Atevi 3 - Erbe
ihr beide Paidhiin an die Hand gibt. Darum sitzen wir heute nacht hier in Zelten, Bren-ji. Und sind nicht klüger als zuvor.«
»Ich habe sie gebeten, uns ans Meer zu führen.«
»Cenedi hat mir eine andere Version erzählt.«
Bren erinnerte sich. »Ich bat sie, mit uns Lord Geigi zu besuchen.«
»Worauf sie mit dem Vorschlag kam, nach Saduri zu reisen.«
»So ist es.«
»Geigi hatte Sie zu sich nach Hause eingeladen?«
»Ja.«
»Geigis Man’chi liegt bei ihr. Sie hat ihn finanziell gerettet. Dank der Manöver Tabinis hat er ihr seine Schulden zurückzahlen können. Doch daß er seinen guten Ruf behalten hat, verdankt er Ihnen, dem Paidhi, der nach eigenem Bekunden dem Aiji zugetan ist. Geigi stünde somit in einem interessanten Dreiecksverhältnis.«
Einer der größten Fehler, die den Menschen vor dem großen Krieg unterlaufen waren, bestand in dem Versuch, ungeachtet bestehender Assoziationen Verbindungen zu knüpfen, die sie für ›Freundschaften‹ hielten. Damit hatten sie, ohne es zu ahnen, für viel Unruhe innerhalb der atevischen Gesellschaft gesorgt.
»Verflucht«, entfuhr es ihm.
Jago tastete im Dunklen nach seiner Hand. »Das ist nicht unbedingt schlecht so, Bren-ji.«
»Ich habe mich schrecklich töricht angestellt.« »Warum denn? Dadurch, daß Sie den Wunsch geäußert haben, nach Dalaigi zu gehen, was wegen Tabinis Aktion gegen Saigimi unklug gewesen wäre, haben Sie ihr die Entscheidung überlassen. Tabini hat damit gerechnet, daß sie Taiben vorschlägt. Aber sie wollte nach Saduri, und jetzt wissen wir auch, warum: Deana Hanks kommt aufs Festland, worüber die Aiji-Mutter informiert ist.« »Aufs Festland?«
»Wir wissen noch nicht wie, ob übers Wasser oder durch die Luft. Aber wahrscheinlich wird sie irgendwo an der Küste landen.«
»Was hat sie vor, Nadi-ji?«
»Wäre eine solche Frage nicht besser dem Paidhi gestellt? Wir sind erst vergangene Nacht informiert worden. Noch weiß Tabini von nichts, und es ist unklar, wieviel mehr Ilisidi weiß als wir.«
»Deana kann doch nur eins wollen: zusammen mit Direiso gegen Tabini vorgehen. Himmel! Und Ilisidi, wo steht sie?«
»Auf der Seite des Aiji. Hoffentlich.« Bren hatte erst vor kurzem erfahren, daß neue Spieler mit ins Spiel eingestiegen waren. Gefährliche Leute. Er erinnerte sich an die Kontroverse zum Begehren der Piloten, eine eigene Gilde zu gründen. In Opposition zu den Informanten. »Und die Informantengilde? Die Gilden allgemein?«
»Die stehen ebenfalls hinter dem Aiji. Das haben wir auch so klar zum Ausdruck gebracht, als wir in der Marid unseren Auftrag ausführten. Was Hanks vorhat, wissen wir nicht genau, aber soviel steht fest: Direiso hat ihr noch nicht gestanden, daß sie längst nicht mehr so viel Unterstützung findet wie früher. Hanks wird nun als ihre womöglich letzte Trumpfkarte herhalten müssen. Damit wird sie ihren wankelmütigen Mitstreitern klarzumachen versuchen, daß sie immer noch das Spiel diktiert. Mospheira. scheint geschwächt zu sein; den Wettlauf um den Bau der Raumfähre wird die Insel nicht gewinnen. Und wenn Direiso ihre Position dadurch verbessern kann, daß sie die Verhandlungen mit Mospheira anführt, wird sie dies zu tun versuchen. Daß sie die Menschen nicht leiden kann, wird ihr die Sache um so schmackhafter machen.«
»Ihre Abneigung gegen die Atevi hält auch Hanks nicht davon ab, hierher zu kommen und über die Lieferung von Ressourcen zu verhandeln, die Mospheira nicht ohne die Eisenbahnverbindungen und Verladehäfen im Norden beziehen kann. Was dies betrifft, ist Direiso tatsächlich in einer guten Verhandlungsposition.«
»Das deckt sich mit unseren Vermutungen.«
»Der Lord von Dur wird sich doch wohl nicht von ihr einspannen lassen, oder?«
»Der Junge ist vollkommen unschuldig. Und er nimmt Dinge wahr, die so junge Ohren gar nicht hören sollten. Sein Vater, vermute ich, will nur eins, nämlich seine Insel aus Schwierigkeiten heraushalten. Dur ist eine Insel, die früher von Piraterie lebte und wo heute den Touristen das Geld aus der Tasche gezogen wird. Dafür setzt sich der Lord ein. Und der Junge? Er ist halt ein Junge. Hat sich unerlaubt in das Flugzeug gesetzt, ist nachts von Dur weggeflogen, der Eisenbahn-Strecke nach Shejidan gefolgt und auf diesem Kurs Ihrer landenden Maschine in die Quere gekommen.«
Regen prasselte heftig aufs Zeltdach.
Neben dem Einstieg war ein Schatten zu sehen. Bren stockte der Atem.
»Nadiin.« Tropfnaß zwängte sich Banichi ins
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