Atevi 3 - Erbe
Beispiel, wollte nicht zimperlich erscheinen und wusch sich und war… ah… sehr erleichtert, als sie geduckt ins Zelt zurückhuschte, wo sie ihm einen Schlafsack als Handtuch zuwarf. Abgetrocknet stiegen sie in ihre Kleider, streckten sich auf den einen geöffneten Schlafsack aus und nutzten den anderen als Decke, worunter sie sich fröstelnd aneinander kuschelten.
»Besser als nachts auf einem Dach herumzuturnen«, sagte sie. »Schlafen Sie gut.«
Er versuchte es, rechnete aber kaum damit, daß es ihm gelingen könnte nach der Erfrischung durch den kalten Regen. Doch schließlich ließ das Zittern nach, und ihre Wärme war so wohlig, ihre Umarmung so vertrauenswürdig, daß er bald wegdriftete.
Nicht Liebe, sagte er sich. Und dachte dann mit einer jener Eingebungen, die er seiner Berufserfahrung verdankte, daß sie vielleicht unverschämt viel Glück hatten im Hinblick auf den Liebes- und Man’chi-Aspekt der Beziehungen, weil jenes Wort auf mosphei’ so viele Dinge miteinander verquickte, daß es sich kaum mehr problemlos gebrauchen ließ.
Sie waren Liebende, was auf ragi Sexualpartner hieß.
Sie waren Liebende, ›miteinander assoziiert‹, wie es auf ragi hieß.
Sie waren Liebende, aber auf ragi hieß es, daß sie demselben Lord in Man’chi zugetan waren.
Sie hatten sich geliebt, aber auf ragi war von Ein-Kerzen- und Zwei-Kerzen-Nächten die Rede, und es gab Beziehungen, in denen keine Kerzen gezählt wurden.
Sie hatten sich geliebt, doch einem ragischen Sprichwort zufolge, war eine Kerze noch kein Versprechen auf ein gemeinsames Frühstück.
Er und Jago würden sich glücklich schätzen können, wenn es zu einem Frühstück käme, das ohne die zu erwartenden Schwierigkeiten bliebe, doch Bren konnte sich, egal was geschähe, sicher wähnen im Schutz von Jago und Banichi. Auch wenn sie in ihren Sprachen bestimmte Dinge anders benannten, auch wenn ihre Körper nicht so recht zusammenpaßten und sie alle vermeintlichen Unvereinbarkeiten auf unterschiedliche Weise zu verwischen trachteten, so mochte doch im wesentlichen Übereinstimmung herrschen.
Gab es nicht in jeder engen Beziehung Ecken und Kanten, die sich einfach nicht aneinander fügen ließen?
Er war nicht mehr imstande, diesen Gedanken weiter zu verfolgen; eins aber war ihm schon jetzt klar: Mit Jago würde er keine Kerzen zählen. Er war zu jedem Arrangement bereit, vorausgesetzt, es kam ihnen beiden zugute.
Mit dem Gefühl, das er jetzt hatte, war er glücklich. Vielleicht würde es schon morgen verloren sein, und die Hoffnung auf ein dauerhaftes Hoch ließ er gar nicht erst zu, hatte er doch schon allzu viele Enttäuschungen erleben müssen.
Wie auch immer, er konnte darauf vertrauen, daß sich Jago selbst zu schützen wußte.
Dieser Gedanke brachte ihm endlich Ruhe. Er lauschte auf ihren Atem. Seine Müdigkeit entschuldigte den kindischen Versuch, im gleichen Rhythmus Luft zu schöpfen wie sie in der Absicht, zumindest dies mit ihr gemein zu haben. Es war zu schaffen, fiel ihm aber nicht natürlich zu.
Bald darauf lief der Versuch von allein aus.
21
»Gut geschlafen?« fragte Banichi in der kalten, regnerischen Dämmerung, als Ilisidis Männer dabeiwaren, die Mecheiti zu satteln.
»Durchaus«, antwortete Jago und warf keck den Kopf zurück. »Wollen Sie Details wissen?«
Bren versuchte sich nichts anmerken zu lassen, fürchtete aber zu Recht, hoffnungslos scheitern zu müssen.
»Ausgesperrt«, schmollte Banichi. »Im Stich gelassen.«
»Geflohen«, korrigierte Jago. »Dazu beigetragen, daß es so gekommen ist.«
»Sie war’s, die gestern abend gesagt hat, daß wir getrennt Wache schieben sollten«, sagte Banichi. »Aber Hilferufe habe ich nicht gehört.«
»Ein bißchen mehr Anstand, wenn ich bitten darf«, sagte Jago, und an Bren gewandt: »Mein Partner ist schamlos, Paidhi-ji.«
Vergnügt ging Banichi seiner Wege, während die Diener die Zelte abbauten. Ilisidi und Cenedi waren bei den Mecheiti; ehe Babisidi nicht seine Reiterin trug, ließ sich keines der anderen Pferde besteigen.
Der Junge von Dur hatte Jason gefunden und kam mit ihm herbei. Jason humpelte. Warum, war nicht schwer zu erraten. Das würde noch ein Nachspiel haben.
»Ich habe zu tun«, sagte Jago und eilte davon.
»Bren?« rief Jason.
»Guten Morgen, Jasi-ji. Tut mir leid, daß vergangene Nacht spontan umdisponiert wurde.«
»Der Regen. Verstehe.« Jason ging nicht näher darauf ein. »Wohin geht’s heute? Nand’ Rejiri meint nach Westen.
Weitere Kostenlose Bücher