Atevi 3 - Erbe
»Sie werden schon nicht fallen. Keine Angst.«
Jason tat sein Bestes. Es fiel ihm schwer, aber er gab sich Mühe.
Bei dem vorgelegten, sehr mäßigen Tempo nahmen es die Tiere mit der Rangfolge nicht so ernst, und es kam vor, daß das eine oder andere plötzlich den Kopf senkte und am spärlichen Grün zu knabbern anfing. So auch Jarani, was Jason überhaupt nicht gefiel.
»Nicht so verkrampfen.«
Jasons Hände klammerten, die Lippen waren fest aufeinandergepreßt, und zu allem Überfluß schnappte Jarani nun sogar nach dem Hinterteil des vorauftrottenden Mecheita. Es wehrte sich so heftig, daß Jarani zurückschreckte und mit Nokhada zusammenstieß.
Der Junge von Dur ritt herbei, das heißt, sein Mecheita rückte näher. Er hatte, wie man sah, keinerlei Gewalt über das Tier, schien zwar zu wissen, was von einem Reiter verlangt wurde, blieb aber erfolglos in der Umsetzung. Scheuend prallte sein Tier mit dem von Banichi zusammen, das ihm einen hörbaren Stoß mit dem Kopf versetzte.
»Tut mir leid, Nandi, Verzeihung.«
»Zügeln!« sagte Banichi, und der Junge versuchte es zum Leidwesen aller ringsum, denn er gab seinem Mecheita das falsche Signal, worauf es wild um sich trat.
Gegen solche Fehler sah sich Bren in seinem Übermut gefeit. Er tätschelte den Hals Nokhadas und erklärte Jason, wie der den Zügel zu halten und worauf er sonst noch zu achten hatte.
»Aufrecht bleiben! Und lockerer«, sagte er. »Versuchen Sie doch mal runterzufallen.«
Jason warf ihm einen konsternierten Blick zu.
»Versuchen Sie doch mal runterzufallen«, wiederholte er, Silbe für Silbe betonend. »Es wird Ihnen nicht gelingen. Also entspannen Sie sich. Und machen Sie die Bewegung mit. Schaukeln, hin und her. Sie schaffen es.«
Jason holte tief Luft, löste die Hände vom Sattel und gab sich dem Schwanken hin, zur einen Seite und zur anderen.
Banichi hatte lässig einen Fuß auf den Widerrist gelegt und beobachtete die Szene mit breitem Grinsen.
»Schon besser«, kommentierte er, dem selbst keine Anstrengung zu groß war, als daß er sie nicht mit spielender Leichtigkeit zu bewältigen vermochte. Lachend winkte er dem Jungen von Dur mit der Gerte zu. »Hören Sie dem Paidhi genau zu, Nadi. Statt wie ein lebendes Wesen sitzen Sie da wie ein nasser Sack.«
Dann – aus unerfindlichen Gründen – verschärfte sich plötzlich das Tempo.
Und steigerte sich immer mehr, bis alle Mecheiti auf die gleiche Gangart gewechselt hatten. Bren schaute sich zur alten Burg um, die sie schon ein gutes Stück weit zurückgelassen hatten, und konnte nun von seiner Warte aus in den Hinterhof einsehen, wo die Lieferwagen parkten. Sechs oder sieben an der Zahl.
Verdammt, dachte er und verkürzte den Brennpunkt auf Jago, die hinter ihm ritt, und, wie er ahnte, genau Bescheid wußte, aber kein Wort darüber verlor. Es ging bergan über eine wellige, schüttere Grassode, auf der vereinzelt kleine Sträucher wuchsen. Bäume waren weit und breit nicht zu sehen. Und auch in der Hinsicht glich diese Gegend der rund um Malguri.
Bren dachte an die Klippen hoch überm Meer und die darauf errichtete Station von Mogari-nai.
Er dachte an die Grenze jenseits des Horizonts, jene verschwommene Trennlinie zwischen Wasser und Himmel, die schon fast zu Mospheira gehörte. Darauf ritten sie zu.
Zügig und leicht ging es auf offenem Land dahin, sehr viel angenehmer, wie er fand, als auf dem rauhen Terrain von Malguri. Es war herrlich, und selbst Jason schien einen Sinn für die rhythmische Bewegung gefunden zu haben. Auch Rejiri zeigte sich gelöster.
Allmählich, unaufhaltsam und zielstrebig rückte Nokhada mit weitem Schritt zu Ilisidi und Cenedi auf. Banichi und Jago folgten in kurzem Abstand.
Es wurde kein Wort gesprochen. Ilisidi, die auch zu sportlichen Wettbewerben in den Sattel stieg, ritt mit einer Eleganz, die alle anderen beschämen mußte. Unter den Mecheiti stach ähnlich imponierend Babsidi heraus mit seinen kraftvollen Bewegungen, dem edlen Kopf und dem mächtigen Rumpf. An ihn kam keines der anderen Tiere heran. Rivalitäten gab es nur im Gefolge, so zwischen Nokhada und Cenedis Mecheita, das immer geritten wurde, woraus sich ein Anspruch ableitete, den Bren nie so recht durchschaut hatte. Wenn Nokhada ohne Reiter war, hing sie zurück, ohne je Schwierigkeiten zu machen. Doch mit ihm, Bren, im Sattel strebte sie stets ganz weit nach vorn, als sei sie dies dem Paidhi schuldig.
Dabei konnte er kaum glauben, daß sie ihn tatsächlich
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