Atevi 3 - Erbe
wiedererkannt hatte, und was ihm wie Wiedersehensfreude vorgekommen war, war vielleicht nur Ausdruck ihres stürmischen Temperaments. Er tätschelte ihre Schulter, worauf sie mit den Ohren zuckte, und er faßte den Vorsatz, es irgendwie einzurichten, daß er Nokhada öfters reiten konnte.
Noch so ein Traum.
Es beruhigte die Nerven ungemein, den Mecheiti in ihren Bewegungen zuzusehen, den Geräuschen zu lauschen, die sie von sich gaben. Die Blicke über den Horizont schweifen zu lassen. Auf die Schatten zu achten, die zunächst vor ihnen gelegen hatten und ganz allmählich zurückfielen, da die Sonne hinter ihnen aufstieg.
Ilisidi brachte Babsidi zum Halten. Nach über einer Stunde schloß Jason endlich wieder zu Bren auf – und, siehe da, er saß immer noch im Sattel, hatte es sogar geschafft, mit Hilfe von Zügel und Gerte Jarani durch den Pulk zu lenken.
»Prima«, lobte Bren. »Wie fühlen Sie sich?«
»Ich lebe«, stöhnte Jason, der sichtlich unter Schmerzen litt.
Jago und Banichi kamen hinzu. Inzwischen waren zwei der mitreitenden Männer abgestiegen und ließen eins der Tragtiere niederknien, um an das Gepäck zu kommen.
»Geht’s gleich zurück?« fragte Jason.
»Noch nicht«, antwortete Banichi, und aus dem Gepäckstück, das die beiden Männer geöffnet hatten, holten sie Lunchpakete hervor. Bei deren Verteilung wurde die Aiji-Mutter als erste bedacht.
Sie aßen die Butterbrote, während die Mecheiti an den spärlich wachsenden Gräsern zupften und dabei auseinandertrieben, was die Reiter, die im Sattel sitzen blieben, geschehen ließen. Auch Feldflaschen gehörten zur Standardausrüstung solcher Exkursionen, und als alle satt waren und ihren Durst gelöscht hatten, setzte sich der Troß, von Ilisidi angeführt, wieder in Bewegung.
Nicht etwa zurück zur Burg, sondern immer weiter geradeaus.
Bei Sonnenaufgang waren sie aufgebrochen. Jetzt war es kurz nach Mittag; also würden sie nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückgekehrt sein.
Da Jason ihn nicht mit seinen Fragen belästigte, drängten sich Bren nun selbst welche auf. Allerdings nicht mehr nach dem Wohin; das schien ihm inzwischen klar zu sein: nach Morgari-nai.
Aber warum ging es dorthin? Bren dachte in diesem Zusammenhang an die angekommenen Lieferwagen und die Abwesenheit von Tano und Algini, wobei sich ihm als mögliche Antwort auf diese Frage der Verdacht aufdrängte, daß Tabini mit Mogari-nai und der Informantengilde unzufrieden war.
Wagte es der Aiji, sich mit einer Gilde anzulegen, und wenn ja, was würde sich daraus an Konsequenzen ergeben? Die Astronomen waren aus dem Kreis der Gilden ausgeschlossen worden, als sie das Auftauchen des fremden Sterns fehlgedeutet und nicht gesehen hatten, daß da ein Raumschiff aufgekreuzt war und an einer Raumstation gearbeitet wurde. Sie, die in die Zukunft vorauszusehen vorgaben, hatten außerdem, wie sich herausstellte, die Natur des Universums völlig falsch eingeschätzt. Darum waren sie in Ungnade gefallen.
Vielleicht irrten die Informanten, was die Natur ihres Universums anbelangte, weshalb der Aiji möglicherweise beschlossen hatte, ihnen den Kopf zurechtzurücken. Was in der gegenwärtigen politischen Situation allerdings in der Tat äußerst riskant war, da Direiso ihn zu stürzen vorhatte und Hanks mit kleinen atevischen Flugzeugen in Funkverbindung stand, worüber Mogari-nai mit Sicherheit längst informiert war.
Welche Gilde würde dem Aiji treu zur Seite stehen, wenn es Schwierigkeiten mit der einen gäbe? Welche Gilden waren ihm bislang treu ergeben gewesen? Die der Mathematiker und der Assassinen.
Direiso nutzte den illegalen Funkverkehr für ihre Zwecke. Sie würde den Informanten beistehen, wenn der Aiji gegen sie vorginge.
Die Regierung sah sich hier oben großen Problemen gegenüber. Und Banichi und Jago äußerten sich dazu mit keiner Silbe.
Vielleicht gehorchten sie darin einem Befehl Ilisidis. Womöglich war ihr der gemeinsame Urlaub nur ein willkommener Vorwand, Mogari-nai einen Besuch abzustatten und zu tun, wozu sie die Paidhiin eigentlich nicht gebrauchen konnte.
Jason ganz gewiß nicht.
Verdammt, dachte Bren; es gab Dinge, die er wissen mußte, und er nahm sich vor, nicht lockerzulassen, bis man ihm auf seine Frage geantwortet haben würde.
19
Es war noch ein langer, langer Ritt in zügigem Tempo. Staub zu schlucken schmeckte Nokhada nicht, und so drängte sie immer wieder nach vorn, was Bren zu verhindern suchte, weil er Jason nicht allein lassen
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