Atevi 2 - Eroberer
genommen wird?«
»Mit Sicherheit, und zwar so ernst, daß ich es nicht wagen kann, nach Mospheira zurückzukehren.«
»Weil man Ihnen dort einen Prozeß machen würde?«
»Wahrscheinlich. Daß Hanks noch keinen offiziellen Rückruf erhalten hat, kann nur eins bedeuten: Ihre Fraktion ist im Aufwind.«
»Darf ich auf ein persönliches Thema zu sprechen kommen?« fragte Tabini.
»Ja.« Einem Aiji den Mund zu verbieten war ohnehin nicht möglich.
»Wie mir berichtet wurde, hat Ihre Verlobte ihr Versprechen gebrochen.«
»Mir gegenüber?«
»Wem sonst? Ich weiß von keinem anderen.«
»Ein solches Versprechen hat es im Grunde nie gegeben.« Über sein Verhältnis zu Barb hatte er früher schon einmal mit Tabini gesprochen, allerdings in anderem Zusammenhang; es ging damals um Attraktion und die Vorstellung romantischer Liebe im Gegensatz zu Mainaigi, der hormonell bedingten Plänkelei unter jungen Atevi. »Nein, ich kann ihr nichts verübeln.«
»Hat politischer Druck Sie auseinandergebracht?«
»Nein, vielleicht haben wir uns gegenseitig zu sehr unter Druck gesetzt.«
»Sie waren doch so gut auf sie zu sprechen.«
Bren hatte von Barb geschwärmt, von ihrer Klugheit, ihrem Einfühlungsvermögen, ihrer Loyalität und so weiter. Er hatte sie im Gespräch mit Tabini über den grünen Klee gelobt, und doch – vielleicht war sein damaliges Urteil über sie begründeter gewesen als das, was er in seiner wütenden Reaktion auf die Trennung von ihr gehalten hatte.
»Sie hat meinetwegen viel Ärger in Kauf nehmen müssen«, sagte er, und ihm wurde wieder einmal bewußt: Sich in der fremden Sprache verständlich auszudrücken, erforderte ein höheres Maß an Aufrichtigkeit; ohne die konnte man schnell in definitorische Zwickmühlen geraten und wie ein Tölpel klingen – oder wie ein Schuft. »Der ausschlaggebende Grund für unsere Trennung ist wohl mein Job, die Tatsache, daß ich nur selten nach Hause komme und daß sich daran in absehbarer Zukunft nichts ändert, die Ungewißheit…«
»Mangelnde Sicherheit?«
Bren zögerte, nickte aber schließlich und sagte: »Sie wird bedroht und belästigt von anonymen Anrufern.«
»Hat sie niemanden, der auf sie aufpaßt? Keine Leibwächter?«
»Nein, so etwas ist für einfache Mospheiraner nicht drin. Schutz bietet allenfalls die Polizei. Aber die kann in einem solchen Fall nur wenig ausrichten.«
»Ihre Angehörigen haben wohl mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.«
Nicht nur, daß man seine Post sichtete und Telefongespräche mithörte; offenbar verstanden manche Atevi mehr von seiner Muttersprache, als zugegeben wurde.
Tabini rutschte noch weiter herum und warf ein Bein über die Armlehne. »Könnten Sie sich vorstellen, daß Barb-daja ihren Ehebund bricht und ins Bu-javid übersiedelt, um mit Ihnen zusammenzuleben?«
Bren war sprachlos. An eine solche Möglichkeit hatte er nicht einmal im Traum gedacht.
»Mit dem einen oder anderen Visum wäre das Problem gelöst. Sie müßten sich um die Sicherheit ihrer Frau und ihrer Familie keine Sorgen mehr machen. Sie könnten hier leben, wenn Sie das wünschen.«
Bren spürte, wie sein Herz ins Stocken geriet, als ihm klar wurde, worum es ging: um Hanks, ihre Anschuldigungen, um ihr Schicksal, letztlich darum, daß den Beziehungen zwischen Menschen und Atevi ein unheilvoller Rückschlag drohte – was er verhindern mußte. »Aiji-ma, das ist ein… sehr großzügiges Angebot.« Aber darauf würden sich seine Mutter, Toby und Jill niemals einlassen.
Allenfalls Barb. Ja, sie würde sich eine so radikale Veränderung vorstellen können, womöglich sogar vollziehen. Sie hatte den nötigen Schneid und die Fähigkeit, Bedenken gering zu schätzen. Er sah sie im Geiste vor sich: im Schnee, unter praller Sonne, jenseits aller Realitäten und Alltagszwänge.
»Meine Familie würde sich hier nicht einleben können und wollen. Barb dagegen…«
Daß sie es zumindest versuchen würde, war anzunehmen, zumal sie sich vom Leben am Hofe des Aiji, an der Seite des Paidhi, als Barb-daja so manches versprechen konnte von dem, woran ihr schon immer gelegen war: Parties, extravagante Garderobe, Glanz und Glitter. Darauf würde sie anspringen.
Ob sie sich auch auf Dauer würde einrichten können, war fraglich und nach Brens Einschätzung eher zu bezweifeln. Ihr Eigensinn und ihre Selbstgefälligkeit vertrugen sich nicht mit dem, was an diplomatischen Anforderungen und Dauerbelastungen auf sie zukäme.
Und dieses permanente Umgebensein
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