetzung für Sicherheit garantieren können?«
Öffentliches Land. Darauf konnte sich ein jeder frei bewegen.
»Diese Information ist nicht zufällig durchgesickert«, fuhr Tabini fort. »Verdammt, der Herausgeber hat doch genau gewußt, was er uns mit dieser Meldung einbrockt.«
Tabini sprang aus dem Sessel auf und knöpfte sich die Jacke zu. Auch Bren stand auf. Der gemütliche Teil des Abends war vorüber.
»Da draußen sind Fallstricke gelegt worden. Wir können die Leute da nicht reinlaufen lassen«, sagte Tabini. »Bren, gehen Sie zu Bett, ruhen Sie sich aus. Ich muß jetzt los.«
»Kann ich denn nicht helfen?«
»Ich fürchte nein, denn von unseren akuten Problemen wird wohl keines mosphei’ sprechen. Bleiben Sie hier, in der Nähe eines Telefons; es könnte ja sein, daß sich das Schiff meldet.«
Von denen, die davon erfahren hatten, würde es sich keiner nehmen lassen, herbeizueilen, um diesen wahrlich geschichtsträchtigen Moment der Landung miterleben, um mit eigenen Augen verfolgen zu können, wie Menschen vom Himmel fallen, hier vor Taiben, bei Tagesanbruch.
An Schlaf war nicht zu denken. Tano und Algini kamen kurz herein, um mitzuteilen, daß die Parkaufseher mit der Bahn an den See gefahren seien und die Touristen über Lautsprecher im Namen des Aiji aufgefordert hätten, an Ort und Stelle zu bleiben.
»Wer weiß, wie viele sich schon auf den Weg gemacht haben?« sagte Bren.
»Sämtliche Aufseher sind in Alarmbereitschaft«, berichtete Algini.
»Was soll’s? Es ist wohl kaum möglich, einfache Touristen von Gildenmitgliedern im Geheimauftrag zu unterscheiden.«
»Wir kennen einander«, entgegnete Tano.
»Aber Sie haben recht«, sagte Algini. »Um einen Kollegen von einem Touristen unterschieden zu können, muß man schon näher ran, als einem lieb sein kann. Das mit der Zeitungsmeldung war sehr clever eingefädelt.«
»Wissen Sie schon, wer dafür verantwortlich ist?«
»Nein, aber in Betracht kommen viele.«
»Nand’ Paidhi«, rief ein Mitarbeiter aus Tabinis Stab von der Tür aus. »Ein Anruf für Sie.«
»Ich komme.« Zusammen mit Tano und Algini eilte er dem Mann hinterher, der sie zum nächstgelegenen Telefon führte.
»Hallo, Hier spricht Bren Cameron.«
»Jason Graham. Wollte mich noch einmal melden, habe aber nicht viel Zeit, weil wir gleich wieder raus sind aus der Funkschneise. Läuft bei Ihnen alles nach Plan?«
»Ja. Wie geht es Ihnen?«
»Fragen Sie lieber nicht. Wo sind Sie zur Zeit?«
»Fünfzig Kilometer von der Landestelle entfernt. Ich werde da sein.«
»Wir werden… Kapsel umsteigen. Die Systeme… können Sie…?« »Wiederholen Sie bitte.«
Statisches Knistern. Dann: »Wir sehen uns. Hören Sie?«
»Ja, verstanden. Bis bald.«
Die Verbindung brach ab. Bren war erleichtert und verstört zugleich. Was hätte er ihm noch sagen sollen? Hüten Sie sich vor vermeintlichen Touristen? Wollen wir hoffen, daß nicht auf Sie geschossen wird?
»Sie halten den Zeitplan ein«, sagte er. »Wann werden wir rausfahren?«
»Daß Sie uns begleiten, ist aber nicht vorgesehen«, erwiderte Tano.
Bren fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. »Wo ist Tabini?« fragte er. »Ich muß ihn sprechen.«
»Nand’ Paidhi«, antwortete Algini. »Wir werden ausrichten, was Sie ihm zu sagen haben.«
»Nein. Ich will ihn persönlich sprechen.« Bren zitterte vor Wut. »Es
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