Atevi 3 - Erbe
Aiji-Mutter. Viele wollen nichts als Frieden. Mit den anderen habe ich selbst meine Schwierigkeiten.«
Die unglückliche Zwei, unausgewogen, positiv und negativ. Das durfte so nicht stehenbleiben, war gewissermaßen als Frage zu verstehen, aufgeworfen von der Aiji-Mutter, dadurch nämlich, daß sie Bren zu dieser Gegenüberstellung gleichsam eingeladen hatte. Das zu durchschauen, darin lag der Unterschied zwischen bloßer Sprachkompetenz und umfassender Sprachbeherrschung; das war die Hürde, die er in seinen Stegreif-Verhandlungen zu überqueren gelernt hatte, was nur wenigen Paidhiin vor ihm wirklich gelungen war.
Ilisidi wußte sich von ihm verstanden. »Die Kadigidi sind nicht mehr bei Trost«, sagte sie und ihre Mundwinkel zuckten wie bei dem Genuß von Saurem. »Ich stimme Ihnen zu.«
»Es fuchst mich immer noch, daß ich diese Frau nicht abgeknallt habe.«
Vielleicht spielte sie auf Direiso an, doch Bren vermutete, das mit ›diese Frau‹ jemand anders gemeint war. »Hanks-Paidhi, Aiji-ma?«
»Hanks.« Jetzt schien sie Galle zu schmecken. »Aber mein Kampfgefährte, dieser Kürbiskopf…«
»Lord Geigi?« fragte Bren nach und hoffte im stillen, daß Jason nicht auf die Idee kam, aus Ilisidis Wortschatz zu schöpfen.
»Es gab eine denkbar günstige Gelegenheit, Hanks-Paidhi zu erschießen«, sagte Cenedi. »Aber Lord Geigi nahm sie in Schutz.«
»Kürbiskopf«, murrte Ilisidi.
»Und was ist dann passiert, Aiji-ma?« fragte Bren, neugierig geworden. »Man hört, daß ein paar kleine Ziergegenstände zu Bruch gegangen sind.«
»Nichts, was von Geschmack gewesen wäre«, antwortete Ilisidi. »Oh, es war Geigi ein leichtes, Zugang zu Direisos Anwesen zu finden. Sie hatte ihm Geld angeboten, um ein Loch zu stopfen, das« – Ilisidi wackelte mit dem Zeigefinger – »aufgrund eines gescheiterten Ölgeschäfts aufgerissen worden war. Und Saigimi hatte in seiner Ungeduld auf sofortige Rückerstattung bestanden. Saigimis Frau ist, wie Sie vielleicht wissen, Geigis Cousine. Und sie war es, die den Schuldschein in ihrem Haus bei Dalaigi aufbewahrte. Sie konnte nicht ahnen, daß es Geigi wagen würde, in seiner Bedrängnis zu mir zu kommen.« Jetzt zupfte ein Schmunzeln an Ilisidis Mundwinkeln. »Ein dummer Fehler. Und natürlich hat sich Direiso mit dieser abscheulichen Menschenfrau eingelassen, die alle um sie herum in Verlegenheit gebracht hat. Aus zuverlässigen Quellen weiß ich, daß es Saigimi war, der sie aus Shejidan entführt und auf Direisos Anwesen gebracht hat, womit sie selbst nicht ganz einverstanden gewesen sein soll.«
Rejiri hockte reglos da, wie versteinert. Es empfahl sich, ihn im Auge zu behalten. Und überhaupt galt höchste Alarmbereitschaft, da nun durch Ilisidis Enthüllungen klar wurde, daß Tabini erschreckend wenig wußte.
Ilisidi verlangte nach einer weiteren Tasse Tee.
»Tja«, fuhr llisidi fort, »und da er sie aus Shejidan herausgeholt hatte, um zu verhindern, daß sie noch mehr Dummheiten von sich gab, dachte er daran, sie in seinem Haus in der Marid unterzubringen, wo sie nur mit seiner Erlaubnis den Mund würde aufmachen können. So wollte er seine Schlappe wegen der Überlicht-Sache kaschieren. Als es Ihnen, Nadi, gelang, das Paradoxon aufzulösen, war schnell klar, daß manche Häuser das Nachsehen haben würden. Nicht aber Geigis. Hanks war inzwischen Gast bei Direiso, die nun Geigis Cousine, Saigimis Frau, zu sich in ihr Haus in den Padi-Bergen rief. Jetzt ging alles ganz schnell. Murini, Direisos designierter Nachfolger, hatte sich mit den Atigeini zusammengetan, und es kostete ihm reichlich Nerven, daß die den Aiji auf so unerhörte Weise provozierten. Aber Tatiseigi sperrte ihn in einer Vorratskammer ein und weigerte sich, ihn anzuhören. Tatiseigi meldete sich dann bei mir und sagte, daß ihm ein Schädling in die Falle gegangen sei, womit er natürlich seinen Gefangenen meinte. Das war, als Saigimi, dieser Narr, die Lilien kaputt schoß.«
Bren spürte das Herz schneller schlagen.
»Das Ziel war eigentlich ich, nicht wahr?« fragte er, als die Aiji-Mutter einen Schluck Tee zu sich nahm.
»Ja, aber Saigimi wollte mit diesem Anschlag auch gezielt den Atigeini schaden, die er als sehr gefährlich ansah. Und wenn es Sie erwischt hätte, wäre die Menschenfrau sehr wertvoll für ihn geworden. Sie planten einen Überfall auf den Landeplatz von nand’ Jason in der Absicht, ihn und seine Kollegin in ihre Gewalt zu bringen. Das hätte sie in eine vortreffliche Position
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