Atevi 3 - Erbe
unterhielten. Vermutlich hatten auch sie soeben erfahren, was ihnen bislang unbekannt gewesen war. »Banichi und Jago haben Saigimi getötet«, sagte er. »Auf Tabinis Befehl hin. Und die Aiji-Mutter gab zu, im vergangenen Jahr ihrer Rivalin Direiso Deana Hanks abgejagt zu haben, die diese kurz zuvor gekidnappt hatte. Mitten in diesen Streit sind Sie in Ihrer Landekapsel hineingeplatzt.«
»Parteienhader.« Wo Jason dieses Wort bloß aufgeschnappt hatte?
»Ilisidi hat außerdem gesagt, daß Saigimis Frau Besitz und Titel von Lord Geigi an sich reißen wollte, was sie, die Aiji-Mutter, allerdings zu verhindern wußte. Im Gegenzug hat Geigi ihr dann geholfen, Deana von Lady Direiso loszueisen. Tabini hat sie schließlich gehen lassen. Deana steht aber mit Direiso und deren Anhängerschaft nach wie vor in Kontakt, nämlich über Radio, und sie agitiert gegen Tabini. Es würde mich nicht verwundern, wenn wir demnächst in Mogari-nai haltmachten, nicht nur um das Mißfallen des Aiji an der lückenhaften Informationsversorgung kundzutun, sondern auch um mit Nachdruck dafür zu sorgen, daß dieser illegale Funkverkehr unterbunden wird. Mogari-nai ist eine große Relaisstation. Es müßte eigentlich ein leichtes für sie sein…« – es krachte ein Donnerschlag, worauf Jason mit entsetzter Miene zurückschreckte – »… diesen kleinen Radiosender nachhaltig zu stören.«
»Wird womöglich geschossen werden?« »Auf Mogari-nai? Nein. Da arbeiten Mitglieder der Informantengilde, und die wird sich hüten, offen gegen Tabini anzutreten, hinter dem die Assassinengilde steht. Wie auch immer, es ist besser, Sie gehen jetzt ins Zelt.« Bren sah, daß sich Banichi von Jago getrennt hatte und in die Dunkelheit hinaustrat, vielleicht nur, um Wasser zu lassen. Aber wer weiß? »Ich bin gleich wieder da. Keine Angst vorm Donner. Gefährlich können nur die Blitze werden. Sie schlagen aber immer nur in das ein, was am höchsten hinausragt. Wenn Sie sich geduckt halten, kann Ihnen nichts passieren.«
Das stimmte natürlich so nicht. Gefährdet waren jedoch vor allem die Mecheiti. »Was haben Sie vor?«
»Ein paar Worte wechseln mit unseren Sicherheitskräften. – Gehen Sie ins Zelt, Nadi. Machen Sie sich keine Gedanken.« Böig fegte der Wind auf sie nieder und zerrte an den Zeltwänden. Ein dicker, kalter Regentropfen klatschte ihm ins Gesicht, als er auf das zuäußerst stehende Zelt zuging.
Jago sah ihn kommen und wartete, obwohl es nun heftiger zu regnen anfing.
»Alles in Ordnung?« fragte er besorgt, fürchtend, daß Dinge im Schwange waren, von denen er nichts wußte. »Ja«, antwortete Jago und zog ihn auf ihr Zelt zu. »Gehen wir raus aus dem Regen, Bren-ji.«
Es war das Zelt, das sie sich mit Banichi teilte, für atevische Maßstäbe recht klein; sie konnte nicht aufrecht darin stehen. Die Bodenplane war weich und bestand aus einer sich selbst aufblasenden Isoliermatte. Er konnte nicht die Hand vor Augen sehen, so dunkel war es.
»Ein sehr ergiebiges Gespräch vorhin, nicht wahr?« sagte sie leise.
»Ja, erstaunlich.«
»Sie und Rejiri waren ihr eine willkommene Zuhörerschaft. Bren-ji, Sie fragten nach Deanas Entführung. Ist Ihnen nie der Verdacht gekommen, daß Sie gewissermaßen selbst gekidnappt waren. Danach hätten Sie vielleicht auch einmal fragen sollen.«
Gewiß, auch unter diesem Aspekt hatte er die Geschichte schon betrachtet. Aber: »Das ist nicht so wichtig und hätte uns von dem eigentlichen Punkt abgebracht.«
Im Blitzlicht zeigte sich ihr Schatten auf der dünnen Zeltwand. Plötzlich spürte er etwas Hartes, Metallenes zwischen den Fingern, und seine Hand schloß sich um einen Pistolenknauf. »Das ist Ihre, Bren-ji. Ich habe sie aus dem Gepäck geholt. Stecken Sie das Ding ein.«
Sein Herz schlug so schnell, daß er darauf aufmerksam wurde. »Sind wir in Gefahr?«
»Wissen Sie noch, wie Sie an die Pistole geraten sind?«
»Durch Tabini.«
»Nein. Banichi hat sie Ihnen gegeben.«
Was wohl stimmte. Für ihn sah die eine Waffe wie die andere aus. Vor einiger Zeit hatten er und Tabini ein paar Urlaubstage auf Taiben verbracht, wo sie, die Vertragsregeln mißachtend, auf Melonen geschossen hatten. Damals war er Ilisidi noch nicht begegnet.
Er hatte von Tabini eine Pistole bekommen, obwohl er als Paidhi von Rechts wegen keine Waffen führen durfte. Entsprechend nervös war er mit diesem Gepäckstück nach Shejidan zurückgekehrt. In seiner kleiner Wohnung hatte er nicht gewußt wohin damit, zumal
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